8. Ich kann nicht...

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Noch immer starrten Taddl und Marley auf meine Rippen und langsam wurde es unangenehm. Ich schob das Shirt wieder nach unten.

„Das passiert, wenn du Stress Zuhause bekommst?", fragte Marley und zeigte auf meine Rippen, doch sein geschockter Gesichtsausdruck blieb.

„Leider ja. Jedes Mal, wenn ich nicht zu allem ja und amen sage, passiert das. Meist ist es aber nur mein Vater. Ganz selten meine Mutter. Sie bekommt eine Art Signal und geht dann, um sagen zu können, sie hätte es noch nie mitbekommen."

„Wie lange geht das schon so?"

„Weiß ich nicht. Seit ich mich erinnern kann. Ich bin mir nicht sicher, ob im Kindergarten schon, aber auf jeden Fall seit der ersten Klasse, da war ich sechseinhalb." 

„Hat niemand was gesagt?"

„Nein, weil niemand das gesehen hat, außer euch und meine beste Freundin."

„Aber du musst doch was dagegen tun!"

„Das kann ich nicht..."

„Und ob! Du kannst damit zur Polizei. Dein Vater wird dann im Knast sitzen."

„Das wird keinen Unterschied machen. Solange meine Mutter noch da ist, übernimmt sie seine Stelle."

„Dann sag, dass du in eine Pflegefamilie willst."

„Und genau das will ich auch nicht. Sie würden mich niemals verstehen, wieso ich nicht schon viel eher was gesagt habe und warum es niemandem aufgefallen ist."

„Ich weiß nicht, ob das klappt, aber du kannst ja zu uns.", schlug Ardy vor und sah Taddl an, „Oder? Ich meine, dann müsstest du zwar die Schule wechseln, aber das wäre nicht das Problem."

„Ich kann die Schule nicht wechseln.", fragende Blicke, „Meine Klassenkameraden haben mir gedroht, dass wenn ich jemals die Schule wechsle, dann würden sie mich suchen und wenn sie mich gefunden hätten, würden sie mich fast zu Tode prügeln."

„Das haben sie gesagt?", ich nickte, „Geh damit zur Polizei. Das ist 'ne Ankündigung für eine Straftat, die wandern in den Knast."

„Oder auch nicht. Man wird dreizehn Leuten eher Glauben schenken als einem einzelnen."

„Aber das kann doch nicht so weiter gehen!"

„Solange ich nichts mache, wird mir nichts passieren."

„Aber das kann doch nicht noch drei oder vier Jahre so laufen."

„Vielleicht schon. Ich geh mich jetzt fertig machen."

Ich stand auf und quetschte mich an Taddl vorbei, der noch immer auf dem Teppich saß.

„Und tut mir bitte einen Gefallen und sagt es niemandem, vor allem meinen Eltern nicht. Wer weiß, was dann passiert.", sagte ich, bevor ich den Raum verließ und zum gegenüberliegenden ging.

Dort öffnete ich meinen Kleiderschrank. Ich starrte in den Schrank und überlegte lange, was ich anziehen soll. Am Ende entschied ich mich mal wieder für eine schwarze, etwas lockere Jeans, einem schwarzen Shirt mit vielen Popcorntüten, auf dem ‚Yummy!' stand (A./N. Das T-Shirt besitze ich sogar haha :D), und einer schwarzen Sweatshirtjacke. Ich zog es mir über und kämmte meine Haare durch. Sie hingen mir knapp bis zum Bauchnabel und waren ohne jegliche Stufe. Einzig einen Pony hatte ich, doch dieser begann erst auf der Höhe meines Kinns. Da meine Haare heute gar nicht so wollten, wie ich, beschloss ich mir die kompletten Haare zu flechten. Ich begann auf meiner rechten Seite (ich hatte einen Seitenscheitel) und flocht langsam um meinen Kopf herum. Die letzten Haare machte ich mit einem durchsichtigen Haargummi zusammen. Dann schminkte ich mich. Zu Schulzeiten war ich schlicht und einfach zu faul. Außerdem würde ich es zeitlich nie schaffen, weil ich immer ziemlich lange zum Frühstücken brauche, obwohl ich immer nur ein Brötchen aß.

Jedenfalls machte ich mir Wimperntusche, Eyeliner und schwarzen Lidschatten drauf. Mein typisches Make-Up, wenn ich es mache. Ich nahm mein Handy, Kopfhörer und dann verließ ich mein Zimmer.

Im Flur standen die Jungs schon. Pa kam gerade die Treppe runter und von Ma keine Spur mehr. Sie war also schon losgefahren.

Als ich meine Zimmertür schloss, drehte sich Dat Adam zu mir um und allen drein fielen die Augen aus dem Kopf.

„Alter. Katrin, was ist mit dir passiert?", fragte Taddl.

„Nichts. Wenn ich Lust habe, sieht das immer so aus."

„So, seid ihr fertig? Wir müssen langsam echt los.", unterbrach mein Vater das Gespräch.

„Von meiner Seite aus ja.", die Jungs nickten als Zustimmung.

„Ihr müsst euch hinten quetschen. Deine Mutter hat das große Auto genommen. Jonas und Anna haben anscheinend eine solche Scheiße gemacht, dass sie von der restlichen Kursfahrt ausgeschlossen sind.", erzählte er.

Wir stiegen ins Auto ein und Pa fuhr los. Keine 5 Minuten später waren wir schon da. Die Jungs stiegen zwar aus, kamen aber zuerst nicht rein. Pa und ich begrüßten unsere Familie und dann setzten wir uns an einen Tisch.

„So, Rolf, Janine hat uns vorhin angerufen und meinte, es würden noch drei weitere Personen kommen. Wo sind sie denn?", fragte Tante Ally.

Sie hatte am Dienstag Geburtstag und war die einzige Tante, die nicht eingebildet ist bzw. wurde, weil sie reich geheiratet hat.

„Tja, das kann Katrin dir am besten erklären."

„Ja, also die drei Personen sind noch draußen, weil ich erst mal Christian, Tobias und Johannes und Jessy, Katharina, Marie und Bella einschärfen muss, dass keiner von euch das Lokal zusammen schreit oder was weiß ich. Das wäre sowieso nur zu unserem Nachteil, weil wir ja rausgeschmissen werden. Ok? Würdet ihr mir den Gefallen tun und nicht schreien?"

Die Sieben nickten und sagten was von ‚Sicher doch' und sowas. Also stand ich wieder auf und öffnete die Tür des zweiten Eingangs (der befindet sich bei den Parkplätzen). Ich zeigte den Jungs einen Daumen hoch.

Taddl, Ardy und Marley kamen herein und meine Cousins bzw. Cousinen bekamen geschockte Gesichtsausdrücke. Marie wollte loskreischen, doch ihr Bruder Tobias hielt ihr noch rechtzeitig den Mund zu.

„Halluziniere ich, oder steht da Dat Adam?", fragte mich Christian.

„Nein, die stehen da."

„Wie geil ist das denn? Boah Jungs, eure Musik ist echt mega."

„Danke.", war lediglich die Antwort.

„So Mädels, habt ihr euch halbwegs im Griff? Dann würde ich sagen, ihr könnt euch was von Buffet nehmen.", sagte Tante Ally.

Meine Cousins sowie Dat Adam sprangen auf und gingen zum Buffet. Ich folgte ihnen und hinter mir staksten meine Cousinen. Ich nahm mir ein wenig Reis und panierte Hähnchenstreifen. Daneben legte ich ein paar Krabbenchips, nahm mir zwei Stäbchen und kehrte an den Tisch zurück. Ich saß am Ende des langen Tisches und aß den Reis und das Hähnchen mit den Stäbchen.

„Wie kannst du damit essen?", fragte mich Taddl, der sich links neben mich setzte.

Ardy und Marley nahmen gegenüber von uns Platz. Zu unserem Glück saßen meine Cousins und Cousinen am anderen Ende des Tisches und somit konnten wir in Ruhe essen. Nach ca. einer halben Stunde kamen alle zu uns und quatschten die Bandmitglieder tot.

Wenn das noch weiter so geht, geh ich sogar zu Fuß nach Hause. Das nervte einfach nur und jetzt konnte ich jeden berühmten YouTuber verstehen, dass er niemals am Tag oder Abend in Restaurants geht, wo er weiß, dass sich da Fans befinden. Ich will niemals berühmt werden, außer vielleicht als Autor.

Was wäre, wenn Dat Adam bei dir wohnen würde?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt