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Tilda

»Können wir noch ein Foto machen?«, fragt Wilma, nachdem er schon fleißig auf unseren Blättern unterschrieben hat. Boa ne ich hasse Bilder, ich bin einfach nicht fotogen.

»Klar«, meint er.

»Wollen wir eins zusammen machen?«, fragt sie an mich gewandt. Ich nicke stumm und wir stellen uns in Position. Alle drei nebeneinander.

Seine Hand berührt mich erst an meinem Rücken und wandert dann zu meiner Hüfte, erst ganz vorsichtig spüre ich jeden einzelnen Finger, dann seine ganze Hand auf meiner Haut. Mein Körper wird taub, ich springe von ihm weg. Abrupt zieht er sie zurück. Schockiert schaue ich ihn an.

Tränen sammeln sich in meinen Augen und lassen sie glasig werden, ruckartig blicke ich zu dem Girl, die das Foto gemacht hat und im nächsten Moment bewegen sich meine Beine ganz automatisch Richtung Ausgang. Ich sehe links und rechts niemanden, als hätte ich Scheuklappen aufgesetzt. In meinen Ohren rauscht es wie am Meer. Ich renne, wie ich es immer mache, bis ich ganz außer Atem aufhöre und stehen bleibe, jemand ruft meinen Namen, durchs Rauschen kann ich es ganz leise hören. Aber die Relation holt mich zurück aus meinem Trance.

Felix

Niemand traut sich, etwas zu sagen. Ich schlucke schwer. Mein Kehlkopf hüpft.

»Was hast du gemacht?« Geht mich ihre Freundin an.

»Ich kläre das.« Keine Ahnung, wie die Worte meinen Mund verlassen konnten, ich habe kein Plan, wie ich das klären soll, aber hier rumstehen, bringt auch nicht viel. Ich weiß ja selbst nicht genau, was los ist, trotzdem fühle ich mich dafür verantwortlich. Ich mache auf dem Absatz kehrt, Vinc hält mir noch meine Jacke beim Vorbeigehen hin und zusammen mit der im Arm stürme ich ihr hinterher. Draußen ist es schon dunkel und es scheint, als würde die Welt ein Meer werden. Große Regenmassen prasseln auf mich hinab und durchnässen meine Kleidung von oben bis unten.

Sch* wie hieß sie nochmal, er wurde vorhin gesagt und ich habe ihn auch wahrgenommen, weil ich ihn so schön fand, aber mein Gedächnis. Tilda genau, wie die Tante meines Dads.

»Tilda!" Doch sie hört nicht, sondern rennt nur weiter die Stufen zur Straße hinab, bitte rutsch nicht aus, flehe ich von hinten. Das fehlt mir heute noch.

»Tilda!«, rufe ich nochmal etwas lauter und es scheint zu wirken. Sie bleibt abrupt stehen und dreht sich zu mir um.

Tränen schießen aus ihren Augen und kullern an ihren roten Wangen hinab. Sofort vermischen sie sich nach und nach mit dem prasselnden Regen auf ihrer Haut.

Ihre Haare locken sich noch mehr als vorhin im trockenen Zustand sowieso schon waren. Ich stehe für diese Haarpracht oft mehrere Stunden im Bad. Und ihre sehen auch jetzt einfach nur perfekt aus.

Ich steige die letzten Stufen zu ihr hinunter.

»Was auch immer ich gemacht habe, tut mir leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken.«

»Du hast mich nicht erschreckt, du hast eine Grenze überschritten«, sagt sie schluchzend.

Ihre Lippen färben sich schon blau, es ist noch kälter geworden als am Tage.

»Was habe ich denn gemacht?«, frage ich verunsichert.

»Du hast mich von hinten umarmt, ich kenne dich doch gar nicht.«

Wie eine Scheibe fällt es mir vom Gesicht, sch sch sch. Ich hab sie angefasst. Das war mir nicht bewusst.

»Es tut mir leid. Ich...«, meine Stimme bricht.

Ihre Schultern beben und ich sehe, wie ihre Lippen leicht zu zittern beginnen.

»Zieh sie an.« Ich halte ihr meine Jacke entgegen. Sie macht mehrere Schritte auf mich zu und nimmt mir die Jacke ab, ohne zu zögern, zu widersprechen oder sonst etwas. Sie nimmt sie ohne meine Hand zu berühren. Wie in Zeitlupe zieht sie sich das Teil an, aber ich glaube, das es mir nur so vorkommt.

»Gewöhn es dir ab«, meint sie plötzlich mit fester Stimme und als sie die Jacke anhat. Der Reißverschluss ratscht, als sie ihn schließt. Nun steht sie in meiner Jacke vor mir, leicht klimatisiert und mit klareren Augen als vor wenigen Sekunden noch. Wohl oder übel muss ich feststellen, dass die Jacke ihr viel besser steht als mir. 

Tilda

Bilder treten vor mein inneres Auge und erinnern mich an den Abend, den ich einfach nur vergessen wollte.

Meine Beine tragen mich die Treppenstufen förmlich hinunter. Mein Atem geht schwer und schnell. Der nasse prasselnde Regen trifft auf meinem Kopf und meine Haare triefen bereits nach kürzester Zeit.

Plötzlich höre ich jemanden von hinten meinen Namen rufen, erst einmal, dann ein zweites mal und noch lauter als zuvor. Ich bleibe stehen und rutsche durch den nassen Boden noch etwas weiter, zum Glück schaffe ich es mich umzudrehen ohne auszurutschen und auf meinem Hinten zu landen.

Der Stoff seiner Jacke schmiegt sich an meinen nassen Körper, meine Hände zittern, als ich den Reißverschluss schließe und so stelle ich mich etwas tollpatschiger an als normal. Wann ist es so kalt geworden, meine Haut hat eine Gänsehaut gebildet und mit hochgezogenen Händen in der Jacke stehe ich vor ihm. Er sagt nichts, schaut mich nur eindringlich an.

»Habe ich was im Gesicht?«, frage ich ihn und die Stille bricht.

Er schüttelt den Kopf. Sein Haarschopf ist schon ganz nass und die vorderen Strähnen tropfen ihm ins Gesicht, er streicht sie sich nach hinten.

»Lass uns wieder zurückgehen ins Warme gehen«, sonst werden wir noch krank meint er.

Gedanken eines Musicgirls Berq FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt