Hölle auf Erden

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Liam hatte sich drei Wecker gestellt um ja nicht zu verschlafen. Er war aber so aufgeregt, dass er schon hellwach in seinem Bett lag und auf das nervtötende Piepen seines Weckers wartete.
Seine Gedanken daran, ob seine Grundausbildung wirklich so schlimm werden würde, wie alle der älteren Cherubs behaupteten, wurde von einem schrillen Ton unterbrochen.

Schnell stand Liam auf ging ins Bad und genoss eine warme Dusche, mit dem Gedanken daran, dass es wohl seine letzte für eine lange Zeit war. Nach dem er im Bad fertig war, öffnete er seinen Kleiderschrank und nahm sich ein hellblaues Cherub-Shirt raus – die Farbe der Grundausbildung. Dieses sah aus als wäre es noch nie gewaschen worden und hatte Löcher an der Seite. Nachdem er in eine Hose im Militär Look geschlüpft war und seine Stiefel angezogen hatte machte er sich auf dem Weg zum Frühstück wo er sich mit Talita verabredet hatte.

Liam saß vor einem reichlich beladenen Teller, doch bekam kaum etwas runter vor lauter Aufregung. Talita, welche neben ihm saß, ging es genauso.
Die Beiden sind in den letzten zwei Wochen zu guten Freunden geworden.
Sie war eigentlich meistens fröhlich und temperamentvoll, aber wenn die anderen Kinder über ihre Vergangenheit sprachen, wurde sie ganz still und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Doch sie konnte auch ziemlich lustig sein und brachte Liam oft zum Lachen.
So als sie gestern beim Essen ihre Physiklehrerin Mrs Parker imitierte: „Ihr dürft den Roten Faden nicht verlieren! Physik ist keine Wissenschaft Physik ist Leeeeben!" da musste Liam so stark Lachen, dass der Orangensaft, der sich in seinem Mund befand, durch seine Nase schoss.
Daisy die ihm gegenüber saß fand das Ganze nicht so lustig, denn sie bekam die Ladung in ihr Gesicht, worauf sie wütend davon stapfte.

Doch nun war sie genau so still und angespannt wie er. So saßen sie Seite an Seite und warteten darauf, dass sich der Zeiger der Uhr bewegte.
Es kamen noch ein paar andere aus ihrer Gruppe zum Frühstück bis sie sich gemeinsam um halb fünf auf den Weg machten zum Trainingsgelände.

Draußen war es noch kühl, vor allem als sie die Abkürzung durch den Wald nahmen, doch der klare Himmel versprach, dass es ein heißer Tag werden würde.
Nach einem kurzen Marsch standen sie gemeinsam vor dem geöffneten Tor und Daisy hatte die Idee, dass sie alle nacheinander über die Schwelle des Tor hüpften und dabei riefen: Ich schaffe das!

Daisy machte es gleich voller Elan vor und die Anderen folgten ihrem Beispiel etwas gezwungen und nicht ganz so enthusiastisch wie sie es vorgemacht hatte.
Einmal hinter der Grenze angelangt gingen sie den Pfad entlang zu dem Trainingshäuschen.

Vor der Tür des Betonbaus, der das Ausbildungsgebäude darstellte, konnten sie schon einen mindestens zwei Meter hohen Mann erkennen. Muskelbepackt stand der Riese da ohne eine Regung zu zeigen.

„Aufstellen in Reih und Glied! Wir sind hier nicht auf einem Schulausflug! Das hier ist Krieg!", schrie er die Kinder mit einem deutschen Akzent an.
Sofort kippte die entspannte Stimmung die bisher geherrscht hatte und sie stellten sich vor ihren Trainer, nach den Zahlen auf ihren T-Shirts geordnet, auf.

Liam hatte die Zahl 9 und stand damit neben Talita mit der 8.
„Ich dachte wir würden zu 10 antreten?", zischte sie in seine Richtung. Wie aufs Wort lief ein Junge völlig außer Atem, den Kiesweg entlang, wo er schlitternd zum Rest der Gruppe stieß.
„Ich hab's geschafft, ich bin pünktlich", rief dieser lächelnd aus als er sich neben Liam einordnete.
„Pünktlich? PÜNKTLICH?! Es ist verdammt nochmal drei vor fünf!"
„Und wir sollten um fünf hier sein", erwiderte der Junge triumphierend, wo mit sich der Gesichtsausdruck des Trainers von verärgert zu blanker Abscheu wandelte.
„Pünktlichkeit ist fünf Minuten vor der Zeit, Soldat! Für diese freche Antwort haben sie ihrer Mannschaft 5 extra Runden ums Trainingsgelände eingebrockt."
„Aber...", wollte sich der Junge noch hinauswinden.
„Haben Sie es immer noch nicht verstanden?! Truppe, für die Wiederworte eures Kameraden Nummer 10 werdet ihr die Nacht im Freien verbringen! Und freut euch nicht zu früh, es wurde ein heftiges Gewitter gemeldet. Mal sehen wie viel morgen von euch noch übrig sind. Und jetzt lauft los! 15 Runden. Sofort!", erwiderte der Muskelbepackte Berg mit einem schiefen Lächeln.
„Aber Sir, wollen Sie sich nicht vorstellen und uns in Teams einteilen?", fragte Daisy etwas verwirrte.
„Nicht nötig Kleines, das kann bis morgen warten. Bis dahin wird sich eure Zahl ja schon vermindert haben", antwortete der Trainer arogant.

Top Secret - Der AngriffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt