Die Kunst des Schwertes
Die Nacht war still und dunkel, als Hongjoong in seinem Zimmer saß und in den endlosen Schatten draußen blickte. Schlaf war ihm in dieser Nacht fremd geblieben, seine Gedanken waren zu laut, sein Herz zu unruhig. Die Ereignisse der letzten Wochen hatten ihn geprägt, und nun, wo er sich langsam in seinem neuen Leben zurechtfand, verspürte er einen drängenden Wunsch nach Klarheit und innerer Ruhe. Mit einem entschlossenen Seufzen stand Hongjoong auf und machte sich daran, sich sportliche Kleidung anzuziehen. Ein einfacher, aber eng anliegender Anzug aus dunklem Stoff, der ihm die nötige Bewegungsfreiheit bot. Er band seine Haare zurück, sodass sie ihm nicht ins Gesicht fielen, und machte sich auf den Weg in die Trainingshalle. Die Gänge des Schlosses waren um diese späte Stunde menschenleer, nur das leise Knistern der Fackeln an den Wänden begleitete seine Schritte. Als er die schwere Holztür zur Trainingshalle öffnete, umfing ihn die vertraute Kühle des großen Raumes. Die Halle war weitläufig, ausgelegt mit matten Bodenbelägen und gesäumt von Waffen aller Art, die an den Wänden hingen oder in speziellen Ständern bereitstanden. Hongjoong nahm sich einen Moment Zeit, um den Raum in sich aufzunehmen. Es war beruhigend, hier zu sein, umgeben von Werkzeugen der Disziplin und des Könnens. Er begann mit einem leichten Aufwärmen, bewegte seinen Körper durch vertraute Übungen, die ihm halfen, seine Gedanken zu klären und seinen Geist zu fokussieren. Nachdem sein Atem ruhig und gleichmäßig geworden war, trat er an die Wand, an der die verschiedenen Waffen aufgereiht waren. Sein Blick glitt über die unterschiedlichen Formen und Größen – Lanzen, Bögen, Äxte und Speere – bevor er sich entschied, eine nach der anderen auszuprobieren. Er begann mit den leichteren Waffen, den Dolchen und Wurfmessern. Geschickt ließ er die Klingen durch die Luft wirbeln, testete ihre Balance und Präzision. Dann wechselte er zu den schwereren Waffen, hielt kurz einen Speer in den Händen, bevor er ihn mit einem kontrollierten Schwung durch die Luft schleuderte. Der Speer traf zielsicher die markierte Zielscheibe am anderen Ende des Raumes. Es war eine seltsame Art der Meditation für Hongjoong – das Gefühl, die Kontrolle über diese tödlichen Werkzeuge zu haben, gab ihm eine innere Ruhe, die er nur selten fand. Schließlich wanderte sein Blick zu den Schwertern, die in einem speziellen Ständer ruhten. Er näherte sich ihnen langsam, beinahe ehrfürchtig, und hob schließlich eines der Schwerter an. Das Gewicht war vertraut, die Balance perfekt. Hongjoong umfasste den Griff mit beiden Händen und ließ die Klinge durch die Luft schneiden, als ob er mit einem unsichtbaren Gegner kämpfen würde. Die Bewegungen kamen ihm natürlich, fast instinktiv vor. Er führte Angriffe aus, drehte sich, parierte, wehrte ab –alles mit einer Präzision und Geschmeidigkeit, die das viele Training widerspiegelte, das er in den Jahren zuvor durchlaufen hatte. Die Zeit verging, ohne dass er es merkte. Hongjoong verlor sich in den Bewegungen, in der Konzentration, die jeder Schlag und jede Verteidigung von ihm verlangten. Sein Körper arbeitete unermüdlich, Schweiß perlte auf seiner Stirn, doch die Müdigkeit spürte er nicht. Es war, als ob die Klinge in seiner Hand eine Verlängerung seines eigenen Selbst war, und er genoss die Macht und Kontrolle, die er in diesem Moment ausübte. Als die ersten Lichtstrahlen des Morgens durch die Fenster der Halle fielen, hörte Hongjoong plötzlich Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sah König Chanyeol, der mit einem Lächeln auf den Lippen auf ihn zukam. Der König trug ebenfalls Trainingskleidung und hielt ein eigenes Schwert in der Hand. „Du bist früh auf den Beinen, Hongjoong," sagte Chanyeol und musterte den jüngeren Mann, der sich, abgesehen von den Schweißperlen auf seiner Stirn, ruhig und gesammelt vor ihm hielt. „Oder vielleicht eher spät," antwortete Hongjoong mit einem schüchternen Lächeln und strich sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich konnte nicht schlafen und dachte, das Training würde mir helfen, den Kopf frei zu bekommen." Chanyeol nickte anerkennend. „Manchmal ist das Schwert die beste Medizin für einen unruhigen Geist. Was hältst du von einem kleinen Duell, um den Morgen zu beginnen?" Hongjoong nickte, und sie nahmen Aufstellung. Chanyeol war ein erfahrener Kämpfer, das wusste Hongjoong. Der König hatte viele Schlachten geschlagen und war bekannt für seine Stärke und seine strategische Denkweise. Dennoch spürte Hongjoong keine Angst, sondern vielmehr eine prickelnde Vorfreude. Das Duell begann mit einem kontrollierten Angriff Chanyeol's, den Hongjoong geschickt parierte. Die Klingen trafen mit einem metallischen Klang aufeinander, Funken sprühten, als sie wieder und wieder aufeinanderprallten. Hongjoong war völlig in seinen Bewegungen versunken, blockte, wich aus und schlug zurück, immer mit einer Präzision, die Chanyeol überraschte. Je länger der Kampf andauerte, desto intensiver wurde er. Chanyeol setzte all seine Erfahrung ein, doch Hongjoong hielt stand. Seine Bewegungen waren schnell und präzise, und es dauerte nicht lange, bis Chanyeol merkte, dass er es mit einem wahren Meisterschüler zu tun hatte. Schließlich, nach einem besonders heftigen Schlagabtausch, gelang es Hongjoong, mit einer geschickten Bewegung Chanyeol's Schwert aus dessen Hand zu schlagen. Die Waffe fiel mit einem lauten Geräusch zu Boden, und für einen Moment herrschte Stille in der Halle. Hongjoong, schwer atmend, aber mit leuchtenden Augen, trat zurück und senkte sein Schwert. Er konnte es kaum glauben –er hatte es tatsächlich geschafft, den König zu entwaffnen. Chanyeol sah zuerst überrascht aus, doch dann brach er in ein breites Lächeln aus. „Gut gemacht, Hongjoong," sagte er und hob sein Schwert vom Boden auf. „Du bist wirklich außergewöhnlich. Ich glaube, wir haben hier einen wahren Schwertmeister unter uns." Hongjoong wurde rot und senkte bescheiden den Kopf. „Danke, Majestät. Es war mir eine Ehre, gegen Euch zu kämpfen." Chanyeol legte ihm die Hand auf die Schulter. „Es war mir eine größere Ehre, mit dir zu kämpfen. Du hast ein großes Talent, und ich bin gespannt, wie weit du es bringen wirst." Mit einem warmen Lächeln reichte Hongjoong dem König das Schwert zurück, und zusammen verließen sie die Trainingshalle, um sich dem wohlverdienten Frühstück anzuschließen. Hongjoong's Herz schlug noch immer schnell, nicht nur von der Anstrengung des Kampfes, sondern auch von der Freude darüber, dass er sich in den Augen des Königs bewiesen hatte. Dieser Morgen würde ihm noch lange in Erinnerung bleiben, und als sie schließlich den Speisesaal betraten, war Hongjoong stolz darauf, ein Teil dieser Familie zu sein.

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Blue Blood (pausiert)
FanfictionIn einem fernen Königreich, verborgen hinter dichten Wäldern und majestätischen Bergen, herrschte der weise und angesehene König Park Chanyeol. Seine Regentschaft war geprägt von Frieden und Wohlstand, doch ein Anliegen lag ihm schwer auf dem He...