Aufgeregt begann Azrael schnurstracks in Richtung der Stadt zu laufen, bis ihm sein äußeres Erscheinungsbild auffiel. Entnervt trottete er zurück zum Bach.
„Man, bin ich dumm oder was. Zumindest ein bisschen Nachdenken sollte ich, bevor ich etwas mache," tadelte er sich selbst. „Also noch mal duschen."
Das eisige Wasser bohrte sich wie kalte Nadeln in seine ungeschützte Haut. Ein Zischen entwich seinen blassen Lippen.
„Schau mal, da schwimmt jemand," erklang eine kindliche Stimme.
Erschrocken wandte sich Azrael dem Ausrufer zu. Drei Jungen, vermutlich in seinem Alter, standen auf der anderen Seite des Flusses.
„Ich kenne den gar nicht, wer ist das überhaupt?" rief ein Blondhaariger Junge, der sich durch sein Übergewicht deutlich von den anderen abhob.
„Ich frage mich, ob der seine Füße überhaupt noch sehen kann. Wie viel man wohl essen muss, um so auszusehen?" dachte Azrael verächtlich. Der Gedanke an den dicken Jungen, der offensichtlich Schwierigkeiten hatte, sich zu bewegen, erschien ihm fremd und unverständlich.
Er selbst hatte nie Probleme mit Fettleibigkeit. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es war, sich in einem solchen Körper einzuschränken. Azrael fühlte sich erst richtig lebendig, wenn er durch den Wald rannte, Steinmauern erklomm oder mit seinem Schwert übte. All das blieb dem dicken Jungen verwehrt.
Azrael hatte einen schlanken, aber muskulösen Körperbau. Seine Statur wirkte auf den ersten Blick wie die eines jungen Athleten, der seine Fitness und Kraft gezielt entwickelt hatte. Die Muskeln unter seiner Haut waren klar definiert, jedoch nicht übertrieben ausgeprägt. Sein Bauch war straff, die schmalen Hüften und der gut proportionierte Oberkörper zeigten die regelmäßige körperliche Anstrengung, die er in sein Training steckte. Auch die Arme und Beine trugen die Zeichen von anhaltender, harter Arbeit, doch sein Alter ließ keinen Platz für Übertreibungen.
Sein Gesicht war das eines entschlossenen jungen Mannes, jedoch trübten die Spuren der Vergangenheit sein Aussehen. Auf der linken Seite, wo normalerweise ein Auge sitzen sollte, war die Haut fahl und unregelmäßig. Der leere Augenhöhle, die durch ein festes Band verdeckt wurde, wirkte in Kombination mit seinem durchtrainierten Körper besonders markant. Trotz der Narbe, die in die Vertiefung des verlorenen Auges eingelassen war, strahlte er eine Art von unerschütterlichem Willen und Entschlossenheit aus, die jeden um ihn herum spüren konnte.
„Leon, hast du noch nicht von diesem neuen Verrückten gehört?" flüsterte ein hochgewachsener Junge. Mit seinen langen, dunkelbraunen Haaren und einem gepflegten Aussehen, das auf eine wohlhabende Familie hinwies, überragte er Azrael um fast einen ganzen Kopf. Sein Haar war in sanfte Locken frisiert, und seine feine Tunika, die edel und gut verziert war, unterstrich seinen aristokratischen Eindruck.
„Stimmt, meine Mutter hat, glaube ich, mal so etwas erwähnt," rief Leon spöttisch aus.
Fasziniert beobachtete Azrael, wie Leons Bauch bei jeder Bewegung mitwippte.
„Franz," sprach der dritte Junge den großen, braunhaarigen Jungen respektvoll an. „Sollen wir eine Runde Schiffe versenken spielen?" Spott und Aggressionen klangen in seiner Stimme mit.
„Der kleinste versteckt sich mit dem größten Ego hinter den Stärkeren," bemerkte Azrael desinteressiert.
Da er wichtigere Dinge zu erledigen hatte, wandte er sich von den Jungen ab, um das Wasser zu verlassen.
„Friedrich, Friedrich, du bist immer so ungeduldig," seufzte Franz, der Anführer der kleinen Gruppe, mit einem bedeutungsvollen Blick. „Der arme Junge muss ohnehin unter der ketzerischen Entscheidung seiner Eltern leiden. Du solltest doch ebenfalls über ihre frevelhaften Taten Bescheid wissen. Zeig etwas Taktgefühl."
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Azrael und das Tor des Wahnsinns
FantasyEin einsamer Pfad, so endlos und weit Wahnsinn regiert, bis zur Endlichkeit Ein Nebel verschlingt Mit dem Hlauben er ringt. Seine Klauer gereckt, Nach dem Glauben gestreckt. Oblivion ruft Ein Gottes Schrei schnell eilt die Vergessenheit herbei. ...