Der Tag der Mysterie

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Der schrille Ton des Weckers lässt Dawns Traum auflösen. Alles was ihr bleibt ist das Gefühl von Geborgenheit in ihrem Herzen. Schon ehe ihr Fuß den Holzboden berührt, hat sie schon den Inhalt ihres Traums vergessen. Wenn sie es recht bedenkt, kann sie sich an keinen ihrer Träume mehr erinnern.
"Wuff."
Dawn dreht sich zum Fenster um. In den kleinen Weidenkörbchen unter der Fensterbank wedelt ihr Hund freudig mit dem Schwanz. Sie beugt sich zu den kleinen Vierbeiner hinunter und streichelt sein kleines Köpfchen.
"Guten Morgen, Tatze."
Bellend streckt Tatze seinen Kopf näher in die Richtung von Dawns Hand. Lachend geht sie in die Küche. Dort erwartet sie ein strenger Geruch.
"Tatze!", ruft Dawn zurück in ihr Schlafzimmer.
Mit eingezogenen Schwanz und niedergelegte Ohren tapst der Kleine auf sein Frauchen zu. Diese schaut mit in den Hüften gestemmten Händen auf Tatze hinab.
"Der Gestank von Schuld liegt in der Luft."
Aber eigentlich ist es auch Dawns Schuld. Sie war gestern einfach zu müde von ihrem ersten halben Arbeitstag gewesen, um noch mit Tatze Gassi zu gehen.
"Heute dafür eine extra lange Runde?"

Der Wald von Gravity Falls. Eine idyllische Landschaft mit hohen Bäumen, friedlichen Tieren und der beste Platz um Vögel zu beobachten. Wenn man in die richtigen Gebiete geht, konnte man Zwerge bei ihrem Eichhörnchenbad sehen oder von einem Monster im See gefressen werden.
Irgendwo tief im Bewusstsein von Dawn, kennt sie die Geheimnisse und Gefahren von Gravity Falls. Ihr Bauchgefühl verriet immer, welche Orte man betreten konnte, ohne den Geheimnissen der Stadt zu begegnen.
Seit sie Tatze im Wald, fast verhungert und am Ende seiner Lebenskräfte, gefunden hat, hat Dawn sich eine kleine und vor allem ungefährliche Runde zum Gassi gehen, für ihren Vierbeiner ausgedacht. Diesen Plan hatte sie natürlich aufgeschrieben. Nur den Teil mit den gefährlichen und mystischen Orte hatte sie mit unsichtbarer Tinte, woher sie diese Vorsichtsmaßnahme nur hat weiß Dawn selbst nicht, und mit der Caesar-Verschlüsselung verschlüsselt.
Eigentlich verschlüsselt Dawn fast alles, was andere nicht unbedingt lesen müssen. Das liegt einfach in ihrer Natur.
"So Tatze. Heute muss ich wieder arbeiten gehen, aber dieses mal bekommst du deine abendliche Ausgehrunde."
Außer sie würde wieder von Wendy und ihrer Clique eingeladen, etwas mit ihnen zu unternehmen. Zuerst würde sie es leicht ablehnen, bis Thompson Dawn wieder mit seinen Welpenblick ansieht. So läuft es fast jedes mal ab.
"Hoffen wir das beste Tatze, hoffen wir das beste."

