Diese Geschichte habe ich im Zuge des Ideenzaubers geschrieben und mich dann doch für einen anderen Beitrag entschieden. Trotzdem finde ich, da mir diese kurze Episode ganz gut gelungen ist und wollte sie euch nicht vorenthalten. Am Ende der Geschichte verrate ich euch dann auch, in welchen Zusammenhang sie einzuordnen ist und wo ich sie weiter verwendet habe. Und nun viel Spaß!
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Marek Dragan kam an diesem Tag im Spätherbst früher von seinem Einsatz an der Baustelle nach Hause. Die Kabeltrommeln und Sicherungen waren ihnen ausgegangen und so stand ihm ein vorgezogener Feierabend bevor. Marek stellte seinen Rucksack mit seiner Vesperdose und der Wasserflasche im Flur ab und betrat die kleine Landhausküche, durch dessen, von geblümten Vorhängen umrahmten Fenstern, die Nachmittagssonne fiel.
Sophia Dragan Aligheri stand summend an der Arbeitsplatte und hatte ihrem Partner den Rücken zugekehrt. Ihr Blick fiel in den großzügigen Garten, aus dem sie am Morgen den üppigen Hokkaido geerntet hatte, der nun unter ihren geschickten Händen zu einem Abendessen verarbeitet wurde. Langsam ging Marek auf seine Frau zu und überlegte dabei, um welches Lied es sich wohl handeln möge, dass die schwarzhaarige Schönheit zum Besten gab.
„Mhm", machte er, als er seine Arme von hinten um sie schlang und seinen Kopf auf ihrer Schulter ablegte. Sie erschrak leicht, da sie ihn um diese Zeit noch nicht erwartet hatte, fing sich aber schnell, als sie den vertrauten Duft, den Marek verströmte, wahrnahm.
„Du bist schon zu Hause, Amore? Wir haben dich nicht so früh erwartet." Mareks Hände fanden sogleich den Bauch von Sophia, der sich bereits nach außen zu wölben begann, fast so, als hätte sie zuviel Babka gegessen.
„Uns ist der Nachschub ausgegangen", erklärte der junge Mann und küsste seine Frau sanft in die Halsbeuge. Sie war so warm und Marek sog verträumt ihren Duft ein. „Was gibt es denn heute feines, Miláček?"
„Kürbispastete", antwortete sie und begann erneut zu summen. „La capa vota, vota, attuorno, attuorno. Attuorno a te, sto core canta sempe nu taluorno, sposammo, oì nè!"
„Jamme, jamme, ′ncoppa, jamme jà. Funiculì, funiculà, funiculì, funiculà", nahm Marek die Melodie auf und steckte seinen Finger in die vorbereitete Pastete. „Ich würde dich jederzeit wieder heiraten, Amore". Der Finger wanderte in seinen Mund. Genussvoll leckte er die süße Paste ab. „Zimt?"
„Keine Angst, es ist nur eine Prise und ich bin erst im fünften Monat. Nessun panico!" Sophia drehte sich zu Marek um und schaute ihn amüsiert an. „Wie war dein Tag? Wieder die Stadt für den Untergang vorbereitet?"
„Lach nicht", warnte Marek und zog die junge Frau vorsichtig an sich. „Noch sieht es da draußen gut aus, aber ich glaube fest daran, dass diese Stadt eine gute Sache ist. Und ich bin gerade auf dem besten Wege, uns da reinzubringen."
„Marek!" Sophias Stimme klang vorwurfsvoll. „Selbst wenn es so wäre", sagte sie und legte ihre zarten Finger auf Mareks breites Gesicht. „Ich werde meine Tochter oder meinen Sohn nicht unter einer Kuppel großziehen. Lieber halte ich hier aus, bis es wieder vorbei ist. Wir sind hier gut vorbereitet."„Darüber reden wir am besten später", meinte Marek, der keinen Streit entfachen wollte. „Wie kann ich dir helfen!" Sophia lächelte und zwinkerte ihrem Mann verführerisch zu. „Du könntest der Köchin endlich einen Kuss geben, für ihre Mühen!" Eine Forderung, der Marek nur zu gerne nachkam und seine Liebste in seinen Armen voller Hingabe festhielt. Sie hatten wirklich Glück, einander zu haben.
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Zwei Monate später stand Sophia erneut am Küchenfenster und beobachtete, wie sich die Stahlkonstruktionen der Hochhäuser auf dem Felsenplateaus der Karpaten immer weiter in den Himmel schraubten und dabei das Dämmerlicht der letzten Sonnenstrahlen glanzvoll widerspiegelten.
Schweigend strich sie mit der Hand über ihren bereits klar erkennbaren Babybauch. Marek trat neugierig an sie heran und folgte ihrem Blick.
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Bobbys Short Stories
Short StoryHier veröffentliche ich alle Kurzgeschichten bis 5k Wörter, die kein eigenes Buch bekommen. Das können Geschichten aus Wettbewerben, Beteiligungen an anderen Projekten oder solche, die einfach aus Spaß am Schreiben entstanden sind, sein. Verschiede...