Noch bevor ich aus dem Seitengässchen auf die durch Fackeln beleuchtete Hauptstraße treten konnte, hatte sich die Maestra bereits wieder gefangen. Eine Kugel aus weißem Licht bildete sich auf ihrer Handfläche und mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen schleuderte sie die geballte Magie dem Söldner entgegen.
Doch dieser wischte den Angriff mit einer beiläufigen Handbewegung beiseite und tat höhnisch grinsend einen Schritt nach vorne. >>Ich befürchte, so einfach wirst du mich nicht aufhalten können Kindchen. Bilde dir lieber nicht zu viel darauf ein, dass du dich gegen diesen Abschaum halten konntest.<< Der Söldner stieg achtlos über die Leiche des Laharaners und war nun fast in Schlagweite.
Tiefblaues Licht umhüllte seine Gestalt und schien ihm aus allen Poren zu dringen. Falls er die Maestra nun treffen würde, wäre es um sie geschehen. Es war zwar lange her, dass ich mit solcher Seelenmagie zu tun gehabt hatte, doch ich wusste noch in Grundzügen wie sie funktionierte. Ich wechselte auf die zweite Ebene. Nun konnte ich die Fäden aus Magie erkennen die der Söldner um sich gewoben hatte. Es war zweifellos eine sehr alte und mächtige Magie, der der Maestra um Welten voraus. Doch je mächtiger ein Zauber war, desto instabiler war er auch und schon die kleinste Störung konnte fatal sein.
Ich weitete meinen Geist und durchtrennte einen der Fäden, die den letzten Söldner umgaben, doch dieser reagierte weitaus schneller als ich es für möglich gehalten hatte. Kaum, dass er meinen Eingriff bemerkt hatte, schleuderte er mir einen Blitz aus fahlen Schatten entgegen, der mich nur verfehlte, da ich mich geistesgegenwärtig zu Boden geworfen hatte.
Das Ergebnis war, dass ich nun in Denkbar ungünstiger Position im Staub der Straße lag.
Götter, war ich aus der Übung. Der Söldner musterte mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Wut. >>Was...<<, setzte er an, doch eher er seinen Satz zu Ende bringen konnte, traf ihn ein weiterer Angriff der Maestra mit voller Wucht in den Rücken. Von der Druckwelle erfasst, wurde ich gegen die nächstgelegene Hauswand geschleudert und landete, schon wieder, auf allen Vieren im Staub. Klasse. Wenn das so weiter ging, würde ich meinen erst vor kurzem gekauften Umhang schon wieder ersetzen dürfen. Fluchend erhob ich mich und lehnte mich gegen einen nun schiefen Hauseingang.
Ich hatte gehofft, dass der Angriff der Maestra dem Söldner wenigstens etwas Schaden zu gefügt hatte, doch nach einem kurzen Blick war mir klar, dass genau das Gegenteil der Fall war. Seinem wutentbrannten Gesichtsausdruck nach, würde uns demnächst eine äußerst unangenehme Überraschung erwarten. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst, doch in diesem Moment trat der Erzmagier in Erscheinung.
Schlagartig wurde mir bewusst wie die Szene wirken musste. Auf der einen Seite drei tote Söldner, ein Seelenmagier und meine Wenigkeit und auf der anderen die blutende, adelige Maestra. Die Reaktion des Erzmagiers war offensichtlich. Ohne großes Zögern schickte er eine Welle, alles auf ihrem Weg zermalmender Magie los, die nur die Maestra aussparte und sich nun unaufhaltsam auf mich und den Söldner zubewegte.
Dieser tat das einzig vernünftige und verschwand als dunkler Schatten in der Nacht. Da ich in meinem momentanen Zustand auf solch nützliche Tricks leider verzichten musste, blieb mir nichts anderes übrig als meine Beine in die Hand zu nehmen, in die nächstbeste Gasse zu stürzen und mein Heil in der Flucht zu suchen. Versteht mich nicht falsch, ich hätte durchaus etwas gegen den Erzmagier unternehmen können, doch leider wäre dann das ganze Pack erschienen und auf dieses Magiergeschmeiß konnte ich im Moment sehr gut verzichten.
Stattdessen nahm ich die Verfolgung des Seelenmagiers auf. Er hatte seine Aura zwar gut verborgen, dennoch gelang es mir relativ schnell ihn ausfindig zu machen. Wie ich bereits vermutet hatte, wartete er bereits auf mich. >>Seid gegrüßt, Seelenfänger<<, eröffnete ich das Gespräch, >>So leid es mir tut, ich kann euch nicht Gestatten der Maestra weiteres Leid zu zufügen.<< Mein gegenüber lachte leise auf. >>Ihr wisst also was ich bin und doch verfolgt ihr mich. Interessant.<<, erwiderte er.
>>Leider ist es mir nicht gestattet, von ihr abzulassen, dass versteht ihr doch oder?<< Traurig nickte ich. Also würde ich nicht um einen Kampf herumkommen. Fast tat es mir ein wenig leid, denn es gab auf der gesamten Welt wohl nur noch eine Hand voll Seelenfänger. Für weitere Gedanken blieb mir jedoch keine Zeit, denn das Netz, welches vorhin die beiden Söldner so leicht vernichtet hatte, schoss nun auf mich zu.
Etwas zerrte tief in mir an meiner Seele, wollte sie aus meinem Körper reißen und nichts als eine tote Hülle zurücklassen. Doch ich hatte nicht vor mich heute von ihr zu trennen. Mein Geist schloss sich nun ebenfalls um das Netz und Stück für Stück begann ich es zu zerreißen. Mit einem Mal zog es sich jedoch ruckartig aus mir zurück.
Verwundert blickte ich auf. Im Gesicht des Seelenfängers spiegelte sich blankes Entsetzten, welches jedoch kurz darauf in endlose Erleichterung umschlug.
>>Es gibt also doch noch einen letzten. Es gibt noch Hoffnung.<< Der Seelenfänger verbeugte sich tief. >>Seid unbesorgt. Ich werde euch und die euren nicht weiter behelligen, Seelenreißer.<<
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Seelenreißer
FantasySieben Leben, sieben Seelen, für die Ewigkeit. Der Preis der gezahlt werden musste, um der Auslöschung zu entgehen. Doch nun, nur 70 Jahre später, regt sich das uralte Böse wieder und startet erneut seinen schier unaufhaltsamen Vernichtungsfeldzug...