Als Argon Widnisev an diesen Morgen noch vor Sonnengrauen seine Familie und die Wohnung verlies, wusste er nicht, dass er diese lange nicht wieder sehen würde. Sonst hätte er sich von allen verabschiedet, doch so schlich er aus dem Haus, als noch alle schliefen.
Die Stadt in der er wohnte wurde von allen nur Qualmstadt genannt, Grund waren die unzähligen Fabrikschlote, die bei Windstille den ganzen Himmel über der Stadt verdunkelten. Qualmstadt war das neue Industriezentrum vom Empire. Hier lagen die modernen Metallwerke direkt nebeneinander um Fahrtwege zu sparen. Aus Erz wurde hier Eisen und Stahl gebrannt und gleich in den nächsten Hallen weiterverarbeitet zu großen Maschinen, die überall im Empire gebraucht wurden. Die Arbeiterstadt hatte man direkt neben dem Industriezentrum errichtet und unzählige Menschen fanden dort Arbeit.
Der vierzehnjährige Junge musste wie alle anderen in seinem Alter ebenfalls zur Arbeit. Allerdings hatte er das Glück nicht viel viele anderen in Kohlenbergwerk arbeiten zu müssen, er war Mechaniker in einer Luftschiffwerft. Auch wenn er dort sich ebenfalls durch Gänge quetschen musste, die für jeden Erwachsenen zu eng waren, hatte er fast angenehme Luft. Da er kleiner und schwächer war als seine Altersgenossen und außerdem geschickt mit den Fingern, hatte man ihn zu dieser Arbeit heran gezogen und ihm blieb das Bergwerk verschont. Ein weiterer Vorteil war, dass er, wenn er so früh begann mit der Arbeit Zeit hatte im Laufe des Tages für ein paar Stunden die Schule zu besuchen. Natürlich nur den halben Vormittag aber Argon war stolz schon Dienstanweisungen und Schilder in der Werft einigermaßen lesen zu können. Er hoffte, dass er als richtiger Mechaniker übernommen werden würde, denn so langsam setzte, wenn auch für sein Alter etwas verspätet, das typische Größenwachstum ein und bald würden Kleinere als er selbst durch die engen Schächte klettern müssen.
Dies war der Grund, warum er noch vor dem ersten Hahnenschrei sich auf den Weg durch die noch fast leeren Kopfsteinpflasterstraßen machte. Die Qualmstadt in der er lebte war eine reine Arbeiterstadt, trostlose Mietskasernen aus ehemals roten Backstein reihten sich aneinander, in denen sich mehrere Familien wie, die von Argon, ein Zimmer teilten. Es war nicht unüblich, dass auf ein Zimmer fünf bis zehn Leute lebten. Dem entsprechend selten hielt sich der Junge zuhause auf. Er war, wenn er denn mal Zeit hatte, auf diesen Straßen unterwegs. Doch in der Nacht sah es fast schon gespenstisch aus. Der Ruß der unzähligen Fabrikschlote hatte sich schwarz auf den Mauern nieder gelassen, so dass die Häuser fast ausnahmslos schwarz waren und schwach flackernde Gaslaternen gab es nur an Straßenkreuzungen oder auf der Hauptstraße. Es waren um diese Uhrzeit auch noch kaum Menschen unterwegs, so dass man das Gefühl bekommen konnte, durch eine Geisterstadt zu laufen. Selbst Argon, der dies eigentlich gewöhnt sein musste, lief jedes Mal ein kühler Schauer über den Rücken, wenn er zur Arbeit ging.
Zügig lief er zu der Ecke, wo sich die Arbeiter für die Luftschiffwerft sammelten. Argon war einer der ersten die sich unter der flackernden Gaslaterne versammelten, denn sein Vorarbeiter Bernd bestand auf Pünktlichkeit. Dieser, ein ungewöhnlich dicker Mechaniker hatte die Aufsicht über Argon im Werk und achtet stets drauf, dass der Junge alles richtig machte und dazu gehörte neben ordentlicher Arbeitskleidung auch Pünktlichkeit. Als Argon Bernd sah, zog er seine Mütze von seinen blonden Kopf, nickte er den Anwesenden zu und grüßte freundlich. Bernd grüßte zurück und schaute prüfend auf eine Taschenuhr, die er immer bei sich trug. Dieses silbern glänzende Kleinod war sicher das Wertvollste das der Vorarbeiter besaß, so vermutete zumindest Argon. Als sich Bernd davon überzeugt hatte, dass der Junge rechtzeitig da war, nickte er anerkennend. Eigentlich war es überflüssig auf die Uhr zu schauen, denn wer nicht pünktlich kam, würde den Wagen zur Luftschiffwerft verpassen und musste zu Fuß gehen und das war unter einer Stunde Fußmarsch nicht zu schaffen.
Die Kutsche war vom Werk aus organisiert und brachte alle Arbeiter an ihrer Arbeitsstelle. Es dauerte auch nicht lange, da war eben diese Kutsche am Treffpunkt. In der Zwischenzeit hatten sich etwa 35 bis 40 Leute eingefunden, die alle auf der Ladefläche Platz finden mussten. Argon kannte den Kutscher gut, weswegen er Platz auf dem Kutschbock, den einzigen Sitzplatz, nehmen konnte. Alle anderen mussten während der Fahrt stehend zubringen. Aber besser eine halbe Stunde auf einen offenen Pferdewagen stehen, als den selben Weg laufend zurück legen zu müssen. Pünktlich vor Werksbeginn hielt der Wagen vor dem gewaltigen Gebäude der Howgen-Luftschiffwerft. Die Werft sah aus wie ein Stallgebäude mit einem tonnenförmigen Dach, nur etwazehnmal größer. Größer als die Mietskasernen in der Stadt, größer gar als die Kirche oder das Rathaus im Stadtzentrum. Eine Stahlkonstruktion hielt die einfachen, hölzernen Wände, welche das neu zu bauende Luftschiff vor Wind und Wetter schützen sollten. Vorne und Hinten hatte die Werft große Tore, welche fast über die ganze Wand reichten. Argon hatte erst zweimal erlebt, wie sich diese Tore öffneten und ein fertig gestelltes Luftschiff heraus gezogen wurdeum dann majestätisch in den Himmel aufzusteigen. Ein faszinierender Anblick, dener nie wieder vergessen würde und er träumte davon, einmal mit so einem Luftschiff mit zu reisen.
DU LIEST GERADE
Der versunkene Kontinent Ataris
AdventureIn einer Welt, in der Dampfmaschienen noch das tägliche Bild prägen und Ruß und Qualm aus ganzen Wäldern von Fabrigschloten steigt, in einer Welt, in der Luftschiffe dabei sind, der traditionellen Hochseeschiffen den Hoheit zu stehlen hat es das Emp...