3 - Unterkühlte Reaktion

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Im Gemeinschaftsraum war bereits viel Betrieb, da sich die meisten aufgrund des kalten Wetters hier aufhielten. Hermine setzte sich nahe an den Kamin und nutzte die Zeit bis zum Mittagessen, um zu Lernen.
Dann ging sie nach unten in die Große Halle und traf dort auf Harry, Ron und Ginny, die gerade vom Quidditch Training kamen und dementsprechend durchgeweicht, ausgehungert und aufgekratzt waren. Sie nahmen ihre Anwesenheit wahr, fragten sie kurz nach dem Nachsitzen, was sie mit einem „Es war nicht so schlimm, wie erwartet" beantwortete, dann vertieften sich die drei wieder in irgendwelche Diskussionen über Quidditch Strategien, die Hermine nicht interessierten. Sie hatte es aufgegeben, sich für Dinge interessieren zu müssen, um ihre Freunde nicht zu enttäuschen: Der Krieg hatte ihr gezeigt, dass sie sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren sollte. Und Quidditch gehörte definitiv nicht dazu.
Und im Moment hatte sie wirklich größere Probleme — Probleme, so groß wie ... nein! Sie stoppte diesen Gedanken sogleich und füllte ihren Teller.

Hermine aß und dabei zitterten ihre Hände leicht, da ihr noch immer kalt war. Warum war das so? Wurde sie krank? Nach einer Nacht im winterlichen Wald wäre es nicht verwunderlich — egal, wie warm Professor Snape gewesen war.
Snape ... ihre Augen wanderten wie von allein zum Lehrertisch und zu der dunklen Gestalt neben Dumbledore. Er aß langsam, bewusst, mit diesen eleganten Händen — sie drehte den Kopf unter größter Anstrengung wieder und sah auf ihren Teller. Dabei konnte sie nicht einmal sagen, ob er auf seinen Teller gesehen hatte oder zu Dumbledore, der sich mit ihm unterhielt.
*
Snape saß beim Mittagessen und ließ das Geschwafel von Dumbledore über sich ergehen. Dieser alte Narr schien zu denken, dass nun, da der Krieg vorbei war, er selbst weiterhin als Gesprächspartner zur Verfügung stand. Nun allerdings für den banalen Unsinn eines alten exzentrischen Mannes.
Was interessierte es ihn, welchen tollen Hut er vor kurzem gekauft hatte oder wie das Buch über experimentelle Wahrsagerei hieß, das er gerade las? Es interessierte ihn nicht!
Sollte er sich doch mit seinem Porträt darüber unterhalten, es hing schließlich noch immer in seinem Büro.
Snape hatte ihn schon öfters dabei erwischt, wie er sich damit unterhielt und es war eine äußerst seltsame Art von Selbstgespräch, wie er befand. Dumbledore amüsierte sich lediglich über den Umstand, dass er eine magische Kopie seiner selbst besaß.

Während er vorgab, zuzuhören, hob er den Blick zwischen seinen Haaren hindurch und sah, dass Granger die Halle betrat.
Sie hatte die Arme um sich geschlungen, so als wäre ihr kalt und setzte sich zu ihren Freunden, die sie nur kurz befragten und sich dann wieder in ihre Diskussion wie auch das Essen stürzten.
Die Besserwisserin füllte ihren Teller und stocherte darin herum, dann drehte sie plötzlich ihren Kopf und sah zu ihm. Sie schien seinen Blick nicht zu bemerken, doch ihre Augen hingen für einen Augenblick an ihm, dann drehte sie erneut den Kopf und aß weiter.

Hatte die Nacht einen bleibenden Eindruck hinterlassen?
Bei Merlin, hoffentlich verknallte sie sich nun nicht in ihn. Teenager neigten doch dazu, solche absonderlichen Gefühlsregungen zu zeigen, oder? Vor allem nach so einer Nacht, in der er ihr so nahe gekommen war wie noch nie zuvor — so nahe war er noch nie einer Schülerin gewesen! Er war sich sicher, dass sie gespürt hatte, dass sein Körper ebenso auf sie reagierte wie sie auf ihn.
Nicht zum ersten Mal in den letzten Stunden überlegte er, ob ein gut platzierter Obliviate das Problem lösen könnte. Doch leider war Granger zu intelligent und die gesamte Situation zu ungewöhnlich, um sie einfach ersatzlos aus ihrem Gedächtnis streichen zu können.
Darüber hinaus schien sie krank zu werden, so wie sie aussah und wie sollte sie das erklären, wenn sie sich nicht mehr an ihren nächtlichen Ausflug erinnerte?
Es war frustrierend und er wollte sie in den nächsten Tagen weiter beobachten und dann entscheiden.

Vielleicht war ein weiteres Gespräch mit ihr notwendig. Oder weitere Stunden Nachsitzen, um mögliche aufkommende und absolut irrwitzige Gefühlsregungen ihm gegenüber im Keim zu ersticken, indem er ihr demonstrierte, wie gemein er sein konnte. Das verschaffte ihm fast wieder etwas bessere Laune und er konnte das Geschwafel von Albus für das restliche Essen etwas besser ertragen.
*
Nach dem Essen huschte Hermine unauffällig davon und betrat den Krankenflügel. Madam Pomfrey sah von ihrem Schreibtisch auf und lächelte sie freundlich an. „Miss Granger. Was kann ich für Sie tun?"
„Ich glaube, ich werde krank", sagte sie nur und ließ sich von der älteren Hexe zu einem Bett führen, auf das sie sich legte. Diese sprach einige Diagnosezauber und runzelte dann die Stirn.
„Meine Zauber zeigen keinerlei Erkrankung, Miss Granger."
„Aber mir ist schon den ganzen Vormittag kalt. Duschen, das Sitzen vor dem Kamin und heißes Essen haben nicht geholfen", erklärte sie mit dünner Stimme und schlang sich fröstelnd die Arme um den Körper.
Madam Pomfrey wob einen weiteren Zauber über sie, dann wurden die Falten auf ihrer Stirn noch tiefer. „Ihre Körpertemperatur ist zu niedrig. Sie haben eine Unterkühlung, Miss Granger."
„Aber ... wie?", fragte sie perplex. Es war nicht sonderlich warm gewesen, doch Snapes Körperwärme und sein Umhang hatten sie vor der winterlichen Kälte bewahrt.
„Legen Sie sich ordentlich hin. Sie bleiben erst einmal hier", bestimmte die Medihexe und Hermine zog Umhang und Schuhe aus und kroch unter die Bettdecke.

Memento Vivere [Eine Sevmione Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt