Er sah ihr tief in die Augen, bevor seine Lippen an ihrem Hals saugten und tastende Finger über ihren Körper fuhren. Sie stöhnte auf und vergrub ihre Hände in seinen Haaren.
Er atmete ein vernuscheltes 'Ich liebe dich' gegen ihren Nacken, bevor seine Küsse weiter ihren Körper hinab führten. Als er ihren empfindlichen Punkt fand, schrie sie auf und wölbte ihm ihr Becken entgegen. Sie konnte sich noch genau an den Abend erinnern, an dem sie ihn richtig kennengelernt hatte; er hatte einen schlichten schwarzen Sweater von Nike und einfache blaue Jeans getragen, die sich in der Menge verloren. Es war eine große Feier im besten Nachtclub der Stadt und er war mit seinen Freunden dort gewesen. Trotz den vielen Menschen hatte sie ihn direkt erkannt. Seine Freundin war nicht dabei gewesen. Auf der Tanzfläche hatten sie sich zufälligerweise mit einander zum Rhythmus der Musik bewegt; er war ein guter Tänzer, ein verdammt guter und so hatte es sie auch nicht gewundert, dass sie die restliche Nacht in seiner Wohnung verbracht hatten. Sie war erstaunt gewesen, als sie - bevor sie miteinander geschlafen hatten - erfuhr, dass er mit seiner Freundin Schluss gemacht hatte.
Gerade als sie ihren Höhepunkt hatte, flog die Tür auf und seine Ex-Freundin kam herein. Mit einem Mal verharrten alle drei in ihren Bewegungen und es war bis auf ihren letzten Schrei vollkommen still. Es war furchtbar unangenehm, selbst wenn sie nur seine Ex-Freundin war.
Wahrscheinlich wäre es egal gewesen, wer herein gekommen wäre, es wäre so oder so peinlich geworden. Sie war die erste die sich wieder bewegte; sie zog die Decke enger um sich und sah seine Ex-Freundin mit Tomatenroten Wangen an. Und mit einem Mal, schien seine Ex-Freundin zu explodieren; wie eine Atombombe, die alles im Umkreis von dreißig Kilometern in den Tod riss.
Seine Ex-Freundin schrie, zog ihnen die Decke weg, während er versuchte zu erklären, es wäre nicht das, wonach es aussehe, doch seine, anscheinend wohl eher vermeintliche, Ex-Freundin bezeichnete sie als Hure, schrie und zeterte. Und sie saß einfach da, einen kleinen Moment, als wäre die Zeit stehen geblieben. Wie betäubt, zog sie sich einfach ihren Pullover an, dann ihre Unterhose. Gefolgt von Jeans und Socken. Zuletzt in die Schuhe und ihre Jacke. Das alles während seine Doch-Nicht-Ex-Freundin und er sich stritten. Mittlerweile trug er seine Boxershorts und ein T-Shirt. Gerade als sie sein Zimmer so weit es geht unbemerkt verlassen wollte, zog ihr jemand an den Haaren. Sie fuhr herum und schlug die Hand weg. Sie hatte sich von ihm verarschen lassen, das hatte sie während dem Gespräch erkannt. Spätestens, als sie zu ihm gesagt hatte, er hätte ihr geschworen immer treu zu bleiben. Als sie seiner (nun wirklichen) Ex-Freundin in die Augen sah, war sie zu tiefst beschämt, doch wagte es sich nicht sich bei ihr zu entschuldigen; sie war es ihr nicht schuldig - sie hatte ihn extra gefragt, ob er noch mit ihr zusammen war, bevor sie zugestimmt hatte mit zu ihm zu gehen.
Und so schnaubte sie wütend, dass sie sie nicht anfassen solle. Er war mit einem Mal still, als hätte seine Ex-Freundin ihn kastriert und er würde immer noch innerlich schreien. Gerade als sie nach der Türklinke griff, hörte sie wie er sich bei ihr entschuldigte. Sie ballte die Hände, die noch vor wenigen Minuten in seinen Haaren verfangen waren, zu Fäusten und sah ihm in die Augen.
Einen unglaublich langen Moment, war es still. Sie hätte wissen sollen, dass man sich nicht auf jemanden wie ihn einlassen sollte. Er war ein Kleinstadtjunge - die wussten es doch nicht besser; bis auf mehrere Mädchen auf einmal zu haben, gab es nichts für Typen wie ihn. Und trotzdem hatte sie sich auf ihn eingelassen, wie dumm sie doch gewesen war. Anders, hatte sie gedacht, der ist anders als die anderen. Mit dem könnte ich von hier fortgehen, hatte sie sich gewünscht. Doch letzten Endes, waren ihre Hoffnungen wie das Lattenrost zerbrochen worden. Ihre Wangen brannten, vor Wut und Scham. Und mit einem Mal stand sie vor dem Bett auf dessen Kante er noch immer saß und zeigte mit dem Zeigefinger auf ihn, so wie ihre Mutter es früher bei ihr getan hatte, wenn sie etwas angestellt hatte. Und dann fing sie an, warf ihm die Dinge an den Kopf, die er ihr in den letzten drei Monaten versprochen hatte, erinnerte ihn an jede Nacht und jede seiner Lügen. Es gab einen kleinen Moment, wo er versuchte sie zu unterbrechen, doch als sie ihre Stimme erhob, da verstummte er.
Sie sagte, dass er ihr leid tue. Dass er keine Ahnung von der richtigen Welt habe. Und das er niemals aus dieser Stadt fortgehen würde. Denn er war ein Kleinstadtjunge, der groß träumte, doch nichts erreichte; einer der immer sagte, aber nie machte. Er hätte sie nicht so wütend machen sollen, er hätte sie beide nicht verletzen sollen. Denn er war ein Kleinstadtjunge, der auf Kosten seiner Eltern lebte. Und wenn er noch so viele Frauen vögeln würde. Denn er war nur ein Kleinstadtjunge, der für immer in dieser Stadt fest sitzen würde, egal was er sagte. Er war in der Kleinstadt geboren, er war in ihr aufgewachsen und er würde auch in ihr sterben und zwei Nachkommen zurück lassen, die es genau so wie er machen würden. Dann ließ sie ihren Finger sinken. Seine Ex-Freundin war bereits verschwunden. Denn er war nur ein Kleinstadtjunge. Als sie ging, schrie er, sie sei auch nur ein Kleinstadtmädchen. Sie lächelte ihn sanft an, was ihn dazu brachte zusammen zu zucken.
Sie sah in seine grünen Augen, die sie an das tiefe Meer erinnerten, mit all seinen Wogen aus Schaum und dem Seetang, weit unten auf dem Grund des Ozeans, in denen man sich so leicht verfangen konnte. Und sie sagte, sie sei kein Kleinstadtmädchen. Noch sei sie eine Kleinstadtfrau, nichts dergleichen. Sie sagte, sie sei eine Göttin, ob er es nun sah oder nicht. Mit diesen Worten verschwand sie durch die Tür; aus der Wohnung; und aus seinem Leben.
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namenlos
Short StorySie ist eine Partygängerin. Sie bedauert. Sie verliebt sich in Menschen. Sie steht für andere auf. Sie ließ sich auf einen Kleinstadtjungen ein.