Kapitel 11 - Niemand ist perfekt...

920 19 2
                                    

Die Sonne ging gerade unter, als ich, völlig niedergeschlagen, mein altes zu Hause betrat... Wenigstens hatte Viktor meine Abwesenheit nicht dazu genutzt, das Schloss auszutauschen... Als ich gerade über den Korridor schlich, ging plötzlich die Wohnzimmertür auf und Viktor trat heraus... (Der fehlt mir jetzt grad noch...) Fuchsteufelswild kam er auf mich zugestürmt, "Ich glaub, ich spinne! Kannst du mir mal verraten, was du dir dabei gedacht hast, Fräulein?! Erst haust du einfach ab und jetzt tauchst du hier auf, als wär nichts gewesen?! Deine Mutter war krank vor Sorge! Von wegen, bei deiner Freundin...! Wir haben sie zufällig getroffen und, oh Wunder, sie wusste von Nix! Wo, verdammt nochmal, hast du dich rumgetrieben?!". Überaus beschämt, versuchte ich mein Gesicht, hinter meinen Haaren, zu verstecken und mied jeglichen Blickkontakt, "Bitte, Viktor..., nicht jetzt... Ich bin grad wirklich nicht in der Stimmung, mich zu streiten...". Soeben wollte ich an ihm vorbeiziehen, da packte er mich am Arm und schaute mir grimmig ins Gesicht. "Und was ist das?!", starrte er auf die rote, morgen wahrscheinlich grün und blaue, Stelle, auf meiner Wange. Ich drehte mich abrupt von ihm weg, "D-Das ist Nichts...!". "Na sicher doch... Jetzt sag schon! Wer hat das getan?! Dem mach ich so dermaßen die Hölle heiß, dass ihm Hören und Sehen vergeht!", rief er, außer sich vor Wut. (Also, eines muss man Viktor lassen... Auch, wenn er mich gerade mal so gern hat, wie Fußpilz... Er würde nicht wollen, dass mir etwas zustößt...) "Es war... ein Unfall..., okay?!", sagte ich, mit bebender Stimme und löste mich aus seinem Griff. Dann rannte ich in mein Zimmer... "Hey! Ich bin noch nicht fertig mit dir, junge Dame!", schrie er mir hinterher. Aber bevor er mir weiter auf den Senkel gehen konnte, verriegelte ich meine Zimmertür. Mein Blick schweifte sogleich durch den Raum, der immer noch genauso aussah, wie ich ihn verlassen hatte. Mein Rechner stand, ziemlich verstaubt, in seiner Ecke und wartete darauf, endlich wieder in Betrieb genommen zu werden... Und mein Bett... (Na toll... Mein Bettzeug liegt noch im Versteck... Das wird 'ne ungemütliche Nacht... Na, wenigstens ist es warm...)

Auf einmal klopfte es am Fenster. (Oh... Leonardo... Den hab ich ja völlig vergessen...!) Ich lief rüber zum Fenster, um es zu öffnen. Leo schaute mich etwas besorgt an, "Alles in Ordnung?". "Uhm... Der Freund meiner Mum hat mich in Empfang genommen... Er war... nicht gerade begeistert... Aber das brauch dich nicht weiter zu kümmern...", teilte ich ihm mit. "Okay..., dann..., hier, deine Sachen.", hielt er mir meine Tasche entgegen. Ich nahm sie ihm ab und warf sie erst einmal auf mein Bett. "Willst du... nicht reinkommen?", fragte ich, ein wenig verunsichert. Er wirkte irgendwie nervös, "Ähm... Ich weiß nicht... Willst du denn, dass ich reinkomme?". (Gute Frage... Einerseits möchte ich einfach nur meine Ruhe haben, aber andererseits... möchte ich nicht allein sein... Höchst paradox...) Ich schob das Fenster weiter auf, um ihm so, wortlos, meine Antwort mitzuteilen. Zögerlich betrat er mein Zimmer und schaute sich neugierig um. Wir standen eine ganze Weile, mitten im Raum, und schwiegen uns an... Nun erst ging mir alles noch einmal durch den Kopf... (Ich fass es einfach nicht, dass er mich geschlagen hat...) Leo bemerkte wohl, an meinem deprimiertem Gesichtsausdruck, dass ich in Gedanken gerade bei Raphael war. "Kann ich... irgendetwas für dich tun...?", fragte er mitfühlend. Ich starrte betreten zu Boden, "Nein..., ich denke nicht...". Und mit einem Mal kamen all die angestauten Emotionen hoch... Schluchzend vergrub ich das Gesicht in meinen Händen. (Nicht schon wieder! Wie peinlich...) Da ich mich gar nicht mehr beruhigen wollte, kam Leo zu mir und nahm mich, fürsorglich, in den Arm. "Nicht doch... Ich bin mir sicher, dass er nicht vorhatte, dir wehzutun...", sagte er ruhig. "I-Ich weiß... Es ist nur... Ich hab ja mit allem gerechnet..., aber nie hätte ich es für möglich gehalten, dass mich mal einer seiner Wutanfälle trifft... Ich bin so... durcheinander...", schniefte ich gekränkt. "Hey, das wird schon wieder! Wirst schon sehen!", packte er mich an den Schultern, um mich, vor sich, zu positionieren. Dann stupste er sanft gegen mein Kinn, "Jetzt hör auf zu weinen, ja? Du gefällst mir viel besser, wenn du lachst.". Er wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und lächelte mich liebevoll an. Dies war eine ausgesprochen befremdliche Situation... Leo fokussierte mich angespannt und ich starrte ihm in seine durchdringend blauen Augen... Ich war wie gelähmt... Und eh ich wusste, wie mir geschah, hingen seine Lippen an den meinen... Äußerst behutsam strich er mit seinen Händen über meinen Rücken. Ich schloss meine Augen und ließ mich zu dem Kuss hinreißen... Für einen Moment konnte ich einfach alles vergessen...

❀ Beauty and... the Mutant? ❀Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt