18.

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"Ich wurde gezwungen dich anzugrinsen, als sei ich froh darüber und diesmal nicht wegen eines Deals, der in meinen Augen gebrochen worden war, sondern weil die Hoffnung noch immer meinen Lebenswillen näherte und ich wusste, dass in einiger Entfernung ein Gewehr auf mich gerichtet war."
Wieder hebt sie ihren Blick und mustert mich. Meinen geschundenen Körper.
"Es tut mir so leid alles, ich weiß gar nicht, wie ich es je wieder gut machen soll und ich weiß, dass du mir nicht einfach verzeihen kannst."
Ich schüttele widersprechend den Kopf, aber sie spricht weiter.
"Nein, hör auf. Ich sehe es doch. Du hast mir noch nicht verziehen."
Ich weiß nicht, wie ich ihr antworten sollte. Sie hat ja recht. Teilweise. Dann wiederum kann ich sie nun besser verstehen und bei genauerem Überlegen, habe ich ihr bereits vor Jahrzehnten verziehen.
Irgendwie. Irgendwo. Irgendwann.

"Ich glaube, ich brauche etwas Zeit, das alles zu verarbeiten", stoße ich schließlich heraus. Wieso ist es so schwer, einen Satz auszusprechen, wenn man ihn bereits in Gedanken geformt hat? Sind wir Menschen so auf Spontaneität veranlagt? Erst sprechen, dann denken?
Tiara nickt langsam und ein Lächeln bildet sich wieder auf ihrem Gesicht.
"Klar. Lass dir Zeit. Weißt du schon, wo du wohnen wirst?"
Ich schüttele den Kopf.
"Naja, so lange kannst du gerne hier wohnen. Vielleicht willst du auch erstmal etwas trinken oder essen? Und duschen vielleicht? Ich bin wirklich eine schlechte Gastgeberin ..."
Bei dem Gedanken an Essen, knurrt mein Magen, mein Mund fühlt sich plötzlich sandig und ausgetrocknet an und zu der Dusche kann ich nicht nein sagen. Ich fühle mich schmutzig und verschwitzt. Vor allem aber, will ich diese ganzen Erinnerungen an meine Zeit im Gefängnis wegwischen.
Tiara hat meinen Blick offensichtlich richtig gedeutet und ich muss unwillkürlich lächeln, als sie vorschlägt, mir etwas zu trinken zu bringen, bevor ich duschen gehe und sie mir währenddessen etwas kocht. Ich bin gerührt von ihrer Zuvorkommenheit und muss mich selbst darauf hinweisen, dass das eigentlich nichts neues ist. Sie ist immer noch sie selbst. Nur ich bin anders.

Irgendwie. Irgendwo. Irgendwann.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt