Kapitel 5

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Erschöpft lehnte ich mich gegen einen Baum. Für einen Moment schloss ich die Augen. Sofort schossen tausende Bilder durch meinen Kopf, wie meine ganze Familie vor den Ordnungshütern flüchten musste, wie mein Bruder einer verletzten Frau geholfen hat und ich ihn aus den Augen verlor. Und wie ich meine Schwester einfach hinter mir lies.

Ich war alleine. Niemand war mehr da und ich hatte keine Ahnung, wo sie alle waren.

Heiße Tränen liefen mir über meine Wangen und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Plötzlich vermischte sich das Gefühl von Trauer mit dem Gefühl von Schuld. Es war meine Schuld, dass ich meinen Bruder aus den Augen verloren hatte, meine Schuld, dass ich meine Schwester einfach hinter mir gelassen hatte...

Tag der Flucht

Es war ein Spätsommerlicher Tag und ich saß draußen auf der Wiese und hörte Musik. Mein Bruder arbeitete noch und meine Schwester half meiner Mum beim Kochen. Mein Vater kam gerade von der Arbeit zurück, als man Ordnungshüter die Einfahrt hochkommen sah. Alle in weiß gekleidet, scheinbar makellos.

Hastig sprang ich auf, und stürmte ins Haus.

Ein einziger Satz genügte, um meine Familie zu warnen. "Sie kommen.", flüsterte ich völlig aufgebracht und schaute panisch zu meinem Dad.

So als hätte die ganze Stadt darauf gewartet, dass ich dies sagte, hörte man augenblicklich einen Schrei. Ich zuckte zusammen, wollte etwas sagen brachte aber kein Wort raus. Wir alle hatten gewusste, dass es auch irgendwann zur Gefangenschaft unserer Stadt kommen sollte, aber noch lange nicht so früh.

Dann wurde die Tür mit einem dumpfen Geräusch aufgestoßen, ein Luftstoß warmer Sommerluft strich über meine Haut. Für ein paar Sekunden beruhigte mich die Wärme, doch dann wurde das Gefühl, von einem Schauer aus Angst überflutet.

mein Vater schrie: "Lauft", und ich flüchtete mit Avery aus der Hintertür. Noch einmal drehte ich meinen Kopf nach Hinten, schaute meine Eltern kurz an, dann drehte ich mich um und rannte davon.

"Carlyn", rief meine Schwester, "Was ist mit Adam?" "Er kommt zu Recht", sagte ich und hoffte, dass ich richtig lag. Daraufhin schwieg Avery hinter mir.

Wir rannten die Straßen entlang, sahen Menschen, die sich bereitwillig den Ordnungshütern überließen, auf ein besseres Leben hofften. Sahen Menschen, die voller Angst in die Gesichter der Ordnungshüter blickten, nicht wussten, was sie tun und fühlen sollten. Sahen Menschen, die sich den Griffen der Ordnungshüter entwinden wollten und voller Wut schrien.

Alles zog an mir vorüber, es schien nicht real zu sein. Ich rannte, wie durch Nebel, bis mir Adam verzweifelt in die Augen schaute. Abrupt blieb ich stehen und sah ihn an. Dann rannte Adam auf zwei Ordnungshüter zu, zu deren Füßen eine gestürzte Frau lag. Ich sah zu wie Adam ihr hoch half, ihr Hilfestellung gab... "Hey", Avery packte mich am Arm. Ich verlor kurz das Gleichgewicht, fing mich wieder und rannte Avery hinterher.

Niemand beobachtete uns oder schenkte uns Aufmerksamkeit. Ungehindert kamen wir langsam dem Stadtrand näher, verlangsamten unser Tempo aber nicht.

Das letzte Haus ließen wir letztendlich hinter uns und wir rannten nun den Feldweg Richtung Wald entlang. Nach nur ein paar Metern blieb Avery atemlos stehen und setzte sich müde auf den Wegrand. "Wir müssen weiter", keuchte ich und schaute dabei Avery fordernd an. Langsam schüttelte sie den Kopf ihr war die Erschöpfung anzusehen und ich gab schließlich nach und ließ mich neben sie fallen.

In der Ferne hörte man das Gewirr von Menschenstimmen, doch sonst redeten wir kein Wort miteinander. Man hörte nur unseren lauten Atem, der sich langsam beruhigte. Nach ein paar Minuten stand ich auf und zog meine Schwester auf die Beine. Diesmal rannten wir nicht sondern liefen den weg entlang, denn uns fehlte jegliche Energie.

Wir waren noch ungefähr zweihundert Meter vom Wald entfernt, als man hinter uns ein Motorgeräusch wahrnehmen konnte. Schnell schaute ich mich um und erkannte einen schwarzen Transporter, der mit rasendem Tempo auf uns zu fuhr und hinter sich eine Staubwolke ließ.

"Sie komme", sagte ich panisch und neues Adrenalin durchströmte meinen Körper. Sofort sprinteten wir los.

Erst kurz bevor wir den Waldrand erreichten, traute ich mich erneut einen Blick nach hinten zu werfen. Der Transporter bretterte immer noch mit hoher Geschwindigkeit den steinigen Feldweg entlang.

jetzt erreichten wir die ersten Bäume und wir rannten nun mitten querfeldein in den Wald. Äste schlugen mir ins Gesicht und ich schrammte mir an der Baumrinde meinen Arm auf. Doch ich ignorierte den brennenden Schmerz und rannte unbeirrt weiter. Hinter uns hörte man eine Autotür zuschlagen und Rufe von mindestens sechs Ordnungshütern. Doch ganz langsam verloren sich die Stimmen im Wald, aber trotzdem gab dies mir keine endgültige Sicherheit.

Nach einer Weile wurde der Wald dichter und dunkler, es wurde schwerer sich durch das Geäst zu kämpfen. Mein Hals wurde immer trockener, ich brauchte dringend Wasser, aber ignorierte den extremen Durst. Meine Beine waren schwer und meine Füße wund vom Laufen, doch auch die immer größer werdende Erschöpfung ignorierte ich. Ich hatte meinem Vater versprochen, um meine Freiheit zu kämpfen und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Daher wollte ich mir ganz sicher sein, dass uns auch niemand, der Ordnungshüter gefolgt war.

" Carlyn, lass uns anhalten", rief Avery außer Atem. Irgendwie war ich ihr dankbar für diese Entscheidung, da ich es selbst nie gewagt hätte anzuhalten. Also ließen wir uns beide völlig erschöpft ins weiche Moos sinken. Kaum saß ich, spürte ich den brennenden Durst wieder. Trotzdem meine Beine unendlich schmerzten, stand ich auf, und sagte an Avery gerichtet. " Wir brauchen Wasser". Sie nickte, stand ebenfalls auf und wir liefen erneut, durch das Dickicht an Bäumen und Büschen.

Wie gefühlte zwei Stunden liefen wir müde durch den Wald, doch ich wusste es konnten höchstens zwanzig Minuten gewesen sein. Mein Hals brannte, wie Feuer und ich sehnte mich nach einem kalten Schluck Wasser. Ich hatte gerade das Gefühl gleich zusammen zu brechen, als Avery ihren Zeigefinger auf ihre Lippen legte. Ich lauschte und nicht weit von uns war ein leises Plätschern zu hören. Ganz kurz lächelte ich und mit der letzten Energie, die wir aufbringen konnten, schleppten wir uns zu dem Bach. Angekommen, ließ ich mich auf die Knie fallen, tauchte meine Hände in das kühle Wasser und trank gierig das frische Wasser.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 20, 2015 ⏰

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