Kapitel 1

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" Victoria, Louise, Cathy, schaut! Das Schloss!", schrie Charlotte aufgeregt. Ihre roten Locken wippten um ihren Kopf.

Wir alle schoben sofort die Vorhänge beiseite und betrachteten die Aussicht. Wir waren noch nicht mal in der Stadt angekommen, geschweige denn der Stadtmauer, aber man sah schon von Weitem, das imposante Schloss mit dem Löwenkopf auf der blauen Flagge.

Louise seufzte entzückt und Catherines Augen wurden groß, doch meine Reaktion unterschied sich von denen meiner Hofdamen.

Je näher wir an das Schloss kamen, desto schwerer wurde mein Herz. Mein Blick verklärte sich und ich blinzelte wütend meine Tränen weg. Eine Prinzessin weinte nicht, und schon gar nicht eine zukünftige Königin zweier Länder.

Ich setzte mich noch aufrechter hin, straffte mein Schultern, hob meinen Kopf noch höher, drückte die Wirbelsäule durch und faltete meine Hände in meinem Schoß.

Binnen von Minuten passierten wir die Stadtmauer und schon wurden wir begrüßt von lauten Schreien und Jubelrufen. Alle Menschen sanken auf die Knie. Ich schenkte dem Volk ein mattes Lächeln bis Catherine mir den Ellbogen in die Rippen stach.

"Lächle. Sie verbeugen sich vor ihrer zukünftigen Königin. Sei stark.", flüsterte Catherine mir ins Ohr.

Von all meinen Hofdamen wusste Catherine am meisten, wie schwer es mir fiel Alencia zu verlassen.

Ich nickte und präsentierte dem Volk mein strahlendes Lächeln.

Auch Catherine wandte sich ihnen zu und winkte genauso wie Louise und Charlotte.

Schon bald durchschritten wir die Schlossmauer. Laute Fanfahnen und Trompeten erklungen.

Oh nein!

Meine Hände wurden ganz schwitzig. Die Kutsche hielt an und die Tür wurde aufgerissen. Der Kutscher half uns nacheinander aus der Tür. Zuerst Charlotte, Louise, Catherine und dann mir.

Wir standen auf dem Kutschweg. Ein langer Weg, der von den Angestellten und Adeligen, die sich am Hofe befanden um um die Gunst der Königsfamilie zu werben, umrahmt wurde, führte direkt zum Schloss. Ganz am Ende des Weges befand sich das Königspaar, das mich argwöhnisch beobachte, als analysierten sie jede noch so kleine Bewegung von mir.

Sie wollten wissen, ob ich stark genug war.

Ich reckte mein Kinn noch etwas höher.

Mir stockte der Atem.

"Ist das der Prinz?", raunte mir Charlotte ins Ohr.

Ich nickte kaum merkbar. Eine Schauer lief mir den Rücken hinab.

Der Mann, der neben dem König stand, schaute mich mit kalten und feindselig verkniffenen Augen an. Seine dunklen Locken waren kurz und ordentlich gekämmt worden.

"Wir heißen dich und deine Hofdamen hier am Hof des Palastines Willkommen, Prinzessin Victoria von Alencia.", rief der König laut.

"Die Freude liegt ganz meinerseits, Eure Majestät ", erwiderte ich und sank in einen tiefen Knicks.

Meine Hofdamen folgten meinem Beispiel und ich schritt zu der Königsfamilie. Die Leute, die am Rand des Weges standen, verbeugten sich vor mir. Doch ich spürte ihre kalten Blicke in meinem Rücken und mit jedem Schritt, schien es so, als ob sich mehr und mehr eine Eisschicht auf meiner Haut bildet.

Sie hielten mich für schwach. Wollen meine Schwachstellen analysieren und zu ihrem Vorteil nutzen.

Aber mit meinen Hofdamen, die hinter mir standen, fühlte ich mich stark. So gingen wir den ganzen Weg hinauf zu der Königsfamilie.

Ich versuchte, die ganze Zeit ein emotionsloses Gesicht zu machen.

Als wir nur noch wenige Schritte vor dem König und der Königin standen, entdeckte ich ein kleines Mädchen, nicht älter als 10 Jahre alt, dass sich hinter der Königin versteckte. Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln. Das war wohl die Jüngste der Chantworth Familie.

Lilien

So war ihr Name. Als ich direkt vor König Edward stand, knickte ich nochmal. Lilien knickste genauso und Sebastian verbeugte sich steif vor mir und wir schritten in das Schloss.

"Prinzessin Victoria, mein Mann und ich haben leider sehr viel zu tun, mein Sohn Sebastian zeigt dir daher das Schloss, aber du kannst dich ruhig erstmal frisch machen. Es war sicher eine lange Reise. Eine Zofe wird dir und deinen Hofdamen eure Gemächer zeigen.", sagte die Königin mit freundlicher und warmer Stimme.

Die Königin war mir auf Anhieb sympathisch. Kein Wunder, dass das Volk sie liebte. Sie schien eine liebe, fürsorgliche Frau zu sein.

Ich bedankte mich lächelnd und sah der Königin und dem König zu, wie sie davon gingen.

Im Gegensatz zur Königin betrachtete mich der König nur mit diesem kalten, erbarmungslosen Blick, genauso wie Sebastian.

Apropo Sebastian

Ich drehte mich zu ihm um, aber dort wo er zuvor stand, war nur noch ein leerer kalter Platz.

Nur noch Lilien war hier. Ich lächelte sie freundlich an und reichte ihr meine Hand: " Hallo. Mein Name ist Victoria."

Aber sie rückte nur noch mehr von mir ab. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
Was war hier los? Entweder war sie sehr schüchtern oder hier läuft etwas ganz entschieden faul.

"Sebastian ist in seinem Gemach.", flüsterte sie, bevor sie schnell davonrannte.

Meine Hofdamen und ich tauschten einen Blick der Verwirrung aus, bevor schon die Zopfe kam und uns unsere Gemächer zeigte.

The Burden of a PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt