10.Flucht

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Der dunkle Wolf gab ein drohendes Knurren von sich und spannte seine Muskeln an.
Ich bekam wie durch einen Schleier mit, dass Cole (Es war komisch,  seinen Namen zu kennen.) sich neben mir bereit zum Sprung machte.

Das nächste, was er mir zuraunte,  war ein einziges Wort:

'Lauf!'

Wie in Zeitlupe bekam ich mit, wie der dunkle Wolf zu Sprung ansetzte und durch die Luft auf mich zuflog. 
Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

Im selben Moment wirbelte ich herum und spannte meine Muskeln an.

Jetzt!

Ich machte einen riesigen Satz und flog zwischen den Tannen davon.
Mein Atem jagte, dicht neben mir rannte der schwarze Wolf durch den Wald.
Ich merkte, das er Mühe hatte, bei mir zu bleiben,  und nicht die Flucht zu ergreifen.
Wofür ich ihm jedoch sehr dankbar war, denn meine Beine waren leider nunmal um einiges kürzer.

Das trommelnde Geräusch rasender Pfoten ließ mich in einen gleichmäßigen Rhythmus verfallen.
Plötzlich bemerkte ich eine verschwommene Bewegung zwischen den dicht stehenden Bäumen.
Der dunkle Wolf folgte uns!
Und er legte ein beachtliches Tempo vor.

Na kein Wunder, bei seiner Größe!
Ich steigerte mein Tempo.
Mittlerweile raste mein Herz, jedoch nicht vor Erschöpfung,  sondern aus Angst davor, was geschehen würde,  würde der Wolf uns einholen.

Mein Begleiter schien Ähnliche Bedenken zu hegen, da auch er immer wieder nervöse Blicke nach hinten warf.
Aber er konnte es doch von der Größe her locker mit unserem Verfolger aufnehmen!
Ich dagegen...
Mir wurde beinahe übel.
Ich wollte gar nicht daran denken, was so ein Riese mit mir anstellen würde...
Schon deshalb, weil ich auch als Wolf relativ klein war.
Ich hätte nicht den leisesten Hauch einer Chance!

Gar nicht drüber nachdenken!
Ich richtete meinen fahrigen Blick nach vorne...

Und hätte beinahe laut aufgejault:

Wir steuerten geradewegs auf die Klippe zu!

Ich warf Cole verängstigte Blicke zu und versuchte ihm unsere missliche Lage mitzuteilen.
In seinen Augen konnte ich für ein paar Sekunden Erkenntniss sehen, dann schob sich jedoch Entschlossenheit vor.
Ich konnte die hohe Klippe schon sehen, hörte die Gicht an die Felsen schlagen und sah kreischende Möwen ihre tollkühnen Kreise ziehen.

Gerade, als sich der Wald vor uns teilte, sah er mich an:

'Vertrau mir!'

Dann beschleunigte er und ließ mich  hinter sich.
Was?
Er ließ mich alleine???
Die trommelnden Pfoten des dunklen Wolfes näherten sich gefährlich.
Ich atmete einmal tief durch und schnellte mit aller Kraft die letzten Meter nach vorne.
Wahrscheinlich dachte mein Verfolger jetzt, wir würden in der Falle stecken...
Tat ich ja auch!

Denn von meinem Begleiter war kein Stück zu sehen.

Ich war nun gezwungen, mein Tempo zu verlangsamen, da ein paar Meter weiter der tödliche Abgrund der Klippe begann.
Wo blieb er nur?
Aber so leicht würde ich nicht aufgeben!
Entschlossen  wirbelte ich herum und starrte in die dunklen Augen.
Er stand nur ein paar Meter entfernt und sah mich an.
Er ließ seine Muskeln unter dem dichten  Fell  spielen.
Alles in allem machte er nicht den Eindruck, als würde von mir eine sonderlich große Gefahr ausgehen!
Eher, als wüsste er, das ich ihm in die Falle gegangen war.

Mit unglaublicher Gelassenheit trat er einen Schritt auf mich zu.
Alles in mir spannte sich an, mit Unbehagen realisierte ich, dass ich in der Falle saß.
Wo blieb Cole bloß?!
Aber ich würde mich nicht kampflos ergeben, darauf konnte er wetten.
Ich wich einen Schritt weiter zum Abgrund zurück.

Don't say neverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt