Die Nacht war still, nur das Rascheln der Blätter und das entfernte Rufen einer Eule waren zu hören, als ich an dem abgelegenen Ort wartete, an dem James und ich uns oft trafen. Der Vollmond schien auf das Land herab, und seine silberne Pracht legte sich sanft auf die Bäume und den Boden um mich herum. Ich spürte die kühle Brise und versuchte, mich zu entspannen, während ich an die Worte dachte, die James und ich in den letzten Tagen miteinander geteilt hatten.
"Wir können es schaffen", hatte er gesagt. "Gemeinsam." Und ich wollte daran glauben. Ich wollte die Hoffnung nicht verlieren.
Doch an diesem Abend war etwas anders. Es war, als ob der Wind etwas Unheilvolles in sich trug. Die Luft fühlte sich dicht und schwer an, und obwohl ich versuchte, mich zu beruhigen, war da ein Gefühl von Bedrohung, das nicht von meiner Seite wich.
Plötzlich hörte ich ein rasches Knacken hinter mir. Mein Herz schlug schneller, als ich mich umdrehte. Doch bevor ich reagieren konnte, spürte ich einen scharfen Schmerz an meinem Hals, als etwas – oder jemand – sich auf mich stürzte.
„Was—?" rief ich, doch der Schmerz raubte mir fast den Atem. Ich versuchte, mich zu wehren, doch der Vampir, der mich angegriffen hatte, war schneller und stärker als ich erwartet hatte. Er hatte bereits seine Zähne in meinen Hals gebohrt, und das Gefühl war unerträglich. Es brannte, als ob Feuer durch meinen Körper zog. Der Schmerz ließ mich erstarren.
„Du bist also ein Dämonin", flüsterte der Vampir mit einem hämischen Grinsen, das in der Dunkelheit kaum sichtbar war. „Ein Glücksfall. Du wirst es nicht bereuen, mich hier zu finden."
„Lass mich... los!", schrie ich, aber es war zu spät. Der Vampir trank weiter, als würde er mich in dieser Nacht völlig auslöschen wollen. Ich versuchte, ihn abzuwehren, doch meine Kraft war wie gelähmt, das Gefühl der Ohnmacht breitet sich in mir aus.
„Halt still", zischte er, als er mich mit einer Hand am Kopf festhielt, während er sich weiterhin an meinem Hals labte. „Du solltest wissen, dass Dämonenblut viel... süßer ist als das von normalen Menschen."
„Nein!", schrie ich verzweifelt. „Hilfe!"
Doch die Worte kamen kaum über meine Lippen. Der Schmerz war zu intensiv, und ich fühlte mich immer schwächer. Ich konnte kaum noch atmen. Mein Körper begann zu zittern, als der Vampir mich weiter ausblutete. In meinem Kopf drehte sich alles, und ich kämpfte, um klar zu bleiben, um nicht einfach in die Dunkelheit zu stürzen.
„Warum greifst du mich an?", brachte ich keuchend hervor, als der Vampir endlich von meinem Hals abließ. Doch anstatt mich loszulassen, packte er mich noch fester und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen.
„Weil Dämonen wie du uns zu lange in der Dunkelheit leben lassen", erklärte er kalt. „Weil eure Art in die Welt der Vampire eingedrungen ist. Wir haben das Recht, euch zu bestrafen."
Ich konnte kaum hören, was er sagte, die Worte hallten nur schwach in meinem Kopf wider. Meine Sinne begannen sich zu verflüchtigen, und mein Körper fühlte sich wie aus schwerem Stein. Doch in diesem Moment, als der Vampir sich bereit machte, mir einen weiteren Bissen zu versetzen, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme.
„Hör auf!"
James.
Ich drehte meinen Kopf und sah, wie er aus dem Dunkeln sprang, seine Augen blutrot vor Zorn. Er war schneller, als der Vampir reagieren konnte. In einem Moment der Unaufmerksamkeit packte James den Angreifer und schleuderte ihn von mir weg. Der Vampir landete mit einem Knall auf dem Boden, doch James ließ ihn keine Chance zur Erholung. Er trat auf ihn zu, seine Muskeln angespannt, die Luft um uns herum elektrisch geladen.
„Du wagst es, sie zu verletzen?", zischte James mit einer Stimme, die mehr nach einem Tier als nach einem Menschen klang.
Der Vampir richtete sich mühsam auf und starrte James mit einem höhnischen Lächeln an. „Du hast sie als Dämonin erwählt, James. Ihr Blut ist das einer Kreatur, die in die Welt der Vampire gehört, aber nicht in diese Zeit. Du bist blind, wenn du das nicht siehst."
„Du hast keine Ahnung, was du redest", antwortete James und seine Stimme war eisig. Ohne ein weiteres Wort stürzte er sich auf den Vampir, seine Bewegungen blitzschnell, und bevor der Angreifer reagieren konnte, hatte James ihn schon überwältigt.
„Du... du wirst sie nicht mehr anfassen", murmelte James, als er dem Vampir das Genick brach.
Als der Vampir zu Boden fiel, drehte sich James sofort zu mir um. Seine Augen waren immer noch rot, doch sie weichten schnell der Sorge, als er mich in seinen Armen aufnahm.
„Rachel, hey, bleib bei mir. Du musst stark bleiben", flüsterte er, während er sanft mein Gesicht streichelte.
„Es tut so weh, James...", hauchte ich, meine Stimme zitterte vor Schmerz und Furcht. Der Biss brannte immer noch, und ich konnte das Blut in meinem Hals spüren, das langsam versiegte. „Warum... warum hat er das getan?"
„Weil sie uns hassen, Rachel", antwortete er, seine Stimme fest, aber voller Sorge. „Weil sie glauben, dass wir uns nie vereinen sollten. Aber wir müssen uns nicht verstecken. Ich werde dafür sorgen, dass niemand dir jemals wieder weh tut."
„James...", flüsterte ich und legte meine Hand an seine Wange. Ich fühlte mich so schwach, aber auch irgendwie sicher in seinen Armen. „Danke..."
„Komm, wir müssen dich ins Sicherheit bringen", sagte er, als er mich vorsichtig aufhob und mit mir in den Wald verschwand, wo die Dunkelheit uns erneut umhüllte. Aber jetzt wusste ich, dass wir stärker waren als alle Vorurteile, alle Kämpfe, die uns trennten. Wir waren zusammen, und das war alles, was zählte.
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Mondlicht: Eine Liebe zwischen einem Vampir und einem Dämon (Schreibwettbewerb)
Short StoryRachel war von ihrem Vater verstoßen worden. Der Grund: Sie besaß keinerlei starke Kräfte. Sie war eine Dämonin von adeligen Blut und war zum ersten Mal in der Welt der Menschen. Dort brach sie jedoch die heiligste Regel der Dämonen: Sie verliebte s...