"Hey, Taddl! Wach auf man! Es ist alles okay", redete Ardian aufgebracht auf mich ein und ich öffnete meine Augen.
"Wieso soll ich aufwachen?", fragte ich mit rauer Stimme und blickte ihn verschlafen an.
"Du hast geschrien und um dich geschlagen, außerdem weinst du."
Ich fasste ungläubig an meine Wangen und bemerkte das sie tatsächlich feucht durch die Tränen waren.
Ich hatte wohl einen Alptraum, die Beschreibung meines Verhaltens im Schlaf traf nämlich perfekt auf diesen Punkt zu.
"Was hast du geträumt?", fragte Ardy ruhig und strich mir über den Rücken.
"Ich weiß es nicht mehr", hauchte ich und er lächelte sanft.
"Naja, wenigstens hast du mal wieder geschlafen."
Er klopfte mit noch einmal leicht auf den Rücken und verließ dann das Zimmer.
Es war wieder dunkel un ich alleine.
Ich hatte geschlafen?
Das war ein Fehler, hatte sich auch bewiesen.
Ich kann mich nicht erinnern was ich geträumt habe, aber höchstwahrscheinlich war es das selbe wie jedes Mal.
Jedes Mal in meinen Träumen, sah ich Ardy und mich.
Ich sitze weinend auf dem Boden und streiche mit einem großen, scharf glänzenden Messer über meine Schlagader am Handgelenk.
Ardy kniet sich direkt vor mich und schaut mich hämisch grinsend an.
"Ich bin froh, wenn ich dich endlich los bin", flüstert er und übt erst sanften, leichten Druck auf das Messer aus und Schmerz durch zuckt meinen Körper.
"Ich hasse dich", gibt er wieder von sich und drückt das Messer dann tief in meine Schlagader.
Ich spüre unbeschreiblichen Schmerz und alles wird schwarz. Meine Gedanken verstummen und ich sache zusammen, bis alles vorbei ist.
Dann wache ich meistens auf.Bis jetzt war immer Ardy gekommen und hatte mich aus diesen schrecklichen Träumen gerissen, weshalb ich nicht wusste was nach dem erzählten geschehen würde.
Ardian hatte mich immer geweckt, aber wieso?
Aus Angst oder ähnlichem wahrscheinlich nicht.
Bestimmt weil ihn mein rumgeschreie nervt.
Ich nerve.
Ich bin halt scheiße.Gute Einstellung, mein Freund.
Panisch suchte ich nach meinem Handy und schaltete die Taschenlampe an. Ich leuchtete langsam durch den Raum, doch sah nichts. Niemanden.
"Wen höre ich da immer?", murmelte ich zu mir selbst und bemerkte wie mir abwechselnd heiß und kalt wurde.Du kannst mich nicht sehen.
"Wieso nicht?"
Es kam keine Antwort. Es war alles wieder verstummt.
Eines stand fest, schlafen konnte und wollte ich jetzt sowieso nicht mehr.
Diese Stille machte mich aber auch verrückt, weswegen ich mir meine Kopfhörer schnappte und die Musik laufen ließ.
Ich stellte auf die höchste Stufe und bemerkte wie meine Ohren begannen zu schmerzen.
Das Risiko war also bestand, dass ich meinen Ohren zerstöre oder mein Trommelfell platzt.
Stören würde es mich nicht wirklich.
Dann müsste ich mir nicht ständig all' die negativen Dinge, die meine Mitmenschen gegen mich auszurichten haben, mit anhören.
"I ask myself what am I doing here", wiederholte ich die Zeile, die gerade aus den Kopfhörern ertönte.
Ich fragte es mich wirklich.
Was mache ich hier?
Wieso bin ich noch hier?
"Weil du scheiße bist", flüsterte ich zu mir selbst, und schrie auf als mir plötzlich die Kopfhörer aus den Ohren gerissen wurden.
"Du bist nicht scheiße. Wieso glaubst du das immer?", fragte Ardy nun, der das Licht im Zimmer an schaltete.
Ich kniff meine Augen zusammen und bemerkte erst nachdem ich sie wieder geöffnet hatte, das Ardy neben mir auf der Bettkante saß.
"Weil es so ist, und jetzt lass mich Inruhe."
Ardian seufzte und sah mich dann bemitleidend an.
Und genau das brauchte ich nicht.
Mitleid.
"Wieso kommst du eigentlich immer zu mir, und lässt mich nicht in Frieden?", fragte ich nach einer Weile des Schweigens.
"Weil du mein bester Freund bist?", fragte er mehr, als das er es sicher von sich gab.
Zweifelte er also an unserer Freundschaft?
Gut möglich, ich konnte ihn ja verstehen.
Ich würde auch nicht mit soetwas wie mir befreundet sein wollen.
"Du bist soetwas wie ein Bruder für mich", sprach er weiter und irgendwie verpasste mir dieser Satz einen kleinen Stich in die Brust Gegend.
"Was hast du geträumt?", fragte er nun wieder und ich spürte förmlich den Schauer auf meinem Rücken.
"Ich kann mich nicht erinnern."
Er nickte leicht und setzte sich nun ganz neben mich auf mein Bett.
"Kannst du dich erinnern, was du die letzten Male geträumt hast?"
Ich nickte schwach.
"Ertähl' es mir", forderte er sanft, doch ich bewegte meinen Kopf ablehnend hin und her.
"Wieso nicht?"
Ich seufzte genervt.
"Ich will halt nicht darüber reden."
Nun war er es der den Kopf bewegte.
"Wieso willst du über nichts mehr mit mir reden? Was habe ich gemacht, vertraust du mir nicht mehr?", fragte er unsicher.
"Nein, ich habe nur keine Lust zu reden."
Er stand genervt auf und schnaubte hörbar aus.
"Was ist nur los mit dir? Sonst hast du mir immer alles erzählt, und jetzt lässt du mich nicht mal annähernd an die heran!", schrie er nun aufgebracht und meine Augen weiteten sich verwundert.
"Nichts ist mit mir, aber ich habe nur dich! Du bist mein einziger Freund! Ich will dich nicht mit meinen Problemen belasten!", schrie ich nun ebenfalls zurück und er bewegte sich rückwärts Richtung Tür.
"Nicht deine Probleme belasten mich, du belastest mich!", rief er aufgebracht beim Rausgehen und knallte laut die Tür zu."Du belastest mich",
wiederholte ich seine Worte in meinem Kopf.
"Tur mir leid", flüsterte ich kaum hörbar und blickte unglaubwürdig auf die Tür.
Ich war also eine Belastung für Ardian.
Alles Klar, gut zu wissen.
Wie war das noch gleich mit dem Einschlafen und nie wieder aufwachen?
Das eben erzählte Gespräch, war doch ein Ansporn um alles zu beenden, oder?
Ich meine, ich war nervig, scheiße und sowieso belastend für alle.
Der Weg mit dem sterben kam mir doch schon recht verlockend vor.
Ich rappelte mich auf und schlich leise ins Badezimmer.
Ich wühlte im Medizinschrank und fand wenig später, unter unzähligen von Aspirin und Antiallergikumtabletten, die von mir gesuchten Schlaftabletten.
Ich kramte die Verpackungsbeilage aus dem kleinen Schächtelchen und suchte nach der geeigneten Dosierung.
Zwei wären laut Verpackung ausreichend um eine Nacht durch zu schlafen. Vier wären ausreichend um einen vierundzwanzig Stunden Flug zu überstehen. Vierundzwanzig Stunden zu schlafen, waren mit aber zu wenig.
Ich wollte mich nicht lange mit irgendwelchen logischen Rechnungen beschäftigen, und drückte sieben der kleinen runden Tabletten aus der Aluminiumpackung.
"Los Taddl, beende es jetzt. Tu es für Ardy", ermutigte ich mich und sah in den Spiegel.
"Los Thaddeus!", schrie ich nun und sah wie eine Träne mein linkes Auge verließ.
"Taddl, alles okay? Was machst du da drin?", hörte ich Ardy von draußen an die Tür klopfen.
Konnte dieser Junge einen nicht einmal Inruhe lassen?
"Ich sitze auf Toilette", stammelte ich und fasste mir an den Kopf, wie unglaubwürdig das doch geklungen haben muss.
"Machst du die Tür auf?"
Ich seufzte.
"Ich sitze doch auf Toilette."
Die Tür öffnete sich und Ardy stand vor mir. Ich hatte vergessen abzuschließen.Idiot.
Ich sah hinter Ardy, doch da war niemand.
Was war das für eine Stimme?
"Wieso hast du so viele Tabletten in der Hand?", fragte Ardy und hatte seinen Blick starr auf meine Hand gerichtet.
"Nur so", stammelte ich mal wieder.
"Willst du dich umbringen?"
Ich schluckte und schüttelte langsam den Kopf.
"Wieso?", fragte er ruhig und leicht traurig.
Leicht traurig.
Also nicht ganz traurig.
Er wäre also nicht traurig um meinen Tod.
Gut zu wissen.
"Antworte", befahl Ardy und riss mir die Tabletten aus der Hand.
Er starrte mich wütend an und warf die Tabletten in den Mülleimer im Badezimmer.
"Kann dir doch egal sein", meinte ich Schulter zuckend und wollte mich an ihm vorbei drücken, doch er ließ es nicht zu. So standen wir also schweigend, uns gegenüber im Badezimmer.
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