Am nächsten Morgen sollte eigentlich der Unterricht beginnen, doch meine Klasse (die bisherige, nicht die Mädchenklasse) und eine andere wurde gebeten, die Schüler des anderen Internates zu begrüßen, da wir nun mal die nächsten Monate in einer Klasse sein sollten. Aufgeregt stand ich zwischen Ottokar und Sammy. Letztere von beiden murmelte etwas vor sich hin und blickte immer wieder auf das Blatt Papier, das sie in der Hand hielt. "Hältst du eine Rede?", fragte ich sie, doch sie schüttelte den Kopf. "Ich lerne schonmal die Namen der Neuen auswendig", erklärte sie, "Wenn jemand schon die Namen kann fühlen sie sich garantiert wohler!" Ich musste lachen. Das war typisch Sammy. Manchmal war sie, genau wie ihr Bruder, etwas schräg, aber sie meinte es immer gut mit einem. Nur wenn man es sich mit ihr verscherzte, dann hatte man ein Problem und das war nicht gerade klein.
Dann hörten wir das Auto der Schule. Jean parkte auf dem Hof und begann vorsichtig, die Pyramide an Koffern abzubauen. Ein Wunder das die alle darauf gepasst hatten. "Zwei Wochen", hörte ich Stephan sagen und wandte mich an ihn: "Was ist in zwei Wochen?" "Das Auto hält nur noch zwei Wochen durch, tippe ich", erläuterte er und ich schüttelte den Kopf: "Vier." "Wollen wir wetten?", forderte er mich heraus und ich stimmte zu. "Du schuldest mir sowieso noch ein Eis!", erinnerte ich ihn. Er verdrehte die Augen, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen.
Gerade als Jean den letzten Koffer abgestellt hatte hörten wir Stimmen. Die Tigerberger kamen! "Wer kam eigentlich auf die Idee, das Internat 'Tigerberg' zu nennen?!", zischte Paige. Strehlau begann zu erklären: "Das Stadtinternat Tigerberg befindet sich in einem Ort namens Tigerberg. Der eigentliche Name des Internates lautet 'Johann-Wolfgang-von-Goethe Stadtinternat Gemeinde Tigerberg', allerdings ist dieser nicht so gebräuchlich und es wird oft einfach zu 'Stadtinternat Tigerberg' abgekürzt." "Warum wohl?", lachte Walze und wir stimmten ein. Dann sahen wir sie zum ersten Mal. Auf die Schnelle sah ich fünfundzwanzig Schüler, acht Jungs & siebzehn Mädchen, sowie ein Lehrer, der maßlos überfordert schien. Rex kam auf ihn zu, die beiden redeten kurz, dann winkte Rex uns her.
"Wir losen jetzt jedem Tigerberger einen Schreckensteiner zu! Diejenigen, die auch erst zu diesem Schuljahr gekommen sind, also Zach, Ameesha, Malou, Linnea, Chloe und Samantha, werden niemanden zugeteilt bekommen, ihr müsst euch erst mal selbst zurecht finden in der Burg, dann reden wir weiter. Irgendjemand, der nicht mit machen möchte?", rief er. Daniel und seine Freunde, Thomas, Ivan & Ronald, treten vor. "Wir", sagte Daniel überflüssigerweise. Ich verdrehte die Augen. Daniel beschwerte sich darüber, dass Ottokar Ameesha, Malou und Linnea in Empfang nehmen durfte und mit mir zusammen war, wenn er allerdings selbst etwas tun sollte war er fein raus. Und das die anderen drei mitmachten wunderte mich auch nicht wirklich, sie hatten keine wirkliche eigene Personalität und taten immer, was Daniel sagte.
Auf Zeichen vom Rex hin suchte Jean die Loszettel der vier heraus. Dann wurde der erste Name aus dem Tigerberger Topf gezogen. Stille breitete sich aus, bis Rex rief: "Johanna!" Ein braunhaariges Mädchen trat vor, sie war hübsch, erinnerte mich von ihrer Art aber sofort an Vivien. Jean zog nun einen Namen aus dem Schreckensteiner Topf. "Ethan!", verkündete er. Der ebenfalls braunhaarige trat aus der Menge an Schreckensteinern heraus und ging zu Johanna.
Der nächste Tigerberger Name war Simon, der Schreckensteiner Benjamin.
Wieder griff Rex in den Topf der Tigerberger und verkündete: "Carolina!" Ein zierliches Mädchen mit braunen Haaren, die einen leichten Rotstich hatten, bahnte sich ihren Weg nach vorne. Aufmerksam musterte sie uns Schreckensteiner, kurz trafen unsere Blicke aufeinander. Sie wirkte nervös. Inzwischen hatte Jean auch den Schreckensteiner Zettel gezogen. "Alex!", rief er laut und deutlich. Ich konnte sehen wie Carolinas Schultern etwas herunter sackten. Doch als ich auf sie zu kam fing sie an breit zu lächeln.
Wir stellten uns etwas abseits und redeten leise mit einander. "Ich bin Carolina, wie du garantiert mit bekommen hast, aber du kannst mich gerne Caro nennen", stellte sie sich vor. "Alexandra, aber alle nennen mich Alex", erwiderte ich. "Gehst du schon lange hier zu Schule? Und ist das nicht eigentlich ein Jungsinternat?", wollte Carolina wissen. "Seit Februar und ja, eigentlich ist es ein Jungsinternat, aber bei mir wurde eine Ausnahme gemacht. Paige war dann die nächste und als wir zusammen in einem Camp waren haben wir Ameesha, Malou und Linnea kennengelernt. Die fanden unsere Erzählungen von Schreckenstein so toll, dass sie beschlossen haben, auch hier her zu kommen. Sammy ist Strehlaus Schwester und heißt eigentlich Samantha, sie wollte mehr Zeit mit ihm verbringen und ist deswegen von Rosenfels, das ist das Mädcheninternat unten am See, hergewechselt. Und Chloe ... naja, sie ist etwas speziell, wir haben bisher kein vernünftiges Wort gewechselt, aber ich kenne sie noch von früher, weil sie die Schwester einer Freundin ist", erzählte ich und merkte erst danach, dass ich mal wieder total am oversharen war. "Und wie lange bist du schon auf deiner Schule?", fragte ich deswegen schnell. "Drei Jahre, also seit Beginn der sechsten Klasse", erwiderte sie, es schien als wollte sie noch etwas ergänzen, doch wir wurden gebeten, leiser zu sein.
Mücke ging gerade auf ein Mädchen zu, die ebenfalls braune Haare hatte (warum waren die alle braunhaarig???). "Das ist Mücke", wisperte ich Caro zu, "Wir kennen uns noch aus der Grundschule." Caro nickte um zu zeigen, dass sie es verstanden hatte, und erwiderte: "Sie heißt Thea."
Nach zwei weiteren Personen (Valentina, nicht ganz die netteste, wie Caro mir berichtete, & Liam und Finn und Lucas), wurde, zusammen mit einer Louisa, Joshua aufgerufen. Ich war ihm immer noch dankbar dafür, dass er sich um Enia gekümmert hatte, während alle sich von ihr abgewandt hatten. Gut, dass diese Zeiten nun vorüber waren! "Das ist Lou", flüsterte Caro, "Wenn alles klappt komme ich mit ihr auf ein Zimmer."
"Das ist Fiona, sie, Malea und Jonathan sind Drillinge. Außerdem ist sie mit Ben zusammen, etwa acht Monate", erzählte mir Caro über das nächste Mädchen, worauf ich erwiderte: "Ottokar und ich haben früher zusammen im Sandkasten gespielt, inzwischen sind wir zusammen." Caro legte den Kopf schief und kommentierte: "Süß."
Irgendwie war es schön, dass ich mich mit Caro, die ich höchstens zwanzig Minuten kannte, schon so close war, dass wir bereits Gossip über unsere Klassenkameraden hielten.
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Die Mädchen von Schreckenstein
FanfictionZweiter Teil von "Die Einzige auf Schreckenstein", ich empfehle den ersten Teil gelesen zu haben Inzwischen hat Alex sich damit abgefunden, dass sie auf Schreckenstein zur Schule geht - mehr noch, sie will gar nicht mehr dort weg! Das liegt natürli...