~Kapitel 3~

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Lyanna war zu aufgelöst, um sich um die Richtung zu kümmern, in die sie ritt. Doch Balios schien zu wissen wohin es sie in ihrem Innersten trieb. Er rannte nach Norden, kreuzte den Königsweg und steuerte auf den Wolfswald zu. Nach einer Weile wurde Balios langsamer und blieb stehen. Schnaubend warf er den Kopf in die Höhe und tänzelte auf der Stelle. Lyanna wusste, was dies hieß. Sie schaute sich um und stieg ab. „Balios..." flüsterte sie und streichelte beruhigend seinen Hals. Er hatte sie geradewegs zum nächsten Götterhain gebracht. Sie stand vor einem der wenigen Wehrholzbäume, die im Norden noch standen. Es hieß, die Wehrholzbäume wurden von den Kindern des Waldes gepflanzt und mit einem Gesicht versehen, damit die Götter durch die Bäume auf die Menschen und Tiere achten und sie beobachten konnten. Doch als die Andalen nach Westeros kamen, fällten sie die Bäume und brachten ihre eigene Religion, ihre eigenen Götter mit.Nur im Norden des Landes, dem Gebiet der Familie Stark, gab es noch vereinzelt Wehrholzbäume. In ihren Adern floss das Blut der ersten Menschen die Westeros besiedelten. Sie würden immer an die alten Götter glauben.

Lyanna kniete sich in die herabgefallenen, blutroten Blätter vor den Wehrholzbaum. Sie schloss die Augen. Bitte, betete sie, bitte, wenn es euch noch gibt, helft mir.

Nach einer Weile hörte sie ein Rascheln hinter sich. Lyanna schlug die Augen auf und drehte sich um. „Hab keine Angst, ich bin es nur." sagte Eddard leise.

Lyanna atmete auf. „Ned!" rief sie erfreut, sprang auf und umarmte ihren Bruder stürmisch. „Du hast mir so gefehlt." flüsterte sie. „Du mir auch, kleine Schwester" sagte Ned lächelnd. „Wie geht es dir?" wollte sie wissen. Ned lächelte. „Es könnte nicht besser sein." Er erzählte ihr von seinem Leben im Grünen Tal, wo er als Mündel zusammen mit Robert Baratheon auf Hohenehr aufwuchs.

„Robert Baratheon," setzte Lyanna an, „vertraust du ihm?" „Er ist für mich wie ein Bruder." antwortete Ned. „Ich weiß, das du ihn nicht heiraten willst. Aber Robert liebt dich. Er liebt dich, seit er und Jon mich von Winterfelll holten, damals vor drei Jahren." „Stimmt es? Stimmt es, dass er einen Bastard im Grünen Tal gezeugt hat?" fragte Lyanna drängend. Neds Gesicht verdüsterte sich. „Ja." gab er zu, „es stimmt. Mya Stein, ein kleines Mädchen von drei Jahren. Sie hat das gleiche rabenschwarze Haar wie er. Aber Lyanna, das war bevor er dich kennenlernte. Was er vor der Verlobung tat, hat nichts zu bedeuten. Er wird sich ändern, für dich." versicherte er.

Doch Lyannas Zweifle verschwanden nicht. Sie glaubte nicht daran, so sehr Robert sie auch liebte, es würde ihn nicht von der Untreue nach der Hochzeit aufhalten. „Liebe ist süß Ned, doch sie kann das Wesen eines Menschen nicht verändern." sagte Lyanna traurig. Sie ging auf Balios zu und stieg auf. „Vater wird wütend sein, weil ich vorhin davon gestürmt bin" sagte sie reumütig. Sie war viel ruhiger als vorhin, nicht mehr erzürnt und aufbrausend. Nur Ned schaffte es, sie zu beruhigen. Er blieb einfach immer ruhig und behielt die Fassung. Während Lyanna das aufbrausende, eigenwillige Wolfsmädchen und Brandon als der „wilde Wolf" bekannt war, wurde Ned nur „der ruhige Wolf" genannt. „Er wird sich wieder beruhigt haben. Unser hoher Vater weiß, das du das Wolfsblut in dir hast" meinte Eddard. Lyanna lächelte und gab Balios die Sporen. Sie ritt aus dem Wolfswald hinaus, den kalten Nordwind im Gesicht, Richtung Winterfell.

Das Lied von Eis und Feuer-die Geschichte der Lyanna StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt