Rätsel, nichts als Rätsel

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Minty grinste triumphierend. „Fips, sieh doch genau hin. Es ist das gleiche Prinzip wie vorhin. Du musst dich nur auf die Großbuchstaben konzentrieren!“ 

Ich stöhnte genervt. „Ich bin ein Osterhase, keine Leseratte,“ murmelte ich und ließ meinen Blick erneut über die Zeilen des Gedichts wandern. Langsam las ich die Großbuchstaben zusammen: 

DUNKLE SEITE GEWINNT. NENNE SIE DARK. WEIß NICHT WAS SIE VOR HAT.

Ich runzelte die Stirn. „Klingt auf jeden Fall gruselig. Vielleicht sollten wir die Kekse behalten und gegen diesen ‚Dark‘ werfen, falls er auftaucht.“ 

Minty schüttelte energisch den Kopf. „Das heißt, dass Rhun gespürt hat, dass etwas in ihm passiert. Vielleicht, dass seine dunkle Seite sich von ihm abspaltet.“ Sie klang fast begeistert, als ob sie eine große Entdeckung gemacht hätte. 

„Schön und gut,“ erwiderte ich und ließ das Buch auf den Tisch fallen. „Hätte er vielleicht mal einen Psychologen aufsuchen sollen, bevor er uns das Rätselraten überlässt. Aber wie genau hilft uns das jetzt herauszufinden, wo er ist?“ 

Minty sah mich ernst an. „Denk doch nach, Fips. Wenn Rhuns dunkle Seite sich abspaltet, dann verliert er seine Balance – und seine Macht. Er ist nicht vollständig ohne sie. Das bedeutet, er braucht Hilfe.“ 

„Ja, danke, Captain Offensichtlich,“ schnaubte ich. „Deswegen hab ich Cassy losgeschickt, Zeke zu suchen. Weil der Sandmann bestimmt weiß, wie man mit sowas umgeht.“ 

„Genau,“ sagte Minty und ihre Augen leuchteten auf. „Das bedeutet, wir müssen uns beeilen. Denn Rhun hat keine Chance, das alleine zu überstehen.“ 

Ich rieb mir die Schläfen. „Du sagst es so, als hätte ich das nicht schon längst kapiert. Aber was tun wir in der Zwischenzeit? Ohne Zeke können wir nichts ausrichten. Und ehrlich gesagt, wüsste ich nicht mal, wo wir anfangen sollen.“ 

Minty tippte mit einem Finger auf das Buch. „Vielleicht gibt es hier noch mehr Hinweise. Wenn Rhun sich die Mühe gemacht hat, uns das zu sagen, dann hat er bestimmt noch etwas versteckt.“ 

Ich verdrehte die Augen. „Großartig. Dann suchen wir weiter nach kryptischen Botschaften, während mein Bruder irgendwo da draußen ist und wahrscheinlich eine Existenzkrise hat.“ 

Trotz meiner Worte beugte ich mich erneut über die Seiten. Denn tief in mir wusste ich, dass Minty recht hatte: Wir brauchten Zeke. Und zwar schnell.

„Was ist das denn jetzt?“ Ich blätterte ungeduldig auf die nächste Seite und fand… Blumen. Jede Menge Blumen. 

„Ein Text über die Bedeutung von Blumen?“ las Minty vor, während ich meinen Kopf gegen die Tischplatte sinken ließ. „Wie kommt Rhun nur auf sowas?“ 

„Vielleicht ist er heimlich Florist,“ murmelte ich, wobei meine Stimme von der Tischplatte gedämpft wurde. 

Minty ignorierte mich und blätterte weiter. „Hier ist noch was: ein Liedtext.“ 

„Ein Lied übers Zähneziehen? Das kann doch nicht sein Ernst sein!“ Ich hob meinen Kopf wieder und nahm das Buch. „Der hat eindeutig zu viel Zeit in seinem Leben.“ 

Minty betrachtete es nachdenklich. „Also ich glaube, diese Blumen sind keine Botschaft.“ 

„Und das Lied ist definitiv nicht der nächste Hit,“ fügte ich hinzu und begann die Strophen zu lesen. 

Strophe 1:
Zieh den Zahn, so stark du kannst, 
ein Schutzschild braucht Substanz.

Strophe 2:
Denn wenn Eos sich nahen will, 
sind Zähne knapp – kein Schutz mehr still.

Ich starrte auf die Worte, während ein dumpfes Gefühl in meinem Magen wuchs. „Moment mal,“ sagte ich langsam. „Das ist doch nicht nur irgendein schräger Liedtext…“ 

Minty schnappte mir das Buch aus der Hand und las selbst. Ihre Augen weiteten sich. „Oh nein… das ist eine Warnung!“ 

„Du meinst, diese poetische Katastrophe soll uns was sagen?“ 

„Ja!“ rief Minty, ihre Stimme zitterte vor Aufregung. „Der Schutzzauber um das Hotel wird nicht stark genug sein, um Eos fernzuhalten. Rhun hat es gewusst! Deswegen hat er dieses Lied geschrieben. Es geht darum, dass er mehr Zähne braucht, um den Schutz zu verstärken.“ 

Ich ließ mich in den Stuhl fallen. „Mehr Zähne? Das kann doch nicht sein Ernst sein. Wo sollen wir denn bitte Zähne herbekommen? Soll ich losgehen und die Hasen bitten, alle Karottenknabberer ins Hotel zu schicken?“ 

Minty schüttelte den Kopf. „Das erklärt, warum er so verzweifelt war. Er wusste, dass er ohne seine dunkle Seite zu schwach ist, um das Hotel zu schützen. Und jetzt…“ 

„Jetzt ist er verschwunden, aber Eos kann nicht auftauchen, der versauert doch auf dem Mond“ beendete ich ihren Satz. Auch wenn es natürlich möglich wäre, dass er es nicht mehr ist.

Für einen Moment herrschte Stille zwischen uns. Nur der Gedanke an die drohende Gefahr und an Rhuns verschlüsselten Hilferuf schwebte im Raum. 

„Wir brauchen Zeke,“ sagte ich schließlich und stand auf. „Er ist der Einzige, der uns jetzt helfen kann.“ 

„Was ist, wenn er Cassy nicht helfen will?“ fragte Minty leise. 

Ich schnaubte. „Dann hat er mal einen richtigen Albtraum. Und zwar meinen Stiefel in seinem Hintern.“

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Na alle zum gleichen Ergebnis gekommen wie Fips? 😇

Achtsman jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt