Prolog

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,,Hast du deinen Ausweis eingepackt?". Die Frage hatte er an diesem Morgen schon ungefähr gefühlte hundert Mal gestellt. ,,Ja, Papa, wie oft denn noch?!". Betty stöhnte genervt auf, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen, als sie noch einmal zur Vorderklappe des geräumigen Pferdeanhängers ging um nach Freedom zu schauen. Sobald sie die Klappe öffnete, kamen ihr vertraute Nüstern entgegen. ,,Jetzt geht es los, Großer. Auf in die neue Heimat." Sie drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und schloss dann die Klappe. Noch ein letztes Mal sah sie sich auf dem großen Hof um, der ihr Haus mit der Reitanlage verband. Betty erinnerte sich an die Anfangszeit ihrer reiterlichen Karriere. Barney hieß ihr damaliges Pony. Das schlanke Sportpony hatte es ihr mit seinem Sturkopf nicht immer leicht gemacht. Wie oft war sie im Sand gelandet, wie oft war sie nach dem Reiten weinend abgestiegen. Und trotzdem liebte sie dieses Pony über alles. Auf den Turnieren hatten sie immer alles gegeben und obwohl die Leute sie immer belächelt hatten, waren sie am Ende sogar auf einen vierten Platz bei den Landesmeisterschaften gekommen. Als Betty dann zu groß für ihn geworden war, hatte sie ihn ihrem kleinen Bruder Nils vererbt.
Jetzt begann für sie eine neue Zeit. Vor wenigen Wochen hatte sie die Zusage für die National Academy of Horse Riding erhalten und noch bevor sie es richtig fassen konnte, hatte sie schon ihre Sachen gepackt und stand nun mit einem Bein in ihrem bisherigen Zuhause und mit dem anderen in einer neuen Aufgabe. Ihr Zweitpferd Explosion, ein siebenjähriger Holsteinerwallach, war bereits vor drei Tagen auf der Isle of Weight angekommen um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Mit Freedom wollte sie lieber zusammen fahren, da er mit seinen gerade mal sechs Jahren immernoch relativ unruhig war. Doch das machte er mit seinem Talent im Springen wieder wett. Erst seit einem Jahr war er unter dem Springsattel und war schon jetzt der Schleifensammler jedes Springens. Er war unglaublich selbstbewusst und meisterte selbst neue und schwierige Aufgaben mit Bravour. Zusammen waren Betty und er seit Mai im A-Kader der Landesjugend und oft unterwegs.
Während der Wagen sich in Bewegung setzt, lächelte Betty ihrer Mutter zum Abschied zu. Noch fühlte sie sich sicher. Hier im Auto war es warm und die Akademie war noch weit weg. Betty schaute im Seitenspiegel wie der Hof immer kleiner wurde.

Body Of GlassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt