Kapitel 2

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"Aua", war das Erste was ich denken konnte als ich wieder zu Sinnen kam. Ersteinmal musste ich blinzeln. Ein helles, fast schon unnormal weißes Licht blendet mich. Als ich meine Augen wieder normal offen halten konnte, sah ich mich um. Ich befand mich in einem sterilen Zimmer, ganz in weiß, auf einer Matratze, von einem leichten Tuch bedeckt. Ich setzte mich auf und versuchte auf zu stehen, doch als ich merkte wie schwindlig mir noch war und dass mir alles unheimlich weh tat, vergaß ich die Idee ganz schnell wieder. Ich suchte in meinem Kopf nach einer Erinnerung, nach einer Erklärung, doch da war nur noch die Hand die sich auf meinen Mund gedrückt hatte.

Mir wurde schnell langweilig in dem kleinen Raum, bis ich plötzlich ein Geräusch hörte. Es waren Schritte. Da war ich mir ganz sicher. Und sie kamen näher. Ich konnte das Klacken von hochhackigen Frauenschuhen erkennen. Als die Schritte immer näher kamen, hielt ich unbewusst die Luft an, da ich die Spannung kaum noch aushielt. "Wer war das?" "Kannte ich die Person womöglich sogar?" "Was würde sie mit mir tun?". Das Klirren eines Schlüssels ertönte und schon war die Tür offen. Eine Frau trat ein und ich konnte es im ersten Moment gar nicht glauben. Sie war das wunderschönste Geschöpf, dass ich jemals gesehen hatte. Sie trug ein Kostüm, das aus einer weißen Bluse, einem Blazer und einem enganliegendem Rock bestand. Sie hatte blonde Haare, die man hochgesteckt hatte, aber aus der Frisur hatten sich schon wieder ein paar Strähnen gelöst, welche ihr Gesicht umrahmten. Da sie nur knapp zwei Meter von mir entfernt stand konnte ich sogar ihre karibik-blauen Augen erkennen. Ich war überwältigt. Sie öffnete den perfekt geschminkten Mund und begann zu reden:

"Travis Summerfield. Würden sie mir bitte folgen."

Und schon machte sie kehrt und verschwand wieder durch die Tür.

"Eigentlich hab ich garkeinen Grund, ihr zu folgen", dachte ich mir, doch dennoch wollte ich ihr aus Neugier hinterher (Und vielleicht auch um einen verstohlenen Blick auf ihr Hinterteil zu werfen). Ich stand auf, wobei ich bemerkte, dass mir kaum noch schwindlig war. Was mir jetzt erst auffiel, war, dass ich nicht mehr meine normalen Klamotten trug, sondern dass sie durch weiße krankenhausähnliche eingetauscht worden waren. Dennoch war mir das jetzt egal und ich trat aus der Tür.

Von dorf aus gab es drei Gänge die aussahen wie in einem Labyrinth. Ich nahm den Linken, da ich an dessen Ende die Frau erkennen konnte die vorher in meinem Zimmer war. Ich beeilte mich und schloss nach wenigen Sekunden zu ihr auf. Nach einer Ewigkeit, wie es mir vor kam, blieb sie vor einer großen Doppeltür stehen. Auf dem ganzen Weg war uns niemand begegnet, weshalb es mich verwunderte, dass vor der Tür zwei Wachen standen. Sie nickten der Frau zu, doch würdigten mich keines Blickes. Vielleicht war das auch besser so, denn ich denke mit den Beiden war nicht zu spaßen. Wie von Zauberhand öffneten sich die Türen nach außen und die Frau setzte sich in Bewegung. Sie ging mit raschen Schritten in den Raum, wobei ich ihr unsicher folgte. Innerhalb von kürzester Zeit war ich nun schon zum zweiten mal völlig überwältigt. Ich stand in der Mitte von abertausend Büchern, die sich in riesigen Regalen befanden, welche bis unter die Decke reichten. Es befanden sich riesige Fenster gegenüber von mir, durch welche ich aber nichts erkennen konnte, da sie von milchigen Vorhängen verdeckt waren. Das Herzstück des Zimmers bildete ein großer Schreibtisch aus Mahagoniholz. Hinter dem Schreibtisch war ein Stuhl, der dem Fenster zugewandt war. Das alles hatte etwas magisches, war aber keineswegs altmodisch. Die beiden Wachen die noch in dem Raum gewesen waren verließen ihn hastig als sie die Frau erblickten. Sie schein jemand wichtiges zu sein. Sie begann zu sprechen, doch ich wusste nicht was es bedeuten sollte.

"Wandler Nummer 737. Knapp 400 Nächte. 17 aus Willington, Connecticut. Keine Auffälligkeiten. Schlief ca sieben Stunden. Erholung läuft positiv. Was soll mit ihm geschehen, Vater?"

Da drehte sich der Stuhl um...

...Und gab den Blick auf einen Mann frei. Die Bezeichnung 'Mann' war wohl untertrieben, denn er sah selbst sitzend so hoheitsvoll aus, dass ich mich fast verbeugt hätte. Genau so stellte ich mir einen Gott vor. Er war groß, mittleren Alters, hatte einen leicht gebräunter Teint, schon fast komplett graue Haare, kaum Falten und trug ein Hemd und eine Jeans, die sicher nicht allzu billig waren. Und diese Augen, die eine Macht, ein Licht und eine Wärme ausstrahlten als wären sie die Sonne höchstpersönlich. Ich konnte nur noch staunen. Der Mann stand auf, mit einer Eleganz auf die Elfen mit Sicherheit neidisch wären, und umrundete den Schreibtisch. Er ging auf uns zu und wanderte einmal langsam um mich herum und beäugte mich mit einem kritischen Blick. Ich hielt die Luft an und dachte nur "Bitte tun sie mir nicht weh".

Als der Mann wieder von mir wegtrat war ich wirklich erleichtert und stieß die Luft wieder aus. Dann begann der Mann mit einer tiefen, melodischen Stimme zu reden:

"Bring ihn zum Doktor, Camille. Ich will nicht, dass das Pulver Schäden hinterlässt. Und danach zeigst du ihm sein Zimmer und erzählst ihm das Nötigste. Aber wirklich nur das Nötigste!"

Bei seinen letzten Worten sah er die Frau eindringlich an. Sie nickte kurz und sagte mit einer etwas bedrückten Stimme: "Verstanden, Vater."

Sie machte kehrt und die Türen öffneten sich wieder von ganz alleine. Einen kurzen Moment blieb ich noch unentschlossen stehen, doch dann folgte ich ihr. Wir nahmen nun den Weg, der gerade aus von dem bibliothekartigem Zimmer weg führte. Nun begegneten uns schon mehrere Personen, wobei alle Platz machten und der Frau, Camille, zu nickten. Unser Weg führte uns sogar einmal nach draußen, doch dort gab es nicht viel zusehen. Es war nur eine parkähnliche Grünfläche mit ein paar Bänken und Bäumen und einem Brunnen in der Mitte, der dem auf Willingtons Marktplatz sehr stark glich. Das Grau des Himmels glich dem über meinem Heimatsdörfchen, weswegen ich davon ausging, dass wir nicht weit davon entfernt sein konnten. Wir betraten nun abermals ein Gebäude, aber ich wusste schon aufgrund dessen Fassade, dass es innen vollkommen anders aussehen würde, als das, aus dem ich gerade kam. Als wir durch das große Tor schritten, das zu dem beeindruckendem Palast gehörte, umfing uns auch schon ein weiches, goldenes Licht. Dieses kam von den großen Kronleuchtern die von der Decke hingen. Auch hier gab es riesige Fenster und überall wo keine waren, befanden sich Gemälde von wunderschönen Landschaften oder riesige Bücheregale. Hier tummelten sich einige dutzend Menschen, welche aber aufgrund der Größe der Halle nicht viele erschienen. Sie waren alle sehr einheitlich gekleidet, ungefähr in meinem Alter und, wie ich bemerken musste, ausnahmslos sehr hübsch. Aber nach ein paar Sekunden des Angaffens, wandten sich die Jugendlichen wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu. Ich ging davon aus, dass es Schüler waren.

"Mr Summerfield. Würden sie sich bitte etwas beeilen? Unsere Schule zeige ich ihnen später."

Ich hatte noch immer keine Ahnung, was hier geschah und was ich hier tun sollte, denn ich fühlte mich eindeutig Fehl am Platz.

Alle diese Menschen und Gebäude waren so perfekt, dass sie unwirklich schienen. Das musste es sein! Ich musste wieder mal einen meiner überaus realistischen Träume haben. Aus dieser Ekenntnis schöpfte ich neuen Mut und ging nun schon etwas selbstbewusster hinter Camille her.

Wir verließen die Schule wieder und befanden uns nun auf einem Gehweg, der denen in einer Stadt ähnelte. Es war hier sehr ruhig und ich konnte wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich formte, während wir den rechten Weg einschlugen, eine Frage in meinem Kopf und sprach sie nach einer Weile auch laut aus.

"Entschuldigung Madame, ist das hier ein Traum?"

Die Frau blickte mich verdutzt an. Damit hatte sie nicht gerechnet.

"Nein. Das hier ist echt, aber nur für die, die es wissen. Es ist schwer für normale Menschen unsere Welt zu begreifen. Komm, Travis, ich bringe dich schnell zum Arzt um nach dem Silber zu sehen. Danach kann ich dir alles erklären"

Welche Welt? Welches Silber? Ich war verwirrt... Aber ich vertraute der Frau, selbst wenn ich den Grund nicht kannte.

Der Arzt bei dem wir nach 10 Minuten ankamen, stellte sich als großer, blonder, blauäugiger mürrischer Mann Mitte 30 heraus. Er begrüßte mich nicht einmal, sondern warf mir nur einen abschätzigen Blick zu. "Na danke...". Untersucht wurde ich mit einigen komischen Geräten, die ich noch nie im Leben gesehen hatte. Aber es schmerzte nicht, weswegen ich der Behandlung keine größere Rolle zumaß. Camille besprach noch einige Worte mit dem Arzt, doch ich verstand mal wieder kein Wort... immer das Selbe!

Als alles geregelt war machten wir uns wieder auf den Weg zurück zur Schule. Dort ging Camille zu einer Art Rezeption an der sie noch mit einer Frau sprach, welche mich immer wieder mit einem freundlichen und mitleidigem Blick anschaute. Warum waren die ganzen Leute hier so komisch?

Wir wanderten nun schon zum zweiten Mal an dem Tag durch eng verwundene und verschlungene Gänge, bis wir schließlich vor dem Zimmer mit der Nummer 222 stehen blieben.

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Hat ein wenig gedauert, tut mir Leid :3 ich hoffe es gefällt euch trotzdem!

Nichts ist jemals so einfach wie es scheintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt