Der Schleier von Abwesenheit war aus seinen Augen verschwunden und zeigte so etwas wie Interesse.
Was bildest du dir ein? Niemand hat jemals Interesse an dir gezeigt.
Er lächelte leicht, als ich hastig die Musik ausmachte und mein Handy wieder verstaute.
Die Hände zitterten wie Espenlaub im Wind.
Mein Kopf dröhnte.
Die Herzschläge wurden rasender.
Meine Ohren rauschten.Scheiße.
Dabei hatte der Morgen so gut angefangen.
Geplant war ein entspannter Spaziergang, mit frischer Luft und Frühstück in der Bäckerei.
Eine schöne Aussicht auf die Big Ben und ein Sonnenaufgang hinter der Themse. Von einem anstrengenden Gemetzel der Gefühle war nie die Rede.
"Ist schon gut, du brauchst dich nicht zu entschuldigen.", sagte er sanft, während ich ihm beschämt entgegenschaute und verstohlen den Reisverschluss der Jackentasche zuzog.
"Okay.", krächzte ich heiser während er sich lächelnd vor mich stellte und dann die Hand ausstreckte.
Mir wurde noch heißer.Ich bau Scheiße und er will sich höflich vorstellen?
"Schön dich kennenzulernen...", ich reichte ihm meine Hand, "...ich bin Jamie."
Mir blieb die Spucke weg, als er seine in meine legte.
Der Junge hatte so weiche Haut wie ein Babypopo.
"Ich bin Lily.", bekam mein Mund zusammen.
Hin- und hergerissen blickte ich verträumt auf unsere Hände.Was geht hier gerade ab?
Jamie grinste schief, als ich wieder aufschaute. "Ist alles okay?"
Mit vernebeltem Hirn blinzelte ich ein paar Mal.
"Mhm...ja?", flüsterte ich abwesend.
Er lachte auf und ich konnte nichts machen außer knallrot anzulaufen.
Hilflos lauschte ich dem Klang seiner Stimme, während sich seine kleinen Grübchen bildeten und er mit der Hand durch die glänzenden Haare fuhr.
Die goldene Sonne ließ ihn wie einen Engel ohne Flügel wirken, wie er dort so lässig mit Herbstmantel und enger, schwarzer Hose stand.
Erst jetzt bemerkte man, dass er links einen silbernen Ring am Ohr trug, da die Haare nun leicht hinter dem Ohr steckten.
"Du hast aber was abbekommen. 'Siehst blass aus.", lächelte er verschwörerisch und grinste dann wieder, als ich ihn entgeistert ansah.
"Blass? Mir ist total warm.", platzte es heraus.Weil du so schön bist.
Bis ich das Ausgesprochene bemerkte, lächelte er niedlich und blickte auf seine Schuhe.
Ein leichtes rosa legte sich auf seine Wangen, während er die Hände knetete. "Die Sonne übertreibt heute wieder.", fügte ich kleinlaut hinzu, obwohl ich schon längst alles verraten hatte.
"Naja... Wenn dir schon so warm ist, dann kannst du ja nicht mit mir frühstücken gehen, oder?", fragte er erwartungsvoll und schmunzelte leicht, während seine Augen vor Freude glänzten.
Es war so süß, wie er versuchte mich zu überzeugen.
Ich konnte nicht einfach mit einem wildfremden Essen gehen.Er war nett und schön, aber kein Freund. Nur ein Typ, den ich aus Versehen angerempelt hatte. Gerade mal seinen Namen kannte ich. Und außerdem war er bestimmt nur so nett, um irgendwas mit mir zu machen und dann wieder abzuhauen. Andererseits konnte ich es ausnutzen, das Frühstück nicht allein zu verspeisen.
"Ich lade dich auch ein.", setzte er noch schnell hinzu und kratzt sich am Hinterkopf.Oder du nutzt die Tatsache aus, dass er perfekt für dich ist, weil er sogar bezahlt. Und weil er einfach das Abbild deines Traummannes ist.
Okay, mein Unterbewusstsein hatte Recht.
"Ja, klar. Wieso nicht?"
Ich lächelte etwas unsicher, um es realistischer wirken zu lassen.Jamie schaute überrascht und grinste dann zufrieden, während er langsam näher kam.
"Das freut mich."Seine langen Wimpern warfen Schatten, als er freundlich hinabschaute.
Einen zwei Köpfe größeren Typen hatte ich noch nie getroffen, vor allen dingen nicht so einen gutaussehenden. "Dann wollen wir mal losgehen, bevor du zerschmilzt.", scherzte er und lachte leise.
"Ja, das sollten wir. Schließlich bestehe ich ja aus Eis."Du hast einen längeren Satz als zwei Wörter gebildet! Gratulation!
Meine innere Stimme konnte von Glück reden, in so einem Körper zu stecken, der sich auch manchmal etwas zutraute. Mit viel Herzblut und Mut schaute ich das letzte Mal in seine Augen, bevor ich kopfschüttelnd losging und Jamie mir lachend folgte.
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Schaupieler und andere Probleme
RomansaLily findet London langweilig. In der Schule bekommt sie keine Freunde und privat passiert nichts spektakuläres. Sie will wieder zurück in ihre Heimatstadt Seattle, wo ihr altes Leben auf sie wartet. Leider zwingt sie aber der Job von ihrem Dad zu b...