Kapitel 3

154 12 6
                                    

" Nein, nein und nochmals nein. Ich werde Jase garantiert keine rot angemalte Binde in die Schuhe legen. Das ist einfach zu abartig. Wo bleibt nur heute deine Krativität?", beschwerte ich mich lautstark bei Bay, die auf meiner Bettkannte saß, und mir bei Rächeplänen für Jase half. Irgenwie war das fast schon eine regelmäßige Aktion geworden. Aber ich musste zugeben, es machte Spaß. Bay war immer voller Elan dabei, auch wenn ihre Ideen heute etwas grenzwertiger ausfielen.
Sie warf entrüstet die Hände in die Luft. " Ja gut, ich gebs ja zu. Die Idee ist bescheuert, aber mal ehrlich, was gibt es denn noch, was wir nicht schon gemacht haben. Und Jase Ideen will ich auch nicht kopieren. Wobei ich zugeben muss, dass er ab und zu auch mal echt gute Einfälle hat." Ich hasste es so sehr, wenn Leute gut über Jase sprachen. Für mich klang selbst das schon wie ein übertriebenes Lob. Und mir würde alles viel leichter fallen, wäre Jase nicht so beliebt. Oder wenn er wenigstens einen Makel hätte. Oder nicht so gut aussehen würde. Das hab ich grad nicht echt gedacht, oder? Jase sah höchstens ganz ok aus.
Ich ließ meinen Blick über das Zimmer schweifen, und blieb an der Löcherjeans, die über dem Stuhl baumelte, hängen. Plötzlich hatte ich eine Idee. "Bay, ich hatte gerade die Idee." Ich wackelte provokativ mit den Augenbrauen, und Bay sah mich abwartend an. " Jetzt sag schon. Spann mich nicht so auf die Folter", drängelte sie. Ich grinste. " Wir schneiden ihm morgen nach dem Footballtraining, wenn er duscht, ein Loch vorne am Schritt, in die Hose. Und das beste kommt noch. Ich habe erfahren, dass er morgen ein Physikprojekt vorträgt. Die Lehrer werden ihm bestimmt wegen Freizügikgeit oder provokativer Unterichtstörung, einen Verweis erteilen. Wäre das nicht genial?" Und wie auf Kommando klatschte Bay begeistert in die Hände. " Wenn das nicht mal ein Plan ist." Und dann grinste sie anzüglich. "Ich wollte ja schon immer mal Jase Boxershorts sehen", sagte sie, und wackelte pedofil mit den Augenbrauen. "Ihhhh. Sag nie wieder so was. Sag nur wie widerlich du ihn findest, aber schwärme niemals in meiner Gegenwart von Jase. Hörst du? Niemals!" Ich warf ein Kissen nach ihr. Und dann fing die Kissenschlacht an. Bay gewann immer, dieses talentierte Mädchen, aber was solls. Es machte Spaß, und das war alles was zählte. Auch wenn wir dafür wohl etwas zu alt waren. Naja gut, von unserer geistlichen Reife waren Bay und ich gerade mal bereit für die Einschulung.
Prustend hielten wir uns schließlich den Bauch, und als wir uns beruhigt hatten, fiel mir etwas ein. "Achja Bay, ich wollte dich was fragen. " Bay antwortete nicht, was wohl hieß, dass ich fortfahren sollte. " Sag mal, kann es sein das dein hinterhältiges Hirn ein bisschen bei der Verlosung für die Französichfahrt mitgespielt hat?" Ich sah sie herausfordernd an. Bays Augenlied zuckte, und in dem Moment wusste ich, dass ich völlig richtig lag in meiner Annahme. " Du hast die Verlosung manipuliert, du hinterhältige Nudel." Meine Stimme klang ein wenig anklagend, aber am meisten amüsiert. " Bay, hab ich dir schon mal gesagt, dass du genial bist? Ich liebe dich, du fluffiges Ding. Auch wenn ich mich manchmal frage, ob du wirklich der richtige Umgang für mich bist", lachte ich, und Bay stimmte mit ein. " Ich glaube es ist wohl eher andersherum. Jase und Du, irgendwann wird einer noch draufgehen, und ich muss dich womöglich aus dem Gefängnis abholen. Aber davor muss ich dann noch bei Starbucks vorbei, wenn du verstehst. " Sie lächelte spitzbübisch. Bay und Starbucks. Starbucks und Bay. Die beiden sollten heiraten. Baybucks würde dann ihr Kind heißen. Ich feier den Kleinen. " Ach süße, wir haben noch so viel zu planen. Lass uns, um einen klaren Kopf zu kriegen, einen Film anschauen. Am besten einen mit Jonny Depp. Oder Brad Pitt. Oder Douglas Booth. Ach, ich liebe sie alle", seufzte Bay dramatisch, und krallte sich blind einen Film aus dem Regal. Filmabende mit Bay waren einfach nur nervtötend, ehrlich, ich liebte sie wirklich, aber das ging gar nicht. Ständig gab sie Kommentare von sich, was an sich ja auch nicht so schlimm war, aber die Kommentare lauteten in etwas immer so: " Oh nein. Was tust du da? Da hinten hängt ein echter Kaschmirschal, der perfekt mit deinem braunen Mantel harmoniert, und du nimmst einen Quietschgelben. Holy Makkaroni!" Oder so: " Sag mal gehts noch? Der Typ soll ihr verdammt nochmal sagen, dass sie in diesem Kleid aussieht wie ein aufgeplatzter Hotdog. Ein Schande für die Menschheit ist das! Holy Potato!"
"Holy nervige Nudel", hätte ich am liebsten gesagt, ließ es dann aber doch bleiben. Musste ich das wohl einfach noch ein weiteres Mal über mich ergehen lassen.

Nach einer schrecklichen Stunde nerviger Kommentare von Bay, und 2 Donuts später, verabschiedete sie sich noch mit einer liebevollen Kopfnuss von mir, und ich widmete mich wieder meinen Gedanken. Komischerweise drehte es sich in meiner Gedankenwelt ausnahmweise mal nicht um Jase, sondern um die bevorstehende Klassenfahrt nach Frankreich. In welche Stadt wir reisten blieb eine Überraschung, aber ich hoffte es würde Paris sein. Mein Leben lang schon wollte ich nach Paris. Und nach Mexico, fragt mich nicht warum. Vermutlich wegen der Tacos. Ich war schon ein wenig verfressen. Naja, einen Bierbauch hatte ich jedenfalls noch nicht. In Gedanken ging ich mit Bay gerade, bepackt mit Einkaufstaschen, am Arc de Triomphe vorbei, als die schrille Stimme meiner Mutter mich zum Essen rief. Meiner Illusionen beraubt, polterte ich wenig begeistert die Treppe hinunter, und geglückte meine reizenden Eltern mit meiner Anwesenheit. Tja, mein Dad saß mit einer Sportzeitschrift und und verkreuzten Beinen, gesprächig wie immer, vor seinem vollen dampfenden Teller. Und meine Mom sah ihn bitterböse an. Nur leider konnte sie sich diesen Blick ersparen. Mein Dad war in der Sportwelt, und das hieß geistlich nicht anwesend. Männer.
"Bärchen, wir müssen dir was erzählen", ertönte die Stimme meiner Mutter rechts von mir. Bärchen? Bitte Mom, die Zeit hab ich hinter mir. " Und?", fragte ich desinteressiert.
Sie lächelte aufgeregt, und sah mich abwartend an. "Drei Mal darfst du raten." Ich stöhnte genervt. Oh nein, nicht das schon wieder! Das hieß, ich hatte 20 Versuche. Nicht drei, sowie es sich gehörte. " Du und Dad habt beschlossen mir mein Sorgerecht zu überlassen, da ihr findet ich sei schon reif genug, um ohne Eltern auszukommen? Großartig, Mom", sagte ich mit gespielter Begeisterung. Meine Mom schnaubte verächtlich. " Für deinen Saraksmus ist jetzt wirklich keine Zeit. " Wann ist denn für Sarkasmus bitte keine Zeit?
Ich rollte die Augen. "Jetzt sag schon, sonst verschwinde ich noch, bevor du mir von deiner tollen Neuigkeit erzählen kannst."
Und oh Wunder, es funktionierte tatsächlich. " Dein Vater und ich haben etwas beschlossen", begann sie, und ich bereitete mich schon darauf vor, ein kleines Geschwisterchen zu bekommen, " dass es an der Zeit ist, erwachsen zu werden. " Also doch kein Baby. "Wir wollen, dass du dich weiterentwickelst, und anfängst dir dein Geld selbst zu verdienen, also haben wir uns gedacht, es wäre doch toll, wenn du beim 'Grill' arbeiten würdest. Wir haben sogar schon alles organisiert, und Montag kannst du anfangen. " Meine Kinnlage klappte herunter. 'Grill' war das beliebteste Restaurant der ganzen Stadt, wenn auch Schweineteuer. Aber wie hatten meine wenig Gehirnzellen besitzenden Eltern es geschafft, mich dort einzuschleusen. Bestechung? Nein, so viel Geld besaßen sie gar nicht. Beim 'Grill' wurde man richtig gut bezahlt, also wie um Gottes Namen? "Mom, wie...?", begann ich, aber sie unterbrach mich mit einer wegwerfenden Handbewegung. " Alles unwichtig, Mäuschen. Wichtig ist nur, dass du jetzt endlich lernen kannst, selbstständig zu werden. " Ich versuchte den besserwisserischen Ton, ebenso wie das Mäuschen, zu ignorieren. " Also war ich davor nicht selbstständig und erwachsen?", fragte ich ärgerlich. Diese Frage. Natürlich nicht, ich meine Hallo? Meine beste Freundin war Bay!
Nichts für ungut, Bay.
Meine Eltern sagten darauf nichts, das hieß sie waren meiner Meinung. Naja, eigentlich nur meine Mom, mein Dad blickte immer noch stur in seine Sportzeitung, und nickte ohne Unterbrechung. Er schien gar nicht bemerkt zu haben, dass keiner mehr was sagte.
" Melodie Melissa Menderson", begann meine Mom ruhig, und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass sie etwas wichtiges zu sagen hatte, da sie meinen vollen Namen benutzte. Und das schlimmste war, dass all meine Namen mit 'M' anfingen. Warum? Was hatte ich getan, dass ich diesen Namen verdiente?
Meine Mom strich sich sachlich eine Sträne hinters Ohr. " Meine kleine. Du und Jase seid nun schon seit so vielen Jahren verstritten, obwohl ich nicht sagen kann, dass wir mit seinen Eltern nicht auch verstritten wären, aber ihr übertreibt es langsam wirklich. Eure kindischen Streiche führen doch zu nichts, und der Hass verschwindet dadurch auch nicht. Ihr benehmt euch wie kleine Kinder. Melodie, ich bin wirklich der Meinung, du solltest dein Kriegsbeil endlich begraben. Es ist an der Zeit, findest du nicht?"
Ich konnte mir ein bitteres Lachen gerade noch so verkneifen. Niemals, wirklich niemals würde ich aufhören, Jase zu hassen. Meine Mom wusste genau, was er getan hatte, aber sie betraf es ja nicht. Na gut, sie kannte nicht die ganze Wahrheit, aber sie hatte dennoch einen guten Grund ihn zu hassen. An dem Tag, an dem es geschah, hielt mich nur noch die Wut und der Hass aufrecht, um nicht zusammenzuklappen. Und so war es auch heute noch. Also warum sollte ich aufhören, ihn zu hassen? Gerade der Hass, machte es doch erträglich.
"Super Idee, Mom", rief ich gespielt erfreut aus, und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
Ich schmiss mich auf mein Bett, und schloss die Augen. Jase würde niemals wieder mein Freund sein können. Niemals.

----------------------------------
Hey, also wir hoffen euch gefällt unsere Geschichte, wenn unser Schreibstil auch etwas unterschiedlich ist. Vermutlich verwirrt das auch ein bisschen, aber wir bemühen uns, das relativ gut hinzubekommen. Wir schreiben immer mal wieder abwechselnd ein Kapitel, also nicht zusammen. Viel Spaß beim lesen, ihr Nudeln. ;)

Love enemy  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt