Während Hizashi und Rai durch den Wald irrten, hatten Kenji und Chiyo ganz andere Probleme.
Wenige Augenblicke zuvor waren sie noch am streiten, was sie wohl als nächstes tun sollten. Kenji wollte unbedingt mehr über diese seltsame Welt herausfinden, die er seit dem frühen Morgen sein zu Hause nennen musste. Chiyo hingegen fand die zu gefährlich - wie eigentlich alles, das Kenji vorschlug - und wollte sich von den sogenannten Digimon fern halten.
Die Entscheidung wurde ihnen abgenommen, als außerhalb der Höhle Schritte zu hören waren. Vorsichtig lugte Kenji um die Ecke und verzog skeptisch sein Gesicht. Einen Ritter hätte er am wenigsten erwartet. Als das Digimon, welches vollkommen in eine silberfarbene Rüstung gehüllt war, Kenji erblickte und sich wieder in Bewegung setzte, schwand Kenjis Optimismus, dass es gutmütig sein könnte.
Während ihr Gegner sein überdimensionales Schwert zückte, welches so groß war wie Chiyo und mindestens das Zehnfache wog, griff Kenji nach der Hand seines zierlichen Begleiters und zerrte ihn tiefer in die Höhle hinein.
Sowohl auf Knightmons Brust, als auch auf seinem großen Schild, welches es nun in die Hand nahm, die durch einen Eisenhandschuh geschützt war, glühte ein orangenfarbenes Zeichen. Während das Zeichen einem Kolibrikörper glich und von dessen 'Kopf' drei Zacken weggingen, fanden sich diese auch unterhalb des 'Kolibrikörpers'.
Den Sinn hinter dem Zeichen verstand Kenji nicht, aber es war ihm in dem Moment auch egal. Das orangene Licht erhellte die Höhle hinter ihnen und nahm ihnen den Vorteil, ungesehen zu sein. Zwar waren sie sichtlich schneller als der Feind, doch an ein Entkommen war nicht zu denken. Zu gering war die Chance, dass dieses felsige Grab einen zweiten Ausgang hatte.
Wie es so kommen musste, teilte sich der Gang und stellte den Jungs die Frage, welche Richtung sie einschlagen wollten. Kenji wusste, Chiyo hätte seiner Idee nie zugestimmt, weswegen er unter dem Vorwand, sich aufzuteilen - um Knightmon zu verwirren - vorschlug, in zwei verschiedene Richtungen zu rennen.
Selbst Kenji musste zugeben, dass es reinster Wahnsinn war, sich diesem Ding entgegenstellen zu wollen, doch tat er es, um seinen Bruder zu beschützen. Chiyo war schon immer zurückhaltend und viel zu selbstlos, um das bevorstehende Abenteuer zu überstehen. In Gedanken versprach Kenji, alles zu geben, um ihn zu beschützen.
Als Chiyo endlich in der Dunkelheit des Ganges verschwunden war und auch seine Schritte nicht mehr zu hören waren, zeigte Kenji sich dem Knightmon und versuchte, es in seinen Gang zu locken. Zu seiner Freude - oder auch seinem Pech - folgte sein Gegner der Provokation. Trotz seiner schweren Rüstung, legte das Digimon eine hohe Geschwindigkeit an den Tag. Viel zu lange für Kenjis Geschmack ging die wilde Verfolgungsjagd. Er hatte längst die Orientierung verloren und hatte alle Mühe, nicht vor Sauerstoffmangel Tempo einzubüßen. Als die Decke plötzlich höher und höher wurde und er einige Stalaktiten von der Decke hängen sah, stoppte er kurz. Die Höhle war um einiges größer, als sie von außen aussah. Ein ganzes Labyrinth schien in ihr verborgen zu sein.
"Schachmatt..." Ratlos stand der keuchende Junge vor einer Felswand. Er war geradewegs in eine Sackgasse gerannt; hatte die falsche Abzweigung des Labyrinths genommen. Ein kalter Schauer lief über Kenjis Rücken. Nur die Ruhe bewahren, sagte er sich und zwang sich, den Kloß im Hals herunter zu würgen. So aufrecht er - nach Luft schnappend - stehen konnte, versuchte er vor Knightmon selbstsicher zu wirken.
"Ich habe keine Angst vor dir", behauptete er, glaubte es aber selbst nicht ganz.
"Lass Knightmon die Wand hinter dir zerstören!"
Kenji staunte nicht schlecht, als er plötzlich die Stimme eines ihm fremden Jungen durch den D-Tector hörte. "Einen anderen Plan habe ich nicht, also hoffen wir, dass das eine gute Idee ist!"
Angespannt wartete Kenji bis das Digimon sein riesiges Schwert erhob und zum Schlag ausholte.Als dieses mächtige Eisen sich in Bewegung setzte, sprang der Junge zur Seite.
Hinter ihm erstrahle ein blendendes Leuchten. Knightmon wich einige Schritte zurück - fast als würde es diese Macht verletzen.
"Eigentlich solltest du der einsame Wolf sein, der das Licht der Digiwelt in sich trägt. Doch dieses Element wird auch seinen Zweck erfüllen."
Kenji verstand überhaupt nichts. Was wollte diese menschliche Stimme ihm sagen? Und was noch viel wichtiger war, was wollte dieses Licht ihm sagen? Es zog ihn in den Bann, wenn er es nur anschaute. In den nächsten Sekunden wurde ihm auch bewusst, wieso.
Diese Macht - dieser Rabenkopf, von dem das Licht ausging - symbolisierte seine andere Seite.
Sein Geist als Digimon.
Entschlossen zückte Kenji seinen D-Tector und richtete ihn auf das strahlende Wunder.
"Komm zu mir, Spirit!", befahl er dabei mit klarer Stimme.
Tatsächlich gehorchte die seltsame Kraft dem Jungen. Sie schoss auf den D-Tector zu und vereinte sich mit diesem, nur um kurze Zeit später zu einer Reihe aus Daten zu werden. Diese D-Codes wiederum wickelten sich um die Hand des Jugendlichen, der sie über das leuchtende Feld an der Seite des D-Tectors zog.
"Spiritevolution!"
Die D-Codes breiteten sich aus, passten sich an den Charakter des Jugendlichen an und umhüllten ihn anschließend.
Kenji konnte spüren, wie er die Kraft eines Digimons bekam.
Wie sich dieses warme Licht in seinem ganzen Körper ausbreitete.
Ein schwarzer Helm mit rotem Visier legte sich schützend um den Kopf des Digikriegers. Eine dünne, blaue Rüstung umschloss seinen Körper. Kenjis rechte Hand verwandelte sich in eine Rabenklaue, während die linke Hand nur ein Handschuh zierte und ein Katana ergriff, woraufhin er dieses aus der Schwertscheide zog. Zum Schluss wuchsen ihm Rabenflügel. Der linke komplett in schwarz gehalten und der rechte weiß an der Flügelspitze.
In dieser Form - als Ravemon - stand er schließlich vor Knightmon.
"Sehr gut! Mit dem Spirit kannst du Knightmon aufhalten! Zeig ihm welche Kräfte der Krieger des Windes beherrscht!"
Das Digimon in Ritterrüstung zeigte sich weniger beeindruckt. Wieder erhob es sein Schwert, doch dieses mal deutete es auf den Rabenkrieger.
"Ich nehme das Duell an."
Ravemon allerdings hatte nicht vor einen Schwertkampf mit seinem Feind auszutragen. Sein Katana würde in Windes Eile zerbrechen. Aber seine Wendigkeit konnte er in dieser engen Höhle auch nicht nutzen und ein Angriff von hinten kam gegen die schwere Panzerung nicht in Frage. Keine ideale Ausgangssituation also.
Eine Möglichkeit sah der Krieger des Windes jedoch. Um den Spirit frei zu setzen, musste Knightmons Hieb über eine brutale Kraft verfügen. Entweder das, oder die Höhle musste ziemlich instabil sein. Kenji schauderte bei beiden Gedanken. Er wollte hier nicht sterben. Nicht ohne Antworten bekommen zu haben.
Seine ganze Überlegung verbrachte er damit, spielend einfach den Angriffen des langsamen Ritters auszuweichen.
Langsam aber sicher manövrierte er das Kampfgeschehen zurück durch den Gang in Richtung eines größeren Raumes. Zuvor hatten ihn die Tropfsteine, die von der Decke ragten, wenig interessiert. Aber jetzt würde er sie als Waffe gebrauchen.
Geduldig wartete Ravemon bis das langsam ebenfalls erschöpfte Ritterdigimon den großen Raum betrat. Es schien wenig begeistert davon, dass Ravemon über ihm - außerhalb seiner Reichweite - flog. Zumindest war das Ravemons Interpretation der kurzen Rast, die sich jedoch als falsch herausstellte, als Knightmon sein Schwert zum Leuchten brachte und eine Welle aus Energie auf den Raben schleuderte.
In letzter Sekunde realisierte Ravemon den Fernangriff und wich zur Seite aus. Die Felssäule über ihm wurde regelrecht zerschmettert und fiel in Einzelteilen auf den dunklen Höhlenboden. So hatte er es sich nicht gedacht. Ravemon brauchte eine komplette Säule und keinen Säulenpüree.
Den nächsten Angriff beschloss Ravemon abzuwehren. Dabei entdeckte er erst die unmenschliche Kraft in ihm.
Wieso war er die ganze Zeit weggerannt, wenn er seine rechte Klaue rasend schnell rotieren lassen konnte?
So schnell sogar, dass die Energie aus Knightmons Angriff einfach an dieser zerschellte und in viele kleine Partikel geteilt wurde.
Mit dieser 'Wirbelnden Rabenklaue' flog er anschließend auf seinen Gegner zu und fügte der Rüstung einen beachtlichen Schaden zu. Knightmon hatte keine Chance, den flinken Raben zu treffen und musste die Angriffe über sich ergehen lassen.
Einen Trumpf hatte es aber dennoch in der Hinterhand. Ravemon bemerkte nicht, wie sich aus dem leuchtenden Zeichen auf der Brust des Ritters ein gebündelter Energiestrahl bildete. Diese Explodierte direkt vor Ravemon und schleuderte es quer durch den ganzen Raum. Auf der anderen Seite krachte es von Schmerzen geplagt gegen eine Felswand.
Angestrengt schnappte der Digikrieger nach Luft. Mit diesem Feind war wirklich nicht gut Kirschenessen. Es war sehr schlecht einzuschätzen. Weder sah man sein Gesicht, noch irgendein Anzeichen von Erschöpfung. Es verhielt sich eher wie eine zum Leben erweckte Rüstung als ein Lebewesen.
"Ich werde ganz sicher nicht meinen ersten Kampf verlieren..." Grummelnd richtete sich Kenji - immer noch in Ravemons Körper - wieder auf.
Knightmon hatte bereits die Hälfte des Raums durchquert. Zielsuchend marschierte es weiter auf Ravemon zu und beachtete seine Umgebung nicht.
"Das ist die Chance. Energieschwert!" Mit einem kraftvollen Schlag durchdrang Ravemons Schwert den steinigen Boden. Dort breitete sich jetzt eine grüne Macht aus, die schließlich die Form eines Pfeils annahm und auf den Fels über Knightmon zuschoss. Fein säuberlich trennte der messerscharfe Windpfeil den Stalaktit von der Decke der Höhle. Die Schwerkraft tat den Rest und der Ritter wurde von oben durchbohrt.
Angeschlagen schritt Ravemon auf die schwarze Silhouette seines Gegners zu und richtete, als er direkt daneben stand, seinen D-Tector darauf.
"Seele, die du dazu gezwungen wurdest, der Dunkelheit zu dienen, werde durch meinen D-Tector gereinigt!"
Knightmon löste sich in Datenstränge auf und wurde wieder in ein Digiei verwandelt. Dieses stieg genau durch das Loch, das Ravemons Pfeil verursacht hatte, hoch in den Himmel. Erleichtert über den gefundenen Ausgang flog der Digikrieger nach oben. Dort blieb er allerdings unentschlossen stehen, statt sich zurück zu verwandeln.
"Ich muss Chiyo finden. Ich kann diese Höhle noch nicht verlassen."
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(Digimon) Next stop: Digital World
AventureBegleitet die neuen Spiritträger dabei, wie sie dem Prinzip der gespaltenen Digiwelt auf den Grund gehen. Eine Welt zu retten ist immerhin schon schwer genug. // Warnung: Es wurden OCs gesichtet. // Zudem wird die FF länger. Deswegen nur mit Vorsich...