1. Willkommen Zurück

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An meinem sechzehnten Geburtstag hatte sich die Welt dazu entschlossen um mich herum zusammenzubrechen.

Ich hatte es nicht kommen sehen und es auch ganz sicher nicht gewollt. Wer würde so etwas schon wollen? Niemand, der auch nur halbwegs bei Verstand war, würde ein Leben ohne die wenigen Menschen, die einen eigentlich lieben, leben wollen. Ich war mir immer noch nicht sicher, was genau an diesem Tag geschehen war. Meine einzige Erinnerungen waren blaue glühende Augen, die mich aus dem Haus trugen - aber ich war mir immer noch ziemlich sicher, dass dieser Teil der Geschichte nur ein Albtraum war. Wer würde keine Albträume nach so einem Ereignis haben? Es würde jeden normalen Teenager mental zerstören.

Etwas hatte sich in dieser Nacht verändert. Etwas in mir hatte sich verändert und das war mir auch vollkommen bewusst. Ich wusste, dass ich nie wieder das gleiche sechzehn Jahre alte, schüchternde Mädchen sein würde, das ihr Leben damit verbrachte auf den Boden zu starren, um ja nicht aufzufallen. Dieses Mädchen könnte ich nie wieder sein. Die Welt würde mir weitaus mehr abverlangen.

Meine Mutter hätte mich zur Schule gezwungen, mit erhobenem Kopf und mit dem aufreizendsten Outfit, das ich besaß. Meine Nägel wären rot lackiert gewesen und meine langen dunklen Haare wären lockig über meine Schultern gefallen. Sie hätte nicht gewollt, dass ich mich weiterhin vor der Welt versteckte. Sie hätte gewollt, dass ich stark bin.

Nun war ich hier, im Korridor der Beacon Hills Highschool und klammerte mich an die Tür meines Schließfachs, während ich versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Meine Skinnyjeans hatte Löcher an den Knien und mein weißes T-Shirt betonte die kleinen Kurven, die ich besaß. Seit dem Feuer waren sechs Monate vergangen und meine wenigen übrig gebliebenen Besitztümer, befanden sich in einem Koffer in einem Schlafzimmer, in dem ich mich nicht daheim fühlte.

Ich wünschte ich hätte die Schule gewechselt. Ich wünschte die einzige Familie, die ich noch hatte, würde nicht in Beacon Hills leben. Dann hätte ich wenigstens bessere Chancen auf einen Neuanfang gehabt. Niemand würde wissen, was ich durchgemacht hatte und was in jeder Nacht passiert war. Leider hatte meine Tante Romaine hier schon ihr ganzes Leben verbracht und sie würde niemals hier wegziehen wollen.

Die Schulglocke läutete und ich erschrak mich ein wenig, als kichernde Schülerinnen und Schüler sich ihren Weg durch den Gang bahnten. Das würde in einem Desaster enden, ich konnte es jetzt schon fühlen. Alles, was ich wollte, war mich umzudrehen und hier rauszukommen, in meine kleine Welt weit weg von der Realität. Ich konnte das Blut förmlich in meinen Adern pulsieren spüren, wie es mir in den Kopf schoss, immer wenn mir jemand einen schrägen Blick zuwarf.

Ich wartete an meinem Schließfach darauf, dass die Menschenmenge verschwinden würde. Ich versteckte mein Gesicht hinter der Tür und holte tief Luft, bevor ich mich auf den Weg zum Klassenraum machte.

"Setzt euch alle sofort hin." Befahl Mr. Harris, während ich den Raum betrat. Ich stand nur da und starrte ihn von der Tür aus an, als alle Blicke sofort auf mich fielen. Ich hörte das Geflüster und schluckte schwer. Ich würde das schon durchstehen. "Willkommen zurück, Miss Parrish."

Vielleicht würde ich es doch nicht durchstehen.

Das Geflüster war nicht mehr so leise und Mr. Harris starrte mich an als würde er das denken, was die anderen gesagt hatten. Das hier war schlimmer als die Albträume. Hier konnte ich nicht aufwachen oder wegrennen. Sonst würde ich nur wieder in einer Zwangsjacke im Eichenhaus enden.

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