Schnaufend und heftig atmen lehnt sich Dawn an den Türrahmen der Shack. Hier Herz klopft wild gegen ihre Brust und droht diesen zu zersprengen.
Bei der Gassirunde mit Tatze hat sie ganz die Zeit vergessen und musste so den gesamten Weg zu ihrer Arbeitsstätte rennen.
"Hey, Dawn."
Sie winkt Wendy kraftlos zu, während sie sich in die Shack schleift. Am Boden spielen Mabel und Dipper ein Kartenspiel.
Der Schweiß tropft ihr von der Stirn, den sie mit den Ärmel ihres Hoodies weg wischt. Vielleicht sollte sie im Sommer doch lieber kürzere Sachen tragen und keine Hoodies mehr anziehen.
"Wir beide wissen doch genau, dass du nicht damit aufhören wirst, Hoodies zu tragen."
Verständnislos schaut Dawn auf ihre rothaarige Freundin, die gerade mit einer Zeitschrift an die Kasse tritt. Woher wusste sie denn, woran Dawn gerade gedacht hast?
"Denselben Blick hattest du letztes Jahr auch schon, als es so heiß hier war."
Natürlich. Nur Wendy konnte sich an so kleine Details erinnern. Augenverdrehend stellt sie sich neben Wendy, als gerade die zwei streitenden Brüder den Raum betreten.
"Nicht mit mir, Ford. Das kannst du vergessen."
Als ihr Blick auf die Brünette fällt, verfallen sie wieder in Stille. Warum begannen sie immer zu schweigen, wenn Dawn im selben Raum war?
"Gut, das ihr alle da seid. Soos repariert gerade eine Attraktion. Kinder, schaut mal lieber bei ihm vorbei. Wendy du bleibst bei der Kasse und Dawn?"
"Ja, Boss?"
Grinsend blickt er mich an. Anscheinend gefällt ihm der Gedanke daran, Boss genannt zu werden.
"Sie werden heute mit mir eine Führung machen. Also ich führe die Gruppe und Sie tun so als wären Sie ein begeisterter Tourist."
Auf jedenfall eine interessante Tätigkeit. Außerdem konnte sie so mal die Tour der berühmten Mystery Shack live miterleben.
"Ich müsste sogar noch irgendwo eine Kamera haben."
Grübelnd verlässt Mr. Pines die Shack wieder. Mabel und Dipper sind sofort aufgebrochen, als ihr Großonkel Soos erwähnt hatte. Wendy hat ihre Nase in ihre Zeitschrift gesteckt und Ford wollte gerade auch das Souvenirgeschäft verlassen.
"Warten Sie", hält Dawn ihn auf und stellt sich ihm in den Weg, "wir wurden uns noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich bin Dawn Krypto."
Dawn hält ihm die Hand hin, diese ihr Gegenüber auch nach kurzem Zögern ergreift. Ein kribbelndes Gefühl erfüllt ihre Hand und ein leichtes Lächeln bildet sich auf Dawns Gesicht aus.
"Dr. Stanford Pines. Erfreut Sie kennenzulernen."
Die Freude ist doch ganz auf ihrer Seite. Es ist als hätte Dawn einen Freund, den sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat, wiedertreffen.
"Gleichfalls."
Dawn kann seine Hand einfach nicht mehr loslassen. Sie fühlt sich so warm in ihrer an.
"Ich muss dann auch los. Die Arbeit ruft."
Einige Minuten bleibt sie noch am selben Fleck stehen, ohne richtig realisiert zu haben, dass er schon längst verschwunden ist.
"Er ist weg."
Wendy schaut vom Rand der Zeitschrift auf Dawn, die immer noch auf den Fleck starrt.
"Ich weiß."
Dawn dreht sich zu Wendy um. Diese hat ihre Zeitschrift auf den Tresen gelegt und blickt die Älter mit gerunzelter Stirn an.
"Du weißt schon, dass er fast dreifach so alt ist wie du?"
Natürlich weiß Dawn das. Doch sie konnte nichts dagegen tun. Es ist ziemlich verrückt. Er erinnert sie an gute Zeiten, prickelnde Sommer und gemütliche Abende. Dawn sieht in seinen Augen Entschlossenheit und in den tiefsten Winkeln kann sie auch eine tiefe Traurigkeit entdecken. Sie dachte immer, sie wäre das größte Geheimnis von Gravity Falls, doch jetzt hat es sich verändert. Ford Pines ist bis jetzt das größte Mysterium aller Dimensionen und Dawn schwört sich, jedes kleine Geheimnis von ihm zu lösen.
"So hier ist die Kamera. Spiel einfach mit. Die glauben einen alles, wenn man denen es nur richtig verkauft."
"Also den perfekten Touristen geben, ein paar Ohs und Ahs verteilen, alles fotografieren, was mir in die Augen fällt und am Ende Leute geschickt zum kaufen verführen?"
Anscheinend kannte sie sich mit Gaunereien besser aus, als sie erwartet hat. Obwohl sie das sicherlich nicht tun sollte, ist Dawn gerade verdammt stolz auf sich.
"Sie sparen mir unheimlich viel Zeit. Das finde ich gut. Zeit ist verdammt kostbar."

Eine Führung durch die Mystery Shack gestaltet sich als einziger Betrug. Die Ausstellungsstücke stanken förmlich nach Fälschung. Doch für die echten Stücke, die ohne Frage wirklich echt sind, hat sich niemand interessiert. Zumindest niemand außer sie. Doch sie durfte sich ja nichts anmerken lassen.
Mr. Pines ist nicht zufrieden mit ihrer Leistung, dass kann Dawn ganz deutlich in seinem Gesicht ablesen. Anscheinend ist sie eine schlechte Touristin. Wie auch immer das funktionieren sollte, Dawn hat das geschafft. Sie musste an anderen Stellen Punkten und sie weiß ganz genau an welchen.
"Ich kann mich nicht entscheiden. Rot oder blau?"
Eine Frau mittleren Alters hält abwechselnd zwei Kristallkugeln aus billig angemalten Plastik in die Höhe. Der einzige Unterschied ist der Sockel. Dawn braucht jemand der ihr erklärt, warum sie sich deswegen nicht entscheiden kann.
"Nehmen Sie doch einfach beide. Selbst ich könnte mich nicht zwischen den beiden entscheiden. Sie sind beide so individuell und bezaubernd. Außerdem doppelt hält besser."
50 Dollar wandern in die Kasse.
Ein kleiner Junge hängt sich schreiend an den Arm seiner Mutter. Seine winzige Hand zeigen auf ein T-Shirt und eine Cappie.
"Aber Charlie, du hast doch schon ein Plüschhasenbiber."
Doch der Bursche will einfach nicht aufhören mit weinen. Die perfekte Gelegenheit um wieder Geld in die Kasse zu schaffen.
"Sie wollen doch nicht das ihr geliebtes Kind von anderen geärgert wird, weil er nach dem Sommer keine neue Klamotten hat."
Okay, das war nicht so toll, wie es sich noch in ihren Gedanken angehört hat, doch verfehlt es seine Wirkung auf gar keinen Fall. Da hat sie die Mystery Shack wieder um neunzig Dollar bereichert.

"Dawn Krypto, ich muss ehrlich zugeben, zuerst hatte ich wenig Hoffnung Profit zu machen. Sie waren in der Führung einfach zu durchschaubar, aber ehrlich ich bin überrascht. Machen Sie weiter so und Sie werden es noch weit bringen."
So ein Lob hört Wendy anscheinend auch nicht alle Tage. Mit grinsenden Gesicht blickt Dawn auf den geöffneten Mund von Wendy. Stan klopft ihr noch kurz auf Dawns Schulter, bevor er sich um die nächste Fuhre Touristen kümmert.
"Applaus wäre zwar jetzt angebracht, aber ich kann gerne darauf verzichten."
Dawn wirft ihr braunes Haar zurück. Das verpasst Wendy doch noch einen Lachanfall.
"Mache weiter so und du wirst noch als Diva abgestempelt", prustet Wendy hervor.

[Abgebrochen] Dawn Krypto und das Geheimnis des AutorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt