WANTED

[5] Dancing

Was meint er? Was, zur Hölle, will er mir damit schon wieder sagen!? Dieser Junge bringt mich noch auf die Palme, von der ich dann, dank der Angst, die er mir macht, wieder ungebremst herunter falle! Doch statt mich aufzuregen, fange ich nun wirklich an zu heulen, da ich weder weiß, was mit mir passiert, noch wie...

"Hey, nicht weinen, ich wollte dir keine Angst machen. Wenn er das rausbekommt, bin ich geliefert...", versucht er mich dann doch zu beruhigen, wobei er den letzten Teil mehr zu sich selbst sagt und meine Neugier erneuert weckt, was mich wiederum ablenkt, also hat er sein Ziel tatsächlich erreicht!
"Wer ist 'er'?"
"Das kann ich dir nicht sagen, so gern ich es wirklich wollte, aber das muss er schon selbst machen", erklärt er mir.
"Warum? Warum nennst du mir nicht wenigstens seinen Namen?"
"Weil es gegen das hohe Gesetzt der Luna verstößt", murmelt er noch leiser, vermutlich in der Hoffnung, ich könnte ihn überhören und würde aufhören weiter Fragen zu stellen und ihn in immer verzwicktere Situationen bringen, aber das ist nun mal nicht der Fall, also muss er da durch!
"Wer ist Luna?"
"Sie ist die Gottheit, die wir in unserer Religion, welche keinen spezifischen Namen besitzt, anbeten. Wir sind jetzt aber auch schon bei dir", atmet er erleichtert aus, als er unser Auffahrt rauf fährt und den Wagen etwas entfernt von der Haustür parkt, bevor er aussteigt, genau wie ich.

Ich schließe die Haustür auf, damit wir eintreten können, wobei er mich direkt in die Küche schiebt. Woher er weiß, dass sie sich genau die erste Tür rechts befindet? Ich habe keine Ahnung, würde es aber liebend gern wissen!
"Stalkst du mich?"
"Was? Wieso sollte ich!?", fragt er natürlich sofort, als wüsste er nicht worauf ich anspiele! Das sind mir die Richtigen... Obwohl-
"Du hast wirklich kein Plan, was ich meine, oder? Woher weißt du, dass die Küche genau hier ist!?", kläre ich ihn auf und dieser bereits bekannte Ausdruck, der so viel wie 'Erwischt' bedeutet, bildet sich wieder auf seinem Gesicht.
"Ich habe einen ziemlich gut ausgeprägten Geruchssinn", meint er schließlich und seinen Augen nach ist das sogar ernst gemeint! Na toll! Jetzt stehe ich wie ein Trottel da und Key lacht sich innerlich sicher tot über mich.
"Hat das in eurer Religion jeder?", frage ich mehr scherzhaft, worauf er aber auch schulterzuckend nickt.
"Sonst noch irgendwas, das ich über euch wissen sollte?"
"Na ja... Wir haben ein gutes Gehör und tragen alle keine Brille. Oh, und wir machen gerne die Nacht zum Tag", grinst er mit den Augenbrauen wackelnd.
"Also ein feierwütiges Volk, welches Glück mit ihrer körperlichen Gesundheit hat?", schlussfolgere ich.
"Ja, so kann man es auch sagen", nickt er nach kurzem Überlegen und wendet sich der Tür zu, doch bleibt stehen, bevor er sie durchschritten hat.
"Wo ist dein Zimmer?"
"Kannst du das nicht erschnüffeln? Hier, riech an mir und such!", lache ich und halte ihm den Arm hin als würde ich mit einem Köter reden.
"Sehr lustig!", verdreht er die Augen.
"Hoch und zweite Tür rechts", grinse ich herausfordernd.
"Da ist das Badezimmer! Eure Seife ist nicht zu überriechen", meint er nur und schaut mich abwartend an.
"Und wo liegt dann mein Zimmer?", will ich von ihm wissen.
"Die Seife übertönt alle anderen Gerüche", seufzt er ergeben und klappert ungeduldig mit seinen Fingernägeln auf der Theke, an der er lehnt.
"Gegenüber vom Bad.. Ich komme gleich nach", verrate ich Key dann doch des Rätsels Lösung und er nickt, bevor er verschwindet.

Der Kerl ist schon merkwürdig, aber sind wir das nicht alle? Normal ist ja bekanntlich langweilig! Wenn ich nur Verstehen würde, was das mit meinen Augen auf sich hat... Das ist doch nicht normal! Das Thema hatten wir ja gerade, aber sich selbst im Spiegel zu betrachten und türkisfarbenen Augen entgegen zu blicken, die eigentlich ein tiefes blau haben sollten und plötzlich violett werden... Das ist einfach nur gruselig! Irgendwie regt mich das auf und die jetzt rot werdenden Augen helfen mir auch nicht! Aber was ist, wenn irgendeine fremde Macht meinen Körper in Besitz nehmen will und ihn missbraucht? Jetzt werden meine Augen pink!? Können sich meine Augen mal entscheiden? Langsam nervt das ganze... und tada: sie sind wieder blau! Endlich!
Warte, Nein! Nicht wieder türkis werden! Zu spät... Und wieder zurück zu blau. Drehe ich jetzt durch, beziehungsweise meine Augen? Mal blau, dann wieder türkis, zurück zum Blau und wieder türkis, blau, türkis, blau, türkis... bleiben sie jetzt...? Nein, wieder blau. Als würden die beiden Farben um die Dominanz kämpfen und ich kann dabei zugucken, dank des wundersamen Spiegels bei uns im Flur.
Dieses Farbenspiel ist so faszinierend, als würde Wasser mit der Luft Tango tanzen, wobei sie sich in der Führung abwechseln, als würden sie sich vereinen wollen...

Warum verschwimmt alles um mich herum? Ich kann lediglich die Farben noch klar und deutlich erkennen, aber weder die dunkelbraune Komode, noch die orangene Wand hinter mir kann ich ausfindig machen. Meine Augen sind lediglich zwei große Punkte in denen ein blau-türkiser Sturm tobt. Noch bin ich zu geschockt und überwältigt von dem, was mit mir gerade passiert, um um Hilfe zu schreien, aber als auch die letzten Züge meiner Augen verblassen und alles zu einem grellen, aber doch warmen weiß verschmilzt, kann ich nicht mehr ruhig bleiben, auch wenn ich innerlich froh darüber bin, dass es nicht schwarz wird.
"Keylan? Keylan! KEYLAN!"
"Jill! Alles okay bei dir? Wo bleibst du denn?", höre ich ihn die Treppe herunter stolpern, kann ihn aber nicht ausfindig machen, als ich in seine Richtung schaue.
"Ich kann dich nicht sehen. Nur weiß. Gerade eben war ich noch fasziniert, wie sich meine Augenfarbe von blau zu türkis und wieder zurück verändert hat, als würden sie miteinander spielen oder gar tanzen, aber jetzt? Jetzt sehr ich nur weiß...", erläutere ich ihm gefasst und versuche die Tränen in meinen undefinierbaren Augen zu halten.
"Du musst jetzt ruhig bleiben. Das mit deinen Augen ist schneller vorbei, als du denkst, glaub mir, nur ist das erst der Anfang", nimmt er mich in seinen Arm und drückt mich beruhigend an deine Brust.
"Wovon ist es der Anfang?", traue ich mich dann auch zu fragen, auch wenn es lediglich ein flüstern ist, welches über meine Lippen huscht.
"Sie übernimmt jetzt. Wenn du es akzeptierst und geschehen lässt, wird es schneller und schmerzloser vorüber gehen, einfach wird es aber auf keinen Fall... Ich musste da auch durch, nur wurde ich mein Leben lang darauf vorbereitet"

Zu mehr als nur schwer zu schlucken, war ich in diesem Moment nicht in der Lage und dann...