Bis du dich wieder kennst

Rätsel

Zur selben Zeit ist Bill auf dem Weg zu Livia. Sie hatte ihn gebeten, ihr beim Lernen der Choreografie zu helfen. Dennauch, wenn aktuell eine Show läuft, werden im Training zusätzlich zu den aktuellenChoreografien teilweise Schritte geprobt, die bei der nächsten Show gebrauchtwerden. Beide treffen sich vor dem Stadttheater. Da heute ein freier Tag ist, sind sämtliche Räume frei und das wollen die zwei Tänzer ausnutzen. Als Bill zum Theater kommt, steht Livia bereits da. Neben ihr steht noch eine junge Dame. Mit einem schnellen, dennoch interessierten Blick mustert der glatzköpfige Tänzer diese unbekannte Frau. Ihre sanft sonnengebräunte Haut passt gut zu ihren langen, welligen hellbraunen Haaren. Als er näherkommt, erkennt er ihre freundlichen, grünen Augen und nickt ihr grüßend zu.
„Hallo Bill!", sagt Livia erfreut.
„Hallo meine Gute.", erwidert Bill.
„Vielen lieben Dank, dass du deinen freien Tag für mich opferst."
„Keine Ursache. Für dich und.....?"
Livia erschrak: „Oh, verzeih mir. Ich habe euch noch gar nicht vorgestellt. Das ist Emily, die Schwester von Katharina."
„Ah, freut mich dich kennenzulernen.", lächelt er seiner neuen Bekanntschaft zu.
„Danke, ich freu mich auch."
„Emily möchte sich hier bewerben und es könnte ja vorteilhaft sein, wenn sie beim Casting schon Tanzschritte kann, die wir hier gerade proben.", erklärt Livia.
„Clevere Idee.", raunt der sportliche Tänzer. Etwas verlegen grinst ihn die junge Brünette an, aber man sieht ihr auch an, dass sie ehrgeizig ist und bestmöglich für das Casting gewappnet sein möchte. Bill öffnet den Damen die Tür und sie gehen hinein zur Halle.

Gut 2 Stunden lang üben die drei jungen Erwachsenen dieTanzschritte. Bill zeigt seinen Kolleginnen jede Bewegung ganz langsam, sodass beideFrauen sie gut nachvollziehen und nachahmen können. Zwischendrin gibt es immerwieder Momente des Gelächters, wenn einer der drei sich fast die Beine zuverknoten scheint oder wenn jemandem ein lustiger Name für einen Schritteinfällt. Mit einem witzigen Namen fällt das Merken von Schritten oft leichter.Gemeinsam haben sie so viel Spaß, dass die Zeit wie im Fluge vergeht.Erschöpft, aber auch glücklich und zufrieden über den gemeinsamen Erfolg,setzen sie sich schließlich im Kreis auf den Boden und verschnaufen.
„Danke, dass du uns geholfen hast, Bill. Das ist wirklich lieb von dir.",bedankt sich Livia.
„Kein Problem, das mach ich gern.", erwidert er schmunzelnd.
„Und das auch noch an deinem freien Tag."
„Ach naja, ich habe ja noch etliche Stunden vom Tag übrig. Die kann ich immernoch so verbringen wie ich will.", sagt Bill, als ihm auffällt, dass Emily seiteiner Weile verträumt auf ihr Handy schaut. Wirklich etwas zu machen scheintsie aber nicht. Sie scrollt nicht, hört nichts an, tippt nichts. Etwasneugierig reckt Bill seinen Kopf leicht nach oben, um einen kleinen Blick aufihren Bildschirm zu erhaschen. Er sieht, dass die junge Frau die ganze Zeit aufein Foto schaut.
„Magst du ihn?", fragt er und sieht ihre funkelnden Augen.
„Ja. Sehr.", antwortet Emily leise und verlegen.
„Weiß er es?"
„Nein."
„Warum nicht?"
„Ich trau mich nicht."
„Vielleicht mag er dich ja auch."
„Meinst du?", fragt Emily und sieht Bill voller Zweifel an.
„Du kannst es nur herausfinden, wenn du ihn ansprichst."
Mit einem fragenden Blick sieht Emily zu Livia, die nickt nur.
„Hm. Meint ihr wirklich?", schnauft die junge Tänzerin.
„Bill hat schon Recht. Ansprechen wäre ehrlich. Fragen kostet nichts."
Emily sitzt nachdenklich in der Runde und hadert mit sich, ob sie den Jungen,den sie liebt, wirklich ansprechen soll.
„Überleg es dir.", ermutigt Bill die Brünette und steht auf, um seineTrinkflasche aus seiner Tasche zu holen. Für ein paar Augenblicke herrschtStille, dann stehen auch Livia und Emily wieder auf und nehmen sich ihreSporttaschen. Charmant hält der Älteste ihnen die Tür auf und gemütlichen Schrittesverlassen sie das Gebäude wieder. Alle drei verabschieden sich voneinander,umarmen sich herzlich und dann gehen Livia und Bill in verschiedene Richtungen,während Emily noch vor dem Eingang stehen bleibt. Nachdenklich steht sie da undsieht unentwegt auf ihr Handy. Schließlich nimmt sie einen tiefen Atemzug,tippt ein paar Mal auf den Bildschirm und legt ihr Handy ans Ohr. Sie hört einFreizeichen. Einmal, zweimal, dreimal, viermal, dann meldet sich eine männlicheStimme am anderen Ende der Leitung.
„Hallo?"
„Hey, Emily hier."
„Oh, hi! Wie geht's dir?"
„Ganz gut, danke. Und dir?"
„Mir auch danke. Was gibt's denn?"
Emily spürt ihr Herz heftig pochen. Sie nimmt all ihren Mut zusammen, denkt andie Ermutigung von Bill und Livia und spricht weiter.
„Du, sag mal.... Können wir uns mal treffen? Ich würde dir gern was sagen."