November 2010

52 7 17
                                    


„Warte." Josias zupfte mein Oberteil zurecht und fuhr mir durchs Haar. „Jetzt siehst du präsentabel aus."

Tatsächlich hatte ich mir heute mit meinem Äußeren Mühe gegeben und extra frisch gewaschene Jeans angezogen, ein gebügeltes T-Shirt und mir mit Haarwachs einen Out-of-Bed-Style verpasst, strikt nach Anleitung aus dem Internet. Das alles, damit Zara mich bestenfalls mit in ihr Schlafzimmer nahm.

„Erinnere dich daran, ihr Komplimente zu machen." Er wandte sich von mir ab und drückte auf die Klingel. „Unabhängig davon, ob sie sie verdient."

„Mhm." Zuhören, Fragen stellen, Komplimente machen, auf Einverständnis achten – das konnte ich mir merken. „Geht klar."

Und damit beendete Zara unser Gespräch, indem sie die Tür öffnete. Von drinnen ertönte Musik, und sie stand da, in einem engen, roten Tenniskleid mit weißem Rand an den Armen und Wangen, die langsam rosa wurden. Vielleicht, weil ich sie anstarrte – selbst im Sommer hatte sie noch nie etwas getragen, dass sich überall komplett an ihren Körper angeschmiegt hatte, vor allem nicht obenherum, und sie war hübsch. Ihre Brüste waren hübsch. Klein und rund.

„Ich mag dein Kleid", meinte ich und ruckelte mit meinen Augen hoch in ihr Gesicht, als Josias mich leicht gegen die Wade trat. „Ziemlich sogar."

Ob sie mich ihre Brüste heute anfassen lassen würde?

„Danke." Sie strich sich mehrmals ihr Haar zurück, bevor sie hektisch beiseitetrat und zum Hausflur hinter sich deutete. „Wollt ihr was Trinken? Ich habe Bier gekauft."

Ich linste zu Josias, der knapp nickte, mir allerdings einen warnenden Blick zuwarf, was nichts anderes hieß, als dass ein Bier okay war und er mich für jedes weitere für eine Nacht aus unserem Bett verbannen würde.

Nachher musste ich ihn unbedingt für mindestens eine halbe Stunde loswerden, damit Efraim und ich uns das richtige Zeug hinter die Rübe kippen konnten. Aber dafür müsste ich meinen besten Freund erstmal finden – und vorher sollte ich besser Zeit mit Zara verbringen, bevor der Alkohol dafür sorgte, dass ich meine vier Regeln für heute Abend vergaß.

„Mhm", machte ich und lief ihr hinterher. Sie bugsierte uns einen arg breiten Flur entlang, der an ein Spiegelkabinett aus dem Jahrmarkt erinnerte und links in einer geschlossenen Tür endete, hinter der eine Klospülung zu hören war, und nach vorne hin in ein weitläufiges Wohnzimmer mit offener Küche. Das Ziel war schließlich ein gigantischer Kühlschrank, aus dem sie zwei dunkle Flaschen herausholte, ihre Deckel an der Kopfkante eines länglichen Esstisches nebst der eigentlichen Küche abschlug und sie Josias und mir reichte.

Irgendwie hatte mich die Aktion gerade beeindruckt. Sie war wie ein menschlicher Flaschenöffner.

„Das war cool", sagte ich und nippte an meinem Bier. Mir schmeckte es, während Josias kaum wahrnehmbar die Nase rümpfte. Der war aber auch ein Weichei.

„Ah ja." Zara kicherte. „Ich habe einen älteren Bruder, da lernt man solche Dinge."

Ich hatte ebenfalls einen älteren Bruder, aber der brachte mir nur bei, wie man sich normal verhielt. Mehr oder weniger.

„Aha", machte ich, während ich überlegte, ob jetzt ein weiteres Kompliment oder eine Frage dran wäre. Mit Efraim war Reden ein Selbstläufer, da funktionierte es, ohne dass ich nachdenken musste. Aber ich hatte auch noch nie probiert, Efraim an die Wäsche zu gehen, weil er Homosexuelle nämlich immer noch scheiße fand – und ich sollte nicht an ihn denken, ich sollte mich auf Zara konzentrieren. Auf meine Auswahlmöglichkeit, bei der ich stark zu Fragen tendierte, weil auf Komplimente meist nur zweisilbige Antworten folgten, und dann wäre das Gespräch ja schon wieder vorbei. „Was ist dein Lieblingscartoon?"

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 16 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Fucking VanillaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt