Kapitel 1

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Ab jetzt werde ich alles, was zum Verständnis der Geschichte wichtig ist und in der Vergangenheit passiert ist, als Rückblick einbauen. Mir ist es zu langweilig, die ganze Vorgeschichte zu langweilig und ich wollte jetzt einfach mit der eigentlichen Geschichte anfangen.

~Sias Sicht ~

"PIIEEP, PIIEEP, PIIEEP" schallte es durch mein ganzes Zimmer. "Boah sei doch endlich still!", meckerte ich genervt als mein Wecker einfach nicht Ruhe geben wollte. Doch schließlich zwang ich mich aus meinem warmen Bett. Ich schlenderte zu meinem Kleiderschrank um mir meine Klamotten für den ersten Schultag in der 10. Klasse auszusuchen. Das ganze gestaltete sich nicht besonders schwer, denn ich trug grundsätzlich keine Farben und um mein Aussehen brauchte ich mir garnicht erst Gedanken zu machen- sie würden mich trotzdem auslachen und beschimpfen. Also nahm ich mir einfach ein weißes Top mit einem schwarzen Hemd und einer ebenso schwarzen Jeans aus dem Schrank. Nachdem ich fertig angezogen und meine Haare gekämmt waren warf ich einen Blick auf meinen Wecker. Dieser zeigte 6.43 an. Schnell lief ich die Treppen hinunter und in die Küche, wo ich schnell eine Banane aß. Danach holte ich meine Schultasche, packte etwas Geld für Essen ein und machte mich auf den Weg zur Schule, von dem ich jetzt schon wusste, dass er alles andere als angenehm sein würde.
Ich lief den kurzen Weg zur Bushaltestelle um dort in den bereits wartenden Bus einzusteigen. Dieser war wie erwartet leer, denn ich war diejenige, die den längsten Schulweg hatte, also würden die anderen erst im Laufe der Fahrt dazusteigen. Davor hatte ich schon jetzt Angst und so setzte ich mich ganz vorne in einer Ecke hin, in der Hoffnung unerkannt zu bleiben. Falls ihr euch jetzt fragt, warum ich mich nicht hinten hin setze- dort darf sich keiner aus unserer Schule hinsetzen. Diese Plätze waren für Hunter, dem Badboy der Schule und seine Gang reserviert. Hunter ist aber nicht sein richtiger Name, er verlange nur so genannt zu werden und jeder, der ihn bei seinem Richtigen Namen nannte, wurde kalt gemacht, auch die Lehrer. Seinen Gangmitgliedern hatte er ebenfalls andere Namen gegeben. So genau wusste ich diese allerdings nicht. Und das war auch gut so.
Nach vier Stationen stiegen bereits zwei der Gang ein. Schnell zog ich mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden. Sie liefen einfach an mir vorbei und ließen sich ganz hinten auf ihre Plätze fallen. Ich wusste, dass ich nurnoch zwei Stationen hatte, dann würde auch Hunter im Bus sein und das Gemobbe beginnen. Schon jetzt begann mein Herz schneller zu schlagen und die ganzen abschätzenden Blicke der anderen Schüler machten das nicht unbedingt besser. Als der Bus dann erneut hielt und die Türen aufgingen, verstummten alle im Bus wie auf Kommando und machten den Gang frei. Und dann stieg er ein. Sofort füllte er den ganzen Bus mit seinem Geruch nach Zigaretten und Aftershave. Zielstrebig lief er den gang entlang und ließ seinen Blick durch die Menge der Schüler gleiten, welche aus Angst vor ihm alle ihren Blick gesenkt hatten. Ich tat es ihnen gleich, erneut in der Hoffnung, er würde mich nicht bemerken. Doch ich hatte wie immer Pech. Ich merkte wie er vor mir stehen blieb, sofort umhüllte sein Duft mich. Ich war in einer Art Schockstarre und mein Herz begann zu rasen. Doch es setzte sofort aus, als ich etwas warmes an meinem Kinn spürte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich realisierte, dass es Hunters Finger war, der mich dazu zwang aufzublicken. Ich spürte all die Blicke der anderen Schüler auf mir, sie waren gespannt, was passieren würde. Als ich auf seine Berührung nicht reagierte, drückte er fester zu und hob meinen Kopf an. "Hallo Sia", begann er mit seiner unglaublich rauen Stimme zu sprechen. "Schau mich an, kleines", sagte er ruhig und jagte mir damit eine Gänsehaut über meinen Körper. Instinktiv wandte ich meinen Kopf ab, ich wusste dass ich seinem Befehl nicht folgen durfte. Keiner außer seine Gangmitgliedern und seinen Bitches (sorry für den Ausdruck) dürfen das. "Woran denkst du, süße?", holten mich seine Worte aus meinen Gedanken zurück. Ich antwortete, aus Angst, was falsches zu sagen, nicht. Eine Weile war es komplett Still und man konnte nur das Brummen des Busses, welcher bereits losgefahren war, hören. "ANTWORTE!", brüllte Hunter und ich zuckte zusammen. Sofort fingen alle an zu lachen. Doch als sie von Hunter warnende Blicke erhielten schwiegen sie. Er fing wieder an: "also, woran hast du gedacht?" Ohne aufzusehen nuschelte ich "ich habe gedacht dass ich nicht antworten sollte, weil jede meiner Antworten falsch sein könnte". "Habt ihr das gehört?", sprach Hunter laut zu den anderen, "sie denkt dass ihre Antwort falsch sein könnte". Ich spürte wieder seinen Blick auf mir. "Oh Sia Gruff, wie recht du damit hattest!", rief er belustigt. Ganz kurz schwebte die Hofdnung, dass er mich jetzt in Ruhe lassen würde in mir, wurde jedoch im nächsten Moment zerstört als ich eine starke Hand an meinem Hemdkragen spürte. Ich wurde von ihm auf die Beine gezogen und anschließend unsanft auf den Boden geschleudert. Ich stieß mir an etwas hartem meinen Kopf und kurz wurde mir schwarz vor Augen, irgendwo weit entfernt hörte ich schallendes Gelächter vieler Meschen. Als ich mich wieder gefasst und aufgerappelt hatte, liefen mir Tränen die Wangen herunter. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum immer ich das Opfer sein musste. "Heul nicht!", befahl mir Hunter und als ich erneut aufschluchzte wurde ich wieder auf den Boden geschubst. Aber anstatt aufzustehen zog ich nur meine Beine an meinen zitternden Körper heran und umschlang sie mit meinen dünnen armen. Ich weinte hemmungslos. Die Hoffnung auf Hilfe in solchen Momenten hatte ich bereits in der 5. Klasse aufgegeben. Endlich hielt der Bus vor unserer Schule an und die Schüler stiegen aus. Einige konnten sich einen Tritt oder Stoß gegen mich nicht verkneifen, um ihr Ego etwas zu stärken. Ich wusste, dass ich wieder einige blaue Flecken davontragen würde, doch das war meine kleinste Sorge. Denn ich wusste dass dies nur der Anfang eines grauenvollen Schultages gewesen ist und noch viele weitere dieser Art folgen würden.

Liebe kennt keine GrenzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt