Anmerkung: Blaise, Draco und Ron kennen sich gut. Ron ist mit Draco befreundet. Die genauen Umstände werden noch später erläutert.
-------------------------------------------
Harry saß nur wenige Minuten allein im Abteil des Zuges, seine Gedanken schweiften zwischen der Aufregung und dem leichten Unbehagen, das die bevorstehende Reise nach Hogwarts in ihm auslöste. Plötzlich schob sich die Abteiltür auf, und ein Junge mit leuchtend roten Haaren trat ein, sein Gesicht strahlte vor Neugier und Aufregung.
»Ist hier noch Platz?«, fragte der Junge mit einem breiten Lächeln. Harry nickte sofort.
»Ja, klar. Setz dich.« Der Junge ließ sich ohne weiteres Zögern auf die gegenüberliegende Bank fallen und musterte Harry neugierig.
»Ich bin Ron Weasley. Und du bist...«, er hielt inne und sah Harry eingehend an, als würde er bereits wissen, wer da vor ihm saß.
»Harry. Harry Potter«, antwortete Harry leise und schaute verlegen zur Seite, um dem neugierigen Blick zu entgehen. Rons Augen weiteten sich für einen Moment, bevor er sich schnell wieder fasste.
»Oh, äh, klar. Jeder kennt dich doch... Der Junge, der lebt und so.« Ein wenig unsicher kratzte sich Ron am Kopf. »Ich hätte nicht gedacht, dass...«, er ließ den Satz unvollendet, als er merkte, dass Harry ihn nicht weiter ansah. Bevor Ron mehr sagen konnte, öffnete sich die Tür erneut, und zwei weitere Jungen traten ein. Einer von ihnen war blond mit schmalen Gesichtszügen und einem selbstsicheren Lächeln – Draco Malfoy. Der andere war dunkelhäutig, mit feinen Gesichtszügen und dunklen, neugierigen Augen – Blaise Zabini. Beide musterten Harry und Ron kurz, bevor Draco ein freundliches Lächeln aufsetzte.
»Da bist du ja! Wir haben dich schon gesucht«, sagte Draco und ließ sich neben Ron nieder, während Blaise das restliche Platzangebot prüfte und dann Harry gegenüber Platz nahm.
»Wir dachten schon, wir verpassen uns«, meinte Blaise mit einem leichten Lächeln. »Hey, und du bist? Ich bin Blaise«, sagte er dann an Harry gewandt.
»Harry Potter«, kam Draco ihm zuvor. Harry nickte unsicher.
»Cool. Also ich bin Draco und das ist Blaise«, sagte Draco und deutete erst auf sich und dann auf Blaise.
»Hi«, sagte Harry unsicher und schwieg dann wieder. Schnell entspann sich ein Gespräch zwischen Ron, Draco und Blaise. Die drei schienen sich schon gut zu kennen, als würden sie bereits seit Jahren befreundet sein. Ron sprach über seine Brüder, die bereits in Hogwarts waren, und Blaise und Draco fügten ihre eigenen Geschichten über gemeinsame Unterrichtseinheiten vor Hogwarts hinzu. Sie erzählten von den Grundkenntnissen, die sie schon im Zaubern hatten, von Flügen auf Besen und all den magischen Dingen, die sie bald erleben würden. Zwischendurch richteten sie ihre Fragen auch an Harry. Sie fragten, ob er sich auf Hogwarts freue und ob er vielleicht schon Zauber ausprobiert habe. Doch Harrys Antworten blieben zurückhaltend und einsilbig, und jedes Mal senkte er schnell den Blick, wenn die Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet war.
»Ähm, ja, ich würde schon wollen«, murmelte er leise, als Ron ihn fragte, ob er Gryffindor werden wolle. Das Gespräch ging schnell an ihm vorbei, und er fühlte sich, als wäre er nicht wirklich Teil der Gruppe, sondern nur ein stiller Zuschauer. Draco und Blaise schienen Harrys Zurückhaltung kaum zu bemerken und plauderten fröhlich weiter. Doch Ron, der hin und wieder zu Harry hinüber schielte, sah ihm an, dass dieser nicht so selbstbewusst war, wie er es erwartet hätte. Als er von »Harry Potter, dem Jungen, der überlebt hat« gehört hatte, hatte er sich einen kühnen, selbstsicheren Jungen vorgestellt. Doch der Harry, der nun ihm gegenüber saß, wirkte unsicher und schüchtern – ganz anders, als Ron sich das ausgemalt hatte. Trotz Harrys Zurückhaltung schien es die anderen drei nicht zu stören. Sie redeten über die Häuser und spekulierten darüber, wer in welches Haus kommen würde, lachten über gemeinsame Erlebnisse und Pläne für Hogwarts. Harry hörte ihnen halbherzig zu, immer wieder versunken in seine eigenen Gedanken, doch auch dankbar für die Gesellschaft, die ihn für diesen kurzen Moment von den Erwartungen seines Vaters ablenkte. Vielleicht, dachte Harry still, würde sich mit der Zeit auch für ihn die Möglichkeit ergeben, Freundschaften zu schließen – auch wenn er im Moment noch nicht wusste, wie er sich in dieser neuen Welt behaupten würde.
Als der Hogwarts-Express mit einem letzten, ohrenbetäubenden Zischen zum Stehen kam, reihten sich die Schüler auf dem Bahnsteig auf. Harry folgte Ron, Draco und Blaise, während sie sich den Weg durch das Gewusel bahnten. Er war fast benommen von all den Eindrücken, dem Rauschen der Stimmen, dem Aufblitzen der Zauberstäbe und dem Murmeln der Schüler, die, genau wie er, gespannt und aufgeregt auf das warteten, was sie gleich erwarten würde. Schließlich erreichten sie in Booten über den großen See, das imposante Schloss. Die hohen Mauern und erleuchteten Fenster ließen Hogwarts wie einen lebenden, atmenden Riesen wirken, und Harry konnte nicht anders, als das Gebäude mit ehrfürchtigem Staunen anzusehen. Schon die Eingangshalle war überwältigend – riesig und voller flackernder Fackeln, die den Raum in ein warmes, geheimnisvolles Licht tauchten. Er fühlte ein unbändiges Kribbeln in der Brust, das sich mit jeder Sekunde verstärkte, während sie tiefer in das Herz von Hogwarts vordrangen. Die Erstklässler wurden schließlich vor der Großen Halle versammelt, wo Professor McGonagall in ihrer steifen, strengen Haltung auf sie wartete. Sie musterte die Schüler mit einem prüfenden Blick und begann dann mit ihrer Rede.
DU LIEST GERADE
Im Schatten des Vaters
FanfictionHarry Potter - der Junge, der überlebte, und doch nie der Junge, der genügt. Seit er denken kann, lebt Harry unter der strengen Hand seines Vaters, des gefeierten Aurors James Potter. Doch statt Liebe und Stolz erfährt er nur Erwartungen und Enttäus...