13. Kapitel

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„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“ so fing der Politiker an.

„Nochmals Danke für euer Vertrauen. Wir haben es uns nicht einfach gemacht, aber uns ist auch in den letzten Wochen einiges klar geworden.

Keiner, ich wiederhole – keiner braucht Angst zu haben, dass euch etwas weggenommen wird. In den Tagen unserer Verhandlungen haben einige Erwachsene, aber auch schon Schüler sich gegenseitig angefeindet und eine Verteilung von Kapital und Macht gefordert. Das kann und darf nicht unser Ziel sein. So bekommen wir keinen Frieden und keine Gerechtigkeit.

In Gesprächen mit Freunden und auch mit meiner eigenen Familie konnte ich feststellen, dass es doch mehr Personen gibt, die es ablehnen ihr sauer verdientes Geld zu teilen und mit viel Mühe aufgebautes Vertrauen und – na ja, nenne ich es mal Macht und Einfluss – abzugeben.

Die, die uns gewählt haben, haben natürlich nun eine Erwartung. Auch wir haben diese und wollen zukünftig nicht so weiter machen, wie es bisher war.

Aber ehrlich gesagt, nun, da wir Verantwortung haben und alle hier im Land vertreten sollen – alle heißt auch die, die uns nicht gewählt haben – fällt es uns schwer diesen Schritt zu gehen.

Macht heißt auch Verantwortung. Wenn wir Änderungen vornehmen, heißt es auch, die Verantwortung dafür und für deren Folgen übernehmen. Bei unseren Gesprächen in den letzten Tagen wollten viele meiner Parteifreunde zwar die Macht, aber keine Verantwortung übernehmen. Vor drei Tagen habe ich dann beschlossen, dass es das eine ohne das andere nicht geben kann. Einige meiner Parteifreunde, die mit in der Regierung sitzen wollten, habe ich entlassen müssen. Sie waren nicht fähig diese zukünftige Aufgabe gerecht zu vertreten.  Weiterhin habe ich festgestellt, dass sich schon einige auf den erreichen Ergebnis ausruhen wollten, ich aber sollte die Arbeit machen, ich sollte die verantwortliche Umsetzung euch aufzeigen und beibringen. Das kann und darf nicht sein. Hier wurde deutlich, dass eine Änderung, so wie wir es vor der Wahl vorhatten, niemals durchsetzbar ist. Somit, liebe Freunde, habe ich mich mit einigen Kollegen der bisherigen Regierung getroffen und beratschlagt, wie unser Land anders als bisher, aber gerecht für alle geführt werden kann.

Nun, da bin ich zuversichtlich, habe ich ein Programm in der Hand, mit dem es uns gelingen wird.“

Dann holte der neue Regierungschef fünf zusammengeheftete Blätter aus einer Kiste und legte diese auf den Rednerpult.

„Dies ist das Programm unserer Zukunft. Hier in der Kiste ist für jeden von Ihnen, für jeden Reporter in unserer Pressekonferenz, ein Exemplar.

Morgen werden wir, das sind fünf Personen von uns und 3 Personen der alten Regierung, die neue Regierung stellen.

Auch wird in jeder Schule, in jedem Betrieb dieses neue Programm zum Lesen ausliegen. Natürlich können auch alle auf unserer Homepage die sich sofort herunterladen und direkt lesen.“

Dann hörte der neue Regierungschef auf zu reden und musste noch einige Fragen beantworten.

Vater schaltete sofort den Computer ein und lud sich das neue Regierungsprogramm herunter.

Hier war zu lesen:

Alle Menschen sind Gleich und verdienen gegenseitigen Respekt, unabhängig ihrer Hautfarbe, Religion, oder Meinung.

Alle, die arbeiten verdienen mindestens einen bestimmten Stundensatz, unabhängig ihrer Ausbildung und Arbeit, damit keiner ausgebeutet wird.

Leistung muss belohnt werden. So verdienen, die, die mehr arbeiten und mehr Verantwortung übernehmen auch mehr, als die, mit geringerer Leistung.

Die, die keine Arbeit finden, haben die Möglichkeit einen anderen Beruf zu erlernen. Die Umschulung wird bezahlt. Die, die auch danach keine Arbeit finden, erhalten für maximal ein Jahr eine Unterstützung, die unter dem Mindestlohn liegt. Danach wird die Unterstützung auf 50% zurück gefahren. Natürlich haben alle die Möglichkeit mit Jobs ihr Einkommen aufzubessern. Damit wird jedem die Möglichkeit gegeben, sich an der Allgemeinheit zu beteiligen, die ihn ja unterstützen.

Alle können bei Krankheit zum Arzt. Es gibt nur eine Krankenkasse und keine Besserstellung, oder Schlechterstellung. Wer mehr Leistung haben möchte, der kann zusätzliche Versicherungen abschließen.

Es gibt keine steuerlichen Vorteile für die Bevölkerung. Das Einkommen, egal woher, wird nach einer neuen und geringeren Steuertabelle besteuert. Ohne Ausnahmen.

Kindergärten sind für alle Kinder kostenfrei und die Gruppen dürfen höchstens 15 Kinder groß sein. Die Ausbildung der Kindergärtner/innen wird verbessert. Alle Studenten zahlen eine Gebühr, können aber auch im Gegenzug einen Kredit vom Staat erhalten, der dann zurückgezahlt wird, wenn das erste Einkommen fließt.

Das Militär wird reduziert, dafür wird die Polizei als Bürgeransprechpartner ausgebaut und vergrößert. So kann sich jeder bei Fragen und notwendiger Hilfe an eine solche Person richten.

Und dann waren noch ein paar andere Punkte im Programm, die zeigten, dass sich endlich etwas in unserem Land tut.

Vater war beruhigt und lachte.

„Eine Partei mit so einem Programm hätte sofort die Wahl hochhaus gewonnen. Toll, was die daraus gemacht haben. Warum nicht gleich so?“

Auch ich war zufrieden, genauso, wie die vielen, die im Fernsehen nun zusehen waren und auf Straßen und Plätzen Interviews gaben.

Zufrieden ging ich ins Bett.

Wie konnte es sein, dass es zu einer solchen Wende kam?

Haben hier die Dunklen, oder die Unentschlossenen Einfluss genommen?

Dann schlief ich ein und wünschte mir meine Fragen an die Geister stellen zu können.

Der alte BahnhofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt