„Mama, ich gehe in den Wald. Ich habe gestern Spuren von Wildkaninchen gefunden. Wenn es gut läuft, bringe ich uns eines mit." Azrael schulterte aufgeregt seinen Bogen und den Köcher mit Pfeilen. Vor genau einem Monat war er elf Jahre alt geworden. Der 8.August blieb ihm von allen Jahresdaten am besten in Erinnerung. An diesem Tag hatten er, sein Vater und seine Mutter Geburtstag. Zu seinem Geburtstag hatte er endlich seinen eigenen Bogen und Pfeile erhalten. Der Bogen war ein Geschenk, das er voller Stolz trug.
Hergestellt aus Eschenholz, war er leicht, doch robust. Seine Arme waren elegant gebogen, während die Sehne aus Tierdarm in der Spannung leise vibrierte. Um den Griff war ein einfaches Lederband gewickelt, das es ihm ermöglichte, den Bogen sicher und fest in seinen kleinen Händen zu halten.
Leise pirschte er durch das dichte Unterholz. Dornen und Äste griffen nach seiner Kleidung, aber mit vorsichtigen, bedächtigen Bewegungen wich er ihnen geschickt aus. Seine Kleidung war aus grobem, braunem Stoff gefertigt, die perfekt mit der Umgebung verschmolz. Azrael hatte gelernt, wie wichtig es war, seine Kleidung vor der Jagd im Wald abzulegen, damit sie den Geruch der Bäume und des Bodens annahm.
Nach einer Weile erreichte er die Stelle, die er am Vortag entdeckt hatte. Kaninchen waren stets wachsam, da sie zu den bevorzugten Beutetieren vieler Jäger zählten. Azrael hielt seinen Bogen locker in der rechten Hand und bewegte sich wie ein Schatten durch die Bäume. Er kannte diesen Wald gut, fast wie einen vertrauten Freund.
Endlich, nach einer Stunde des Suchens, entdeckte er auf einer kleinen, sonnendurchfluteten Lichtung im hohen Gras eine Gruppe Kaninchen. Geschmeidig kletterte er in etwa zwei Dutzend Metern Entfernung auf einen Baum, um aus dem dichten grünen Laub heraus seine Beute zu beobachten. Nachdem er sich eine Weile geduldig verhalten hatte, entschied er sich für ein männliches Kaninchen, das sich an einem besonders saftigen Kleeblatt zu schaffen machte. Die weiblichen Kaninchen ließ er in Ruhe, da sie möglicherweise Junge versorgten.
Mit fließender Bewegung zog er einen gefiederten Pfeil aus dem Köcher, seine Fingerspitzen streiften sanft den glatten, hölzernen Schaft. Langsam spannte er die Sehne seines Bogens. Der vertraute Widerstand gab ihm Sicherheit, während er den Bogen hob und zielte. Die Welt um ihn herum wurde still, als das Kaninchen seine Bewegungen stoppte. In diesem Moment ließ er die Sehne los.
Mit einem leisen Zischen schoss der Pfeil durch die Luft und traf das Kaninchen. Es sprang auf, dann fiel es zuckend zu Boden. Nach wenigen Sekunden lag es still im Gras. Die übrigen Kaninchen sprangen in Panik davon.
Zufrieden mit seinem präzisen Schuss kletterte Azrael von dem Baum und näherte sich seiner Beute. Eine kleine Blutlache hatte sich um das erschossene Tier gebildet. Sanft hob er es auf, betrachtete es einen Moment und sprach leise: „Danke."
„Gut, das Training hat sich gelohnt." Azrael lächelte stolz, als er den Herztreffer des Kaninchens betrachtete. Fröhlich pfeifend machte er sich auf den Weg zu dem kleinen Fluss, um das Tier auszunehmen und zu häuten.
Der Fluss glänzte in der Abendsonne wie ein flüssiges Edelmetall. Das klare Wasser reflektierte die letzten goldenen Strahlen des Tages, und Azrael konnte mehrere Fische beobachten, die munter umher schwammen. Er ließ seine Gedanken schweifen, als er aus dem Augenwinkel etwas Bewegliches im Wasser entdeckte.
„Fast geschafft. Ich freue mich schon auf das Essen," murmelte er und fühlte, wie sein Magen knurrte. Doch plötzlich erstarrten seine Bewegungen. Der Baumstamm, der sich dem Fluss entlang bewegte, war kein gewöhnlicher Baumstamm.
„Mutter?" flüsterte er, seine Stimme ein kaum hörbares Zittern in der ruhigen Abendluft. Keine Antwort.
„Mutter?" rief er diesmal lauter, die Sorge in seiner Stimme deutlich hörbar. Panik ergriff ihn, und ohne zu zögern sprang er in das eisige Wasser. Der Schock des kalten Wassers ließ ihm kurz den Atem stocken, als ob kalte Nadeln in seine Haut stachen.
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Azrael und das Tor des Wahnsinns
FantasyEin einsamer Pfad, so endlos und weit Wahnsinn regiert, bis zur Endlichkeit Ein Nebel verschlingt Mit dem Hlauben er ringt. Seine Klauer gereckt, Nach dem Glauben gestreckt. Oblivion ruft Ein Gottes Schrei schnell eilt die Vergessenheit herbei. ...