Tilda
Wir setzen uns zurück auf unsere Plätze. Gibt es Zufälle? War das ein Zufall, dass ich die Karten entdeckt habe, werde ich in Zukunft öfter hier sein? (Das Zukunftsich kann sagen- ja wirst du: Betterov, Francis, ...) Aus lauter Langeweile lasse ich meinen Blick durch den Raum wandern. Das Publikum ist relativ ausgeglichen, die Hälfte der Menschen ist älter und der andere Teil inklusive uns zwischen 14-24 Jahre alt würde ich schätzen. Links sitzt unsere Generation rechts die Andere. Interessant, dass es nicht gemischt ist, sondern klar abgegrenzt, wie durch einen Zaun getrennt. Wahrscheinlich wird gedacht, dass jeweils die andere Generation beißen könnte. Und ich muss an dieser Stelle erwähnen, neben Berq wird heute Abend noch eine andere Person auftreten, bzw. interviewt werden, leider habe ich schon den Namen vergessen, aber das würde die Situation hier auch erklären, wir sitzen vor der Muikbühne, die anderen vor der Couch, wo das Interview stattfinden wird. Wahrscheinlich deswegen, die älteren Leute sind wegen des Couchgastes da.
Und dann sehe ich ihn, mit seinen hellbraunen Locken versteckt unter dem schwarzen Cap, welches er sich falsch herum aufgesetzt hat, nur die Spitzen schauen heraus, hätte er das Cappie nicht auf, hätte ich gesagt, er ist der typische Australische Surferboy und kein Musiker. Dazu trägt er eine dicke hellblaue Daunenjacke und unterhält sich mit einer Frau vom Team, neben ihm steht ein etwas höher gewachsener Junge in seinem Alter. Meine Lippen öffnen sich ein Stück, ich ziehe tief die Luft durch meine Zähne. Er schaut sich nicht in dem Raum um, ich stupse Wilma an, um sie auch auf ihn aufmerksam zu Machen und sie schaut ebenfalls in seine Richtung. Ich habe ihn mir größer vorgestellt, wenn ich ehrlich bin. Er ist jetzt nicht klein, aber auch nicht viel größer als ich. Nach dem kurzen Austausch werden sie in einen kleinen angrenzenden Raum geleitet. Und schon sind sie von der Bildfläche verschwunden.
Einige Minuten später beginnt auch schon das erste Gespräch mit irgendeinem Moderator, den ich aber nicht kenne, genauso wenig wie die anderen, denn die meisten schauen einfach stumm auf ihre Handys. Ich höre nur mit einem Ohr zu, mit dem anderen bin auch ich an meinem Handy beschäftigt. Irgendwie habe ich mir das hier anders vorgestellt, mir war nicht mal bewusst, dass noch mehr Leute als nur er dabei sein sollen. Aber gut, so ist das Glück nur kurz, aber wenigstens ist es vorhanden.
Nach einem längeren Interview mit der ersten Person wird er dann endlich angekündigt und zu meinem Erstaunen, bin ich ruhiger als gedacht. Keiner kreischt, keiner jubelt oder ruft seinen Namen. Alle sitzen brav auf ihren Plätzen und schauen ihn mit großen Augen an. Ich liebe es ja: Menschen zu beobachten, es bringt mich jedes Mal vollkommen runter, dass ich Angst haben sollte, mein Puls bleibt stehen.
Und schon ist er da und setzt sich bei der älteren Dame mit den kurzen Haaren gegenüber auf eine Couch.
Felix Dautzenberg statt Berq wie er sich als Künstler nennt, heißt der junge Typ mit der Cap und dem schwarzweiß karierten Hemd, was ganz ehrlich gesagt, meiner Meinung nach nicht wirklich zu ihm passt.
Mit seiner sanften Stimme erzählt er mehr über seine Musik, die er einst in dem Keller seines Elternhauses in Westhamburg angefangen hat zu schreiben. In den Songs steckt viel mehr als Liebeskummer, Angst und Erwachsen werden. Sondern noch viel mehr Poesie, Philosophie und den ein kleiner Grönemeyer. Mittlerweile wohnt er mit seinem besten Freund in einer WG in Berlin Kreuzberg, bringt er, uns als Zuschauer auf den neusten Stand in seinem Leben-interessant denke ich, ein zugezogener Berliner. Wenn der erste Zufall mal nicht auf den nächsten folgen wird. Denn so groß wie alle immer behaupten ist Berlin nicht. Deinem Ex Freund wirst du trotzdem nicht aus dem Weg gehen können, wenn eure Lieblingscafes im gleichen Stadtteil sind.
Nach einem kurzen Interview betritt er die kleine provisorisch aufgebaute Bühne und singt zuerst „Echo", danach einen Song, der noch in diesem Jahr released werden soll. Eine Gänsehaut bildet sich auf meiner Haut, die weiche und gleichzeitig doch raue Stimme dringt durch meine Ohren in den ganzen Körper. Ich würde gerade gerne weinen, eine Träne löst sich bereits aus meinen Augen, doch bei der einen bleibt es zum Glück auch, ich bin kein Mensch, der öffentlich viele Emotionen zeigt, umso überraschter bin ich gerade über mich selbst.
Dann verschwindet er erst nochmal vom Bildschirm und mein Magen grummelt, ich habe Hunger, es ist kurz vor 20 Uhr. Und da eine kurze Pause folgt, machen wir uns in dem angrenzenden Einkaufszentrum auf der Suche nach etwas Essbaren. Auch Felix und sein Techniker David, wie er ihn vorgestellt hat, haben anscheinend denselben Gedanken gehabt wie wir, jedenfalls folgen sie uns unauffällig. Und wir haben Glück, am anderen Ende der Mall ist noch eine Cafeteria mit verschiedenen Länderrestaurants offen, wir entscheiden uns für Wraps aus Mexiko. Als Wilma, und die beiden Girls, die bei dem Event gerade neben uns saßen uns an einen Tisch setzen wollten, waren die beiden plötzlich verschwunden. Naja, vielleicht ist es besser so, denke ich und fange an zu essen. Merle und Juli, wie die beiden heißen erzählen uns, dass sie extra dafür von Hamburg hier runter nach Berlin gefahren sind und das sie bei dem Gewinnspiel Glück hatten. Wir berichten, dass ich das Event einfach gegoogelt hatte und man auch so an Tickets kommen konnte, so waren wir auf der sicheren Seite und es war letztlich die richtige Entscheidung. Ansonsten unterhielten wir uns noch über alle möglichen Musiker: Jeremias, Provinz, die Fans sind gefühlt immer die gleichen in einem Genre.
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Gedanken eines Musicgirls Berq Fanfiktion
FanfictionIch träume von dir. Eine Begegnung auf der Straße, das Buch, welches ich vor Schreck fallen lasse und mit einem dumpfen Schlag auf den Asphalt schlägt, als ich dich erblicke. Deine meerblauen Augen, die meinen Blick fixieren. Deine sanften Hände, di...