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»Ich gehe nicht mehr rein«, stottere ich. Meine Zähne klappern, mir ist bereits kalt.

»Ich lasse dich hier nicht alleine stehen und erst recht nicht in diesem Zustand. Du stehst kurz vor einer Panikattacke.«

Er überlegt, das kann ich an seinen Falten auf der Stirn erkennen.

»Soll ich dich nach Hause bringen?«

»ich glaube, dass ist keine gute Idee.«

»Okay und warum?«

»Wir kennen uns nichtmal, bis vor einer stunde wusste ich nichtmal, dass du so gut singen kannst.« ich halte mir den Mund zu. Das wollte ich eigentlich nicht sagen. Das ist mir ganz klar so rausgerutscht. Seine Lippen ziehen sich nach oben und er muss breit grinsen.

»Okay..., ich weiß nicht, ob das jetzt ne Beleidigung sein sollte oder woran das liegt, dass das falsch klang.«

Ich muss schon wieder anfangen zu heulen, aber diesmal nicht aus Trauer sondern weil ich plötzlich loslachen muss.

»Das ist nicht gut, ich meine deine Stimme klang durch meinen Handylautsprecher so monoton und jetzt, die Texte haben einen berührt. Ich hoffe natürlich, dass davon nichts real war.«

»Steckt nicht in jedem Text mindestens ein klein wenig die Wahrheit.«

»Tilda, ist alles gut?«, ertönt eine Stimme hinter ihm. Wilma kommt auf uns zugelaufen und bleibt neben ihm stehen.

»Stör ich eure Unterhaltung?«, schiebt sie nach.

»Schon gut«, antworte ich ihr und fühle mich wieder in die reale Welt zurückgeworfen.

»Jetzt bin ich nicht mehr allein, und Wilma bringt mich gerne heim, aber danke für das Angebot. Hab noch einen schönen Abend«, meine ich zu ihm und meine es auch so. Wilma kommt zu mir drückt mich einmal kurz und verabschiedet sich ebenfalls von ihm. Er steht noch immer da und schaut mich einfach nur an.

»Komm gut heim Tildie«, sagt er leise, nachdem wir uns schon abgewendet haben und die letzten Stufen nach unten treten.

Hat er mich wirklich gerade Tildie genannt, frage ich mich verwirrt oder haben mir meine Ohren einen Streich gespielt.

»Er ist nett.«

»Naja, nett fand ich seine Geste nicht«, muss ich ganz trocken raushauen. Erst da wird mir wieder bewusst, warum wir in dieser zweier Situation waren.

»Was hat er denn gemacht?«, fragt sie.

»Er hat mir fast an den Hintern gegrabscht.«

»Was?«, fragt sie so schrill, dass meine Ohren wehtun. Im Hintergrund hört man immer noch die großen Tropfen auf die Straße schlagen.

»Vielleicht wusste er es nicht besser«, meint Wilma schließlich.

»Kann ja sein, aber lasse ich dann meine Hände nicht lieber komplett bei mir. Das war übergriffig und hat mich an die Vergangenheit erinnert.«

»Ja verstehe ich, konntet ihr es klären? Geht es dir jetzt besser?«

Ich nicke. Meine Füße sind nass. Mein Oberkörper auch, besonders auf meine Schultern drückt eine große last und damit meine ich nicht nur den Regen. Der auf uns einprasselt.

»Ich weiß nicht, ob man so etwas mit einer wildfremden Person einfach klären kann, aber er hat sich entschuldigt. Ich denke, dass er in Zukunft etwas mehr abstand halten wird.«

»Und was war das mit dem nach Hause bringen?«, fragt sie neugierig, als wir an der Bahn Station ankommen und die Treppen nach unten treten. menschen laufen an uns vorbei und schenken uns keine Beachtung. 

»Er wollte nur nett sein und mich in dem Zustand nicht alleine lassen.«

Sie mustert mich.

»Du hast noch seine Jacke an«, ich schaue an mir hinab.

»Oh, naja so nass wie die ist, hätte er sie auch glaube ich nicht mehr anziehen wollen. Sie ist nicht nur außen durchnässt.«

»Was ja auch kein Wunder ist, wenn du bei dem Wetter ohne Jacke rausrennst.«

Ja da hat mein Gehirn in dem Moment nicht weit genug gedacht, aber ich glaube ich habe gar nicht gedacht. Getrieben von meinen Ängsten bin ich einfach losgerannt ohne Sinn und Verstand. Wenn ich zurückdenke an den Moment muss ich meine Tränen in den Augen unterdrücken. Zu tief sitzt der Schmerz noch immer. 

»Ich gebe ihm seine Jacke zurück« So schwer wird es ja nicht sein, ihn ausfindig zu machen und er wird ja sicher eine Management Adresse haben, dann gebe ich sie da ab. Dann muss ich ihn auch nicht nochmal sehen. Ich weiß nichtmal, ob es fair wäre jetzt noch seine Songs zu hören. Auch er scheint genug Herzschmerz in seinem leben schon erfahren zu haben, obwohl er in einem behüteten Elternhaus aufgewachsen zu sein scheint. Hamburg Blankenese ist nicht gerade ein armes Viertel, eher das Gegenteil ist der Fall. Und wenn man sich seine Klamotten anschaut wird meine Vermutung nur bestätigt, er trägt Designerteile, die sicherlich gerne mal mehrere Hunderter kosten können. 

Eine halbe stunde später setzt mich Wilma an meiner Wohnung ab und verabschiedet sich von mir.

»Danke, dass du mitgekommen bist. Auch wenn der Abend anders verlief als erwartet.«

»Gerne und alles gut. Komm gut nach Hause und meld dich, wenn du da bist«, meine ich noch, bevor ich im inneren des Wohnhauses verschwinde, Wilma wohnt nur 2 Straßen weiter.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 4 days ago ⏰

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