5. Kapitel

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Unruhe fegte durch meinen Körper, seit Stunden saß ich am Küchentisch über einem Schreibblock und ein paar Technikbüchern, die ich in den verstaubten Regalen entdeckt hatte.

Ich starrte auf meine Notizen, ohne etwas zu sehen, meine Gedanken schweiften ab.

Zu meinen Eltern.

Es hatte sie nicht einmal interessiert, als ich das Haus verließ, die Erinnerung, an ihre teilnahmsloses Gesichter ließ die Trauer erneut in mir aufsteigen.

Ich zuckte erschrocken zusammen, als Melissa neben mir zwei dicke Bücher auf den Tisch wuchtete und dabei einen unangenehm lauten Knall verursachte.
Ich warf ihr einen kritischen Blick zu und griff dann nach den Büchern, die sie angeschleppt hatte.

Als ich eines davon aufschlug und die Seiten überflog, sah ich aus dem Augenwinkel, dass Melissa sich nicht bewegt hatte.

Sie stand einfach da und betrachetete mich mit schief gelegtem Kopf.

Ich ignorierte sie.

Ich musste einen Weg finden, meine Eltern zu retten, koste es, was es wolle.

Nach einer Weile nahm ich Melissas Stimme wahr und blickte widerstrebend von meinem Buch auf.

"Lia, seit Tagen sitzt du hier und durchsuchst alte Bücher, von denen du weißt, dass sie dir kein Stück weiterhelfen werden. Du hälst dich krampfhaft an dem Gedanken fest, dass wir deine Eltern retten könnten."

Mit einem Knall schlug ich das Buch zu und stand ruckartig auf.

Wut schoss mir durch die Adern.

"Und? Was ist denn falsch daran?! Du hast deinen Bruder ja noch..", ich hatte die Stimme erhoben, doch brach ab, als mir bewusst wurde, dass Melissa es auch nicht leicht gehabt hatte, mit einer Mutter, die sie verließ.

"Tut mir leid, aber ich kann nicht glauben dass sich die Menschheit damit wirklich ihr eigenes Grab geschaufelt hat.",  sagte ich nun ruhiger und die Wut wandelte sich zu
Traurigkeit.

War es wirklich so? Waren wir die letzten?

"Lia.."
"Es wird wahrschdinlich genauso sein.", sagte Lukas, der gerade leise den Raum betreten hatte.

Seine dunklen Augen fast schwarz vor Traurigkeit.

Nein.

Alles begann sich um mich herum zu drehen.

Diese Situation war wie ein schlechter Film, wo sie einen auf die Folter spannen, aber am Ende wünscht man sich, man hätte den Film nie gesehen.

Tausend Gedanken wirbelten durch meinen Kopf.

Ich träume nur, ich träume das alles nur., sagte ich mir immer wieder.

Jedoch wusste ich genau, dass ich hellwach war.

Das hier, war Realität. Die kalte, aussichtslose Realität.

~

Beim Abendessen, oder eher den kläglich Überresten, die wir in Timmys Küche auftreiben konnten, führten wir ein, für meinen Geschmack,
Viel zu ernstes Gespräch.

"Mal ganz theoretisch gesehen, was würde passieren, wenn ein Großteil der Menschheit von diesem virtuellen Virus befallen wäre?", fragte Lukas in die Runde.

Diese Frage hatte ich mir in den vergangenen Wochen oft gestellt.

Schließlich war es Tim, der antwortete.

"Ich nehme mal an, Essen würde zur Neige gehen und wenn es so ist wie du sagst Lukas, dann würden die Menschen irgendwann sogar aufhören, sich um sich selbst zu kümmern."

Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, schloss die Augen und atmete tief ein und aus.

Das war wie ein harter Schlag ins Gesicht.

Meine Eltern würden verhungern.

Und ich kann nichts daran ändern.

Gar nichts.

Ein Leben zwischen Ende und AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt