Chapter 4

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Weit entfernt vom Fuchsbau saß Adrian in dem großen Herrenhaus seiner Familie. Wie immer war jeder einzelne Gegenstand, jedes einzelne Zimmer, klinisch sauber und ordentlich. Das Haus schien leblos und still, die weichen Teppiche schluckten jedes Geräusch, wenn man sich im Haus bewegte, und auch groß unterhalten wurde sich hier nicht.
Adrians Eltern hatten schon seit Jahren kein gutes Verhältnis mehr zueinander. Beide entstammten einer wohlhabenden Familie von Reinblütern und hatten sich auch über diese kennen gelernt. Adrian war sich sicher, dass Liebe niemals im Spiel gewesen war. Doch seiner Familie gegenüber würde er diesen Gedanken niemals aussprechen, denn was war Liebe schon wert? Für die Puceys zählten Macht, Einfluss, Wohlstand und Ansehen.
Und all dies besaßen sie, da war eine harmonische Ehe wohl wirklich zweitrangig.

Adrian selbst lebte in seinem eigenen Abschnitt des Herrenhauses, nur zu den Mahlzeiten sah er jedes seiner Familienmitglieder auf einem Haufen. Seine Eltern, seine Schwestern, seinen Onkel... Nun, die komplette reinblütige Familie eben.
Adrian hasste diese Kälte, die seine Familie umgab. Diese Kälte, die alle Familien umgab, die mehr Wert auf Herkunft als auf wahre Freundschaft gaben.
Er hasste -
Nein.
So durfte er nicht denken, er durfte einfach nicht!

Ruckartig löste sich Adrian von seinem Buch, welches er eher angestarrt als gelesen hatte - dafür war er viel zu sehr in Gedanken versunken gewesen - und setzte sich in seinem Bett auf.
Das Fenster war geöffnet und die Sonne schien herein. Würde Adrian ans Fenster treten, hätte er einen atemberaubenden Blick hinaus auf den kleinen See mit dem Wald im Hintergrund. Er könnte vielleicht sogar den Biber bemerken, der gerade auf die kleine Insel geklettert war. Oder die Vögel, welche wie bei einem wilden Wettrennen durch die Luft tobten.
Doch die Augen des jungen Mannes waren geschlossen, die Stirn vor Konzentration gerunzelt. Und seine Gedanken? Die versuchte er, an seine Familie, seine Herkunft, sein ihm vorbestimmtes Leben zu binden.

"Adrian, du bist etwas besseres. Du bist reinen Blutes, ein würdiger Zauberer. Andere, die nicht sind wie du - das ist der Abschaum."

Das waren die Worte seiner Mutter gewesen, als er noch deutlich jünger gewesen war, noch lange vor Hogwarts.
Mit diesem Gedanken war er aufgewachsen.
Er war besser als andere, mehr wert. Er war ein Reinblut. Ein wahrer Zauberer. Er wollte immer nach Slytherin kommen, jedes andere Haus wäre eine Schande, voller Abschaum. Voller Schlammblüter, Halbblüter und Blutsverräter. Das waren dann keine wirklichen Hexen und Zauberer, sie waren es nicht würdig, Magie zu erlernen. Sie waren nutzlos, wertlos - eibfach unwürdig.
All das wusste Adrian schon lange vor Hogwarts. Mit dieser Einstellung war er auf die Zauberschule gekommen, tief überzeugt von den Worten seiner Eltern stolzierte er mit seinen natürlich ebenfalls reinblütigen Freunden durch das Schloss.
Bis seine Überzeugung komplett auf den Kopf gestellt wurde.

[6 Jahre zuvor, Beginn des dritten Schuljahres]

"Peinlich ist das. Wie die alle diesen kleinen Jungen anhimmeln", schnaubte Marcus aufgebracht. "Nur, weil dieses... dieses Halbblut-"
Noch bevor der Viertklässler seinen Satz beenden konnte, bekam er Terence Ellebogen in die Seite gestoßen.
"Willst du, dass dich gleich ganz Hogwarts hört?"
Berechtigter Einwurf. Marcus kleiner Wutausbruch hatte mitten in der Einteilung begonnen, nachdem der Narben-Junge dem jubelnden Gryffindor entgegen geeilt war.
"Heb dir das für einen besseren Moment auf, den kleinen Narbenträger nieder zu machen, ich find da schon ne schöne Möglichkeit", nickte nun auch Adrian selber zustimmend und gleichzeitig beschwichtigend. Es sollte ja nicht wirken, als würde er Potter in Schutz nehmen.
"Pucey, Sie erscheinen heute Abend bitte pünktlich um 20 Uhr vor meinem Büro", ertönte plötzlich wie aus dem Nichts eine ruhige Stimme hinter Adrian. Professor Sprout. Super, Nachsitzen gleich am allerersten Abend zurück in Hogwarts. War er nicht ein absolutes Talent?

~

Über eine Stunde hatte er nur die Wand angestarrt. Anscheinend hatte nicht einmal die blöde alte Kräuterhexe am ersten Tag schon genug Stoff, um ihn mit etwas beim Nachsitzen zu beschäftigen. Sie selbst schrieb irgendeinen Brief, einen ewig langen Brief. Adrian war sich absolut sicher, dass sie extra so langsam schrieb. Seinetwegen. Als sie schließlich doch die Feder zur Seite legte, wollte er schon aufspringen - doch die Alte nahm sorgfältig Kräuter vom Tisch und ließ sie in den Briefumschlag fallen, ergänzte ein paar Notizen in ihrem Brief und verschloss dann endlich den Briefumschlag.
"Nun gut, Mr Pucey, Sie können gehen."
Mit diesen Worten blickte die Lehrerin für Kräuterkunde auf, doch vom jungen Slytherin sah sie nur noch den wehenden Umhang aus der Tür verschwinden.

"Nicht einmal wirklich etwas gemacht hab ich, wahr doch nur die Wahrheit... Ausgerechnet bei mir musste die ankommen... Ist selbst ja auch nicht besser, dieses -"
Leise vor sich hin schimpfend, war Adrian durch die Gänge geeilt, ohne groß auf seine Umgebung zu achten. Jetzt war doch eh kaum noch jemand unterwegs.
Kaum jemand.
Als er gerade im Stechschritt um die Ecke preschen wollte, stieß er mit jemandem zusammen und taumelnde fluchend ein paar Schritte zurück.
"Pass doch auf!", fauchte der Slytherin wütend und fasste sich an die leicht schmerzende Schulter. Vor ihm stand ein braunhaariges Mädchen, das sich die Stirn hielt - sie war einen ganzen Kopf kürzer als er.
"Pass du doch auf", erwiederte seine Gegenüber nur ebenso fauchend und funkelte ihn mit deutlicher Abneigung an.
Moment... Sie war in seinem Jahrgang. Eine Gryffindor... Spinnet! Genau, Spinnet, ein Schlammblut. Glaubte er.
"Spinnet, du solltest deine kleinen Augen besser auf machen und mir aus dem Weg gehen, wenn du mich siehst. Du weißt ganz genau-"
Doch weiter kam er nicht.
"Ich soll dir aus dem Weg gehen? Merlin, ihr seid alle so unglaublich engstirnig, einfach endlos verblödet! Werdet ihr verdammten Slytherins schon so geboren? Oder wird euch diese ekelhafte Arroganz erst eingeflößt? Eifert ihr euren Eltern nach, die selbst kalt wie Eisklötze sind oder werdet ihr nur so kalt, weil eure Eltern unfähig sind, euch zu lieben? Ihr seid doch alle gleich! Versinkt in eurem Selbstmitleid und lasst eure tief verwurzelte Wut an anderen raus, anstatt euer Leben zu leben, wie ihr wollt und nicht, wie eure Eltern wollen..."
Absolut überrumpelt von ihrem Ausbruch ließ er Spinnet ohne ein Wort, ohne eine Geste an sich vorbei ziehen. Erst, als sie außer Sichtweite war, schüttelte Adrian den Kopf und fuhr sich durch die Haare, bevor er seinen Weg in den Kerker fortsetzte. Und eines stand für ihn fest: Er würde niemandem von dieser Begegnung erzählen und schon gar nicht erwähnen, wie nachdenklich ihn ihre Worte gestimmt hatten. Was für alte Zweifel sie in ihm wach gerüttelt hatten. Und doch musste er noch den ganzen Abend an diese Gryffindor denken.

[

Ende Flashback]

Tock, tock.
Erschrocken fuhr Adrian aus seinen Tagträumen hoch und sah erschrocken, nein, wie ertappt rüber zum geöffneten Fenster. Es war nur eine Eule. Natürlich.
Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er die Luft angehalten hatte, bis zu dem Zeitpunkt, als er sie mit einem leisen Seuftzer ausstieß.
Er stand auf und nahm die Eule vom Fenstersims, um das Fenster, gegen dessen Schreibe sie geklopft hatte, zu verschließen.
Es war Marcus Eule. Mit einem kleinen Röllchen Pergament.
Obwohl Adrian sich bereits sicherwar, was er vorfinden würde, rollte er das Stück Pergament auf. Zwar waren nur wenige Worte niedergeschrieben, doch diese reichten, dass sich ein Schatten über sein Gesicht legte.

"Wie weit bist du mit deiner Liste?"

﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏

So, letztendlich hätt' ich es geschafft. :'D

Eine paar kleine Fragen hätte ich allerdings noch an euch...
Wie findet ihr die Sichtwechsel?
◇ Schildere ich zu detailliert? Oder könnte ich mehr ins Detail gehen?
◇ Wie findet ihr die Flashbacks?
◇ Was haltet ihr von Adrian?

Sooo, das war's dann also. ☺ Über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen. ❤


Through dark timesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt