Kapitel 5

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Mit einem Klicken schloss der Junge die Tür wieder hinter sich

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Mit einem Klicken schloss der Junge die Tür wieder hinter sich. Überrumpelt und fassungslos blickte das Mädchen, Silvia, mich an, als könnte ich sie aus dieser – eigentlich nicht einmal ausweglosen - Situation befreien. Ich konnte mir ein leicht genervt klingendes „Was ist?" nicht verkneifen.

„Warum muss ich jetzt plötzlich zu eurer Königin?", fragte Silvie. Ich glaubte, einen Funken Panik aus ihrer Stimme heraushören zu können.

Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, komm' einfach mit"

„Jetzt?"

„Ja"

Gemeinsam traten wir hinaus auf den Flur. Zielstrebig ging ich voran, während Silvia hinter mir ziemlich erschlagen vom Schloss wirkte. Staunend betrachtete sie den glatten Marmorboden, die teuren Tapeten und die prunkvollen Fackelhalter an den Wänden.

Neugierig linste sie aus den Fenstern und betrachtete nachdenklich die Hügellandschaft draußen und ich fragte mich unwillkürlich, ob der Ort, wo sie angeblich herkam, so aussah wie Draiocht.

Wir erreichten den Eingang zum Thronsaal. Gerade, als ich die Tür aufstoßen und Silvia hineinschieben wollte, blieb sie wenige Meter hinter mir stehen. „Äh, was... ich meine...muss ich irgendetwas...beachten?", stotterte sie unsicher.

„Wie?", fragte ich verwirrt.

„Naja, ob ich irgendeine Verhaltensetikette befolgen muss oder so, um da keine Probleme zu bekommen", sprudelte es aus ihr heraus.

Extrem geistreich gab ich ein zuerst nur ein: „Hä?", von mich. Bei dem verschreckten Gesicht von Silvia warf ich dann doch noch meinen Denkapparat an und fügte hinzu: „Benehme dich einfach höflich und respektvoll. Und...sag ihr die Wahrheit, also was du mir auch erzählt hast, sie wird nicht gerne angelogen"

Silvia nickte leicht und ich schob sie rasch in den Thronsaal. Leise schloss ich die Tür hinter ihr und drehte mich um. Und jetzt? Sollte ich hier auf Silvia warten? Nein, sie würde schon alleine zurechtkommen. Ich beschloss, im Saal unten nach meiner Mutter zu schauen und dann nach Hause zurückzukehren.

Gedankenverloren lief ich durch den Flur. Aus irgendeinem Grund hatte ich von Anfang an das Gefühl, Silvia irgendwie zu kennen. Vielleicht bleib sie ja noch eine Weile und wir konnten uns ein wenig kennenlernen. Wahrscheinlich aber vermisste sie ihr Zuhause. Es schien ein komischer Ort zu sein, von dem sie kam.

Was mich ziemlich wunderte, war die Tatsachen, dass dieser alte, verstaubte Spiegel ein Portal war. Madame Elvin hatte mir mal erzählt, dass es während dem letzten Krieg die Möglichkeit gab, durch Spiegel in eine andere, angeblich bessere Welt zu gelangen.

Die wenigsten wussten, was das für eine Welt war, doch manche Personen versuchten ihr Glück dort. Einige Eltern schickten ihre Kinder auf die andere Seite, weil sie nicht mehr für sie sorgen konnten und hofften, dass sie auf der anderen Seite ein besseres Leben führen konnten.

Vielleicht ist Silvia ja durch so ein altes Portal auf der anderen Seite hierhergekommen. Aber sollte die Magiegrenze, die dafür sorgte, dass die Magie nur in einem begrenzten Rahmen wirkte, das nicht eigentlich verhindern?

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich das mir entgegenkommende Mädchen erst bemerkte, als es schon zu spät war. Wir bremsten gerade noch rechtzeitig ab, trotzdem fielen ihr einige Bücher herunter. Hastig sammelte sie diese wieder ein. „Entschuldigung, hab' dich nicht gesehen"

„Schon gut", antwortete ich.

Mein Gegenüber – ein blondes Mädchen etwa in meinem Alter - richtete sich wieder auf und legte das letzte Buch auf den wackeligen Bücherstapel in ihrem Arm.

„Was willst du mit so vielen Büchern?", fragte ich scherzhaft.

„Ich will sie in der Bibliothek abgeben"

Das beantwortet meine Frage nur zur Hälfte. Kritisch beäugte ich den schwankenden Stapel. „Brauchst du Hilfe?"

„Ja, vielleicht", lachte das Mädchen.

Ich nahm ihr die Hälfte der Bücher ab und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu der Bibliothek.

„Danke für deine Hilfe. Ich heiße Amelie, und du?", erkundigte sich die Fremde.

„Aurora", antwortete ich.

Nach kurzer Zeit kamen wir in der öffentlichen Bibliothek im Westflügel an. Sie war einer der wenigen Orte im königlichen Schloss, die jeder einfach so betreten durfte. Der Geruch von altem Papier schlug mir entgegen, als ich die Bibliothek betrat. Ich kam nicht oft hierher, lieber war ich draußen unterwegs. Hohe Holzregale voller alter und neuer Bücher erstreckten sich vor meinen Augen. Die Decke bestand aus einer großen Glaskuppel, das hereinstrahlende Sonnenlicht erhellte die gemütlichen Leseecken.

Amelie wies mich an, meinen Stapel Bücher auf einen Tisch abzulegen, während sie ihren Stapel Bücher erst einmal wegbrachte. Ich lasse meinen Blick über die Bücher auf dem Tisch schweifen. Ein Buch mit dem Titel „Magische Reisemethoden" sprang mir ins Auge. Neugierig nahm ich das Buch und schlug es auf. Die verschiedenste Methoden zu reisen waren aufgelistet und ich entdeckte im Inhaltsverzeichnis das Kapitel „Spiegelreisen".

Schnell blätterte ich auf die entsprechenden Seiten.

Durch Spiegeln zu reisen ist eine vergleichsweise sehr schnelle, aber auch komplizierte Art zu reisen. Bei dieser Methode kann man über einen Spiegel in Sekundenschnelle einen belieben Ort erreichen, unabhängig davon, in welcher Entfernung sich dieser befindet. Dafür muss ein Spiegel durch eine Person aktiviert werden, welche die Magie der Spiegel beherrscht. Ein Spiegel kann dabei mit beliebig vielen anderen Spiegeln verbunden werden, sowie auch mit Gegenständen von ausreichender Größe.

„Was machst du da?!"

Amelies erschrockenes Kreischen ließ mich ruckartig vom Buch hochblicken. „Ich...habe hier nur ein wenig herumgeblättert"

Ich hob das Buch hoch und als Amelie den Titel sah, schien sich wieder zu entspannen. „Ach, die Reisemethoden", murmelte sie.

Sie schnappte sich das Buch, legte es rasch auf ihren zweiten Bücherstapel und rauschte damit wieder zum Tresen.

Verwirrt blickte ich ihr hinterher und fragte mich, was ich gemacht habe, dass sie vorhin so ausgeflippt ist. Hatte sie etwas zu verbergen?

Nach kurzer Zeit hatte Amelie alle ihre Bücher weggebracht und wir traten wieder aus der Bibliothek. „Ich muss jetzt los, danke für deine Hilfe", verabschiedete sie sich.

„Gerne, vielleicht sieht man sich ja wieder", antwortete ich lächelnd.

„Ja, vielleicht", meinte Amelia, mit einem Unterton der „ganz sicher sehen wir uns wieder" sagte. Sie winkte mir zum Abschied zu und verschwand dann um die nächste Ecke.

Ich starrte ihr für einen Moment hinterher und drehte dann auf dem Absatz um und steuerte das andere Ende des Flurs an. Ich sollte aufhören, mir irgendwelche Hoffnungen zu machen. Das führte doch wieder zu nichts!




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