Genervt schob ich den Vorhang der Kutsche zur Seite und schaute mir die vorbeiziehenden Bäume an. Wir waren nun tagelang auf Durchreise.
" Und nur um diesen arroganten Schönling zu sehen" , dachte ich.
" Victoria, was ist denn los mit dir? Was schaust du so?", fragte mich Catherine, einer meiner drei Hofdamen.
Ich ließ schnell meine Hand fallen und drehte mich zu ihr.
Selbst sie sah erschöpft aus. Ihre sonst so glänzenden nussbraunen Haare, die sie in einen Knoten gedreht hatte, sahen stumpf und matt aus. Doch ihre dunklen Augen strahlten vor Freunde, Aufregung, aber auch Sorge.
Mit so viel Kraft wie ich aufbringen konnte, lächelte ich sie beschwichtigend an und meinte: " Es ist nichts, Cathy. Ich bin nur erschöpft von der Reise."
Catherine erwiderte mein Lächeln und sagte daraufhin sanft:" Wir sind bald da." Sie legte eine Hand auf meinen Arm und ich lächelte sie noch einmal kurz an bis ich mich wieder wegdrehte.
Louise, das blonde Mädchen mit den grauen Augen, und Charlotte, das feurige rothaarige Mädchen mit den blauen Augen, meine anderen beiden Hofdamen, die gegenüber von mir saßen, unterhielten sich fröhlich weiter, sie bemerkten meine niedergeschlagene Stimmung gar nicht. Auch Catherine schloss sich dem Gespräch der beiden an.
Ich machte nicht nochmal den Fehler, den Vorhang wieder aufzuziehen, stattdessen betrachtete ich ihn einfach. Er sah wunderschön aus, genau wie die ganze Kutsche. Der Kutscheninnenraum wurde in einem kräftigem Rotton gehalten. Dieser wurde mit goldenen Stickereien und Knöpfen verziert. Auch von außen sah die Kutsche pompös aus.
Mich hätte es nicht gewundert, wenn man uns überfallen hätte. Im Wald waren wir eine leichte Beute und man sah gleich, dass die Person, die in der Kutsche saß, adelig war, nein, sogar von sehr hohem Rang, denn um die Kutsche herum, waren 30 schwer bewaffnete Männer, die auf ihren Pferden ritten. Sie waren wie lebendige Schutzschilde, und das nur für mich, aber anders konnte man das auch nicht erwarten, denn ich war die Kronprinzessin von Alencia und bald auch zukünftige Ehefrau von Sebastian, dem Kronprinzen von Palastine.
Wenn ich nur daran dachte wurde mir unwohl zu Mute. Wie war er wohl? Würde ich ihn lieben? Würde er auch mich lieben?
Ich schloss meine Augen und zählte von zehn runter, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Diese Technik wandte ich schon seit Monaten an. Seitdem klar war, dass Alencia, das zweitgrößte Königreich des ganzen Kontinents, gegen Palastine im Krieg verloren hatte. Meine Eltern hatten viel mit den Abgesandten Palastines diskutiert und verhandelt. Dies über Monate hinweg, doch meinen Eltern blieb nichts anderes übrig. Palastine wollte mich in ihren Reihen sehen. Sie wollten meine Kinder in deren Thronfolge, eine Absicherung, falls Autrement, das "andere" Land jenseits des Ozeans, angriff, wir in der Überzahl waren.
Nur wenige sind über See in Autrement gewesen und wieder zurück gekommen. Der Weg dorthin war anstrengend und sehr gefährlich. Es wird gemunkelt, dass es sogar Wochen braucht um dorthin zu kommen. Diejenigen, die dorthin segelten und auch wieder zurückkamen, erzählen, in diesem Kontinent gab es nur Dürre. Keine Wälder, kein fruchtbarer Boden. Dort bestand der Boden nur aus trockenem und heißen Sand. Man berichtet, dass morgens die Menschen verdurstet seien durch die Hitze und, dadurch dass es so trocken sei. Abends sollen jedoch die Überlebenden der Dürre erfroren sein. Es soll dort außerdem nie geregnet haben. Nicht einmal eine Stadt hatten unsere Soldaten erreichen können.
Ich konnte es mir in dieser Welt gar nicht vorstellen.
Man fragt sich, wie die Menschen dort nur überleben, aber vielleicht fürchten sich Palastine und Alencia deswegen so sehr vor einem Angriff, weil trotz der Dürre und Kälte es dort trotzdem Leben gab und dazu noch so viele.
Man hatte Angst, dass Autrement viel größer war, als unsere Länder, da man nie ihre Grenzen herausfinden konnte.
Die Menschen mussten einen starken Überlebenssinn haben und viel länger Hungersnot und Durst aushalten müssen. Sie waren vermutlich viel stärker als wir.
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The Burden of a Princess
FantasyVictoria, Kronprinzessin von Alencia, muss den attraktiven, aber auch arroganten, Thronfolger von Palastine, dem mächtigsten Land des ganzen Kontinentes, Sebastian heiraten um ihr Land zu retten. Doch es gibt Mächte, die sie nicht auf dem Palastinen...