Beim Abendessen herrschte aufgeregte Heiterkeit an den Tischen. Die Schüler tauschten sich über ihre Ferienerlebnisse und die Weihnachtsgeschenke aus. Der Heimaturlaub schien die angespannte Stimmung der Vorweihnachtszeit hinfortgespült zu haben. Eleanor und Cara erzählten Anne begeistert von ihren neuen Kleidern und dem Schmuck, den sie bekommen hatten, die Jungen am Slytherin-Tisch wetteiferten, wer den tollsten Rennbesen bekommen hatte - niemand kam jedoch an Regulus Nimbus 1500 heran - und Seraphina zog gewohnt gehässig über Anne her, die im Haus der Muggeleltern wohl nicht willkommen genug wäre, um dort die Ferien zu verbringen. Anne ertrug es mit Gelassenheit.
Gestern hatte sie mit Professor Dumbledore nochmals den kleinen Gabriel besucht. Diesmal hatte der Professor sie kaum mehr aus den Augen gelassen und sie hatte auch nicht mehr mit ansehen müssen, wie der Junge zur Nahrungsaufnahme gezwungen wurde. Stattdessen hatte Gabriel ihr all seine vielen Bilder gezeigt und sie hatte ihn in die Arme genommen und ihm vorgesungen. Dann hatte sie ihm nervös einen hereingeschmuggelten Schokofrosch angeboten. Er hatte zum Glück nicht geschrien. Die hüpfende Schokolade hatte ihm gefallen aber essen wollte er sie natürlich nicht. Er hatte ihr jedoch etwas neidisch zugesehen, als sie die Schokolade am Ende selbst verspeiste.
Nach dem Abendessen machte sich Anne mit ihren Mitschülern auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, als einer der Erstklässler ihr nachgelaufen kam und ihr ausrichtete, dass sie am Lehrertisch erwartet wurde. Beunruhigt kehrte sie um.
Professor Hawthorpe war die erste, die sie dort antraf. Sie wirkte bei Annes Nachfrage überrascht, aber schon im nächsten Moment trat Dumbledore zu ihnen und sagte: „Ich habe dich rufen lassen. Komm mit."
Ohne ein weiteres Wort ging er schnellen Schrittes vor ihr zur Tür hinaus, die in den Schlossgarten führte. Seine kurz angebundenen Worte ließen sie nichts Gutes ahnen aber zunächst ging er nur wortlos einfach weiter in den Garten hinein und sie stolperte eilig hinter ihm her durch die Kälte, ohne zu wissen, was sie erwartete.
Schließlich blieb er stehen und sah sie an. „Das St. Mungo Hospital hat mich heute Nachmittag benachrichtigt. Kannst du dir denken worüber?" Er wirkte aufgewühlt und langsam ängstigte sein merkwürdiges Verhalten sie.
„Nein Professor", antwortete sie wahrheitsgemäß.
„Der kleine Junge hat heute um einen Schokofrosch gebeten, so einen, wie ihn das Mädchen dabei hatte, das ihn gestern besucht hat."
Anne erschrak. Hatte sie mit ihrer gut gemeinten Initiative etwas falsch gemacht?
„Hast du ihm gestern Schokolade mitgebracht?"
Schuldbewusst sah sie ihn an. „Ja, ich dachte ..."
„Wie konntest du dir das anmaßen? Du hast wieder nicht über die Konsequenzen deines Handelns nachgedacht! Was wenn er ihn gegessen hätte?"
„Er hat ihn aber nicht gegessen."
„Heute schon."
Ungläubig starrte sie ihn an. „Wie bitte?"
„Er hat heute Schokolade gegessen."
„Und ... Ist das nicht gut?"
Sie erntete einen grimmigen Blick. „Tatsächlich ist sie ihm anscheinend gut bekommen", musste er zugeben. „Aber das konntest du vorher nicht wissen!"
Anne hatte das Gefühl, ihn verärgert zu haben, wenngleich sie nicht wusste womit. Es war doch alles gut gegangen!
Sie wartete, aber er sprach nicht weiter, sondern blickte schweigend in die Ferne.
„Sind Sie mir jetzt böse, Professor?", fragte sie schließlich frei heraus.
Er ließ sich mit seiner Antwort viel Zeit. Schließlich schüttelte er den Kopf und sie konnte aufatmen.
„Ich denke, ich habe dich maßlos unterschätzt, Anne Eastwood", überlegte er vor sich hin. „Ich bin mir nur noch nicht im Klaren, was das für die Zukunft bedeutet." Dann setzte er sich in Bewegung und sie traten den Rückweg an.
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Zauberwelt - Anne Eastwood - Teil 1 (Rumtreiber FF)
FanfictionSie wies auf die Tür, die nach draußen führte und sagte zu ihm: „Weißt du, das einzige, das schlimmer wäre, als da rauszugehen und zu sterben, ist zu Hause zu bleiben und nicht zu leben!" --- Die hochbegabte, muggelstämmige Grafentochter Anne Eastwo...