2. Kapitel

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Oh. Ich gucke Dad für eine Sekunde entschuldigend an, bis mir einfällt, dass ich ihm das ja gar nicht schulde.

"Du musst Adina sein! Wir haben schon so viel von dir gehört." Die Frau überspielt die komische Situation gekonnt und zieht mich in eine enge Umarmung. Am liebsten würde ich sie wegstoßen, aber leider bin ich nicht wirklich so eine Person. Stattdessen klopfe ich ihr unbeholfen auf den Rücken. Oh man. "Ich bin Anne."

Ich entgegne nichts und nachdem sie sich von mir löst, strahlt sie mich mit einem breiten Lächeln an. "Wie ich sehe hast du schon gegessen. Wie war deine Anreise? Hast Christian dir schon dein Zimmer gezeigt?" Sie fragt zu viele Fragen auf einmal, deshalb nicke ich nur. "Ja." Ich schaffe es nicht so kühl, wie geplant zu sein, deshalb füge ich schnell "Das Zimmer ist wirklich schön" hinzu.

"Ja, nicht?" Sie lächelt mich an und schlägt sich auf die Stirn. "Ich hätte fast Ben vergessen!" Sie dreht sich zu ihrem Sohn um, der mit beiden Händen in den Hosentaschen an die Tür gelehnt steht. Er hat blondes Haar und ein freundliches Gesicht. "Willst du dich nicht vorstellen?" Sie schaut ihn auffordernd an.

"Hey." Er sieht mich an und winkt. Irgendwie weiß ich nicht, ob er das ironisch meint.

Als ich wie gewöhnlich nicht antworte herrscht für einige Sekunden Stille, bis der neuen Liebe meines Dads etwas einfällt. "Ben, du solltest Adina mal alle Zimmer zeigen, damit sie sich zurechtfindet," meint sie und lächelt währenddessen aber mich an. Ich schaue ihn unsicher an. Ich habe überhaupt keine Lust auf unnötigen Stress und würde mich ehrlich gesagt den Rest des Abends einfach in meinem neuen Bett verkriechen. Und die wieder aufstehen.

Ben nickt und räuspert sich. "Okay, ich hab' aber nicht viel Zeit." Mit diesen Worten dreht