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Nachdem Draco gegangen war, blieb ich noch eine Weile sitzen und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Der Regen prasselte immer noch gegen die Scheibe, und ein kühler Wind blies durch den schmalen Spalt, den ich vorher übersehen hatte. Es war, als ob die Natur selbst meine Unruhe widerspiegeln wollte – das Misstrauen gegenüber dem anstehenden Abend, die Abneigung, wieder das hübsche, schweigsame Schmuckstück an der Seite meines Vaters zu sein.

Ich stand auf, schloss das Fenster ganz und machte mich widerwillig daran, mein Outfit auszuwählen. Der Kleiderschrank öffnete sich magisch, und vor mir hingen die feinsten Stoffe: seidene Kleider in gedeckten Farben, kostbare Umhänge, die mehr Schmuckstücke als Kleidung waren, und Schuhe, die so teuer waren, dass allein ihr Anblick einem die Luft raubte. Doch in all diesen luxuriösen Kleidungsstücken fühlte ich mich immer wie eine Figur, die mein Vater nach Belieben formte.

Widerstrebend zog ich ein schwarzes, schlichtes, aber doch elegantes Kleid heraus, das auf meine Schultern und Taille maßgeschneidert war und mich sowohl schön als auch unscheinbar wirken ließ. Genau das, was mein Vater von mir erwartete. Ich hielt es vor mich und betrachtete mich im Spiegel. Das lange Haar fiel mir in sanften Wellen über die Schultern und bildete einen starken Kontrast zu der Blässe meiner Haut. Ich überlegte, ob ich es hochstecken sollte, entschied mich dann jedoch, es offen zu lassen – ein winziger Akt der Rebellion.

Ich hörte Schritte vor meiner Tür und erkannte die sanften, aber bestimmten Klopfer als die meiner Mutter. Sie trat ein und musterte mich mit einem Ausdruck, den ich kaum deuten konnte – irgendwo zwischen Stolz und Melancholie.

„Du siehst wunderschön aus, meine Kleine," sagte sie leise und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Danke, Mutter," antwortete ich, bemüht, meinen Unmut zu verbergen. Sie war sich der ständigen Spannungen zwischen mir und meinem Vater bewusst, aber sie war stets neutral geblieben – ein stilles, elegantes Wesen, das kaum in die offenen Konflikte eingriff. Doch in ihren Augen lag immer ein Hauch von Mitleid, wenn sie mich ansah, als würde sie genau wissen, was ich empfand.

„Ich weiß, dass das für dich oft schwer ist, aber..." Ihre Stimme brach kurz ab, und sie sah mich eindringlich an. „Denk daran, wer du bist. Deine Familie ist stolz auf dich."

Ich nickte, obwohl mir klar war, dass dies nur die halbe Wahrheit war. Mit einem letzten, sanften Lächeln verließ sie mein Zimmer, und ich blieb allein zurück. Der Regen hatte aufgehört, und die Wolken begannen sich zu lichten, als ein schwaches Abendlicht mein Zimmer erhellte.

Pünktlich um 18 Uhr hörte ich erneut ein Klopfen, diesmal das von Draco. Er trat ein und musterte mich mit einem anerkennenden Blick. „Na siehst du, du kannst ja doch wie eine echte Malfoy aussehen."

„Sehr witzig," murmelte ich, doch ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. In solchen Momenten war er der Bruder, den ich mir immer gewünscht hatte – schützend, neckend und dennoch ehrlich.

Wir gingen gemeinsam die Treppe hinunter zum großen Foyer, wo unser Vater schon ungeduldig auf uns wartete. Sein scharfer Blick glitt über uns, und obwohl er nicht ein Wort der Anerkennung äußerte, wusste ich, dass er mit unserer Erscheinung zufrieden war. Er nickte knapp, und ich erkannte, dass das so nah an einem Lob war, wie ich es von ihm je erwarten konnte.

Die Kutschfahrt ins Herz der magischen Gesellschaft Londons verlief in angespannter Stille. Draco saß mir gegenüber und versuchte hin und wieder, mich mit einem verschwörerischen Blick aufzumuntern. Mein Vater dagegen sah starr aus dem Fenster, scheinbar versunken in seine Gedanken.

Als wir schließlich ankamen, erwartete uns ein prächtiger Saal voller Zauberer und Hexen in feinster Robe. Leise Klaviermusik erfüllte den Raum, und ich fühlte mich wie ein Stück Glas inmitten von Diamanten – wunderschön, doch empfindlich und leicht zu zerbrechen.

„Haltet euch anständig und repräsentiert unsere Familie mit Würde," zischte mein Vater uns zu, bevor er sich selbstbewusst unter die Gäste mischte.

Draco beugte sich zu mir hinüber und flüsterte: „Bleib einfach an meiner Seite, dann wird es schon halb so schlimm." Sein Blick war ruhig und beschützend, und ich war dankbar für seine Anwesenheit.

Wir verbrachten den Abend damit, Höflichkeitsfloskeln auszutauschen, Hände zu schütteln und kaum zu lächeln, wie es sich für wahre Malfoys gehörte. Doch immer wieder spürte ich die Blicke meines Vaters auf mir, prüfend und kritisch. Jeder Schritt, jede Geste musste perfekt sein, und ich fühlte mich, als würde ich auf einem unsichtbaren Draht balancieren.

Nach einer Weile zog Draco mich beiseite und drückte mir ein Glas mit einem sanften Lächeln in die Hand. „Hier, das wirst du brauchen," sagte er, und ich konnte nicht anders, als leise zu lachen.

Plötzlich hörte ich meinen Namen. „Miss Malfoy, wie schön, dass Sie auch endlich bei einer dieser Veranstaltungen sind," ertönte eine kühle Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht eines älteren Zauberers mit stechend grauen Augen und einem verschmitzten Grinsen. Sein Blick wanderte prüfend über mich, und ich spürte, wie mein Gesicht unweigerlich erhitzte.

„Es ist mir eine Ehre," erwiderte ich höflich, auch wenn ich mich unwohl fühlte. Draco stand dicht neben mir, als wüsste er, dass ich jede Unterstützung brauchen würde. Der Zauberer stellte sich als ein enger Freund meines Vaters heraus und begann, eine Unterhaltung über die Familie und die Ehre, ein Malfoy zu sein, die er unentwegt betonte. Es wurde mir mehr und mehr klar, dass mein Vater mich als weiteren Spielstein in seinem Spiel betrachtete – ein hübsches Gesicht, das seine Macht und seinen Einfluss vergrößern sollte.

Gegen Ende des Abends, als die Gespräche gedämpfter wurden und die Gäste allmählich das Weinglas mehr als die Etikette schätzten, lehnte ich mich erschöpft gegen die Wand. Draco trat zu mir und flüsterte: „Noch ein wenig durchhalten. Vater scheint zufrieden."

Ich nickte, spürte jedoch eine aufsteigende Wut in mir. Warum war ich immer nur das hübsche Beiwerk, die stumme Begleiterin, das Prestigeobjekt der Familie? Aber ich wusste, dass Auflehnung in dieser Welt keinen Platz hatte – zumindest heute nicht.

Als wir endlich wieder in der Kutsche saßen, atmete ich erleichtert auf. Der Abend war vorbei, doch ich wusste, dass ähnliche Abende noch oft auf mich warten würden.

Be my teacher Riddle Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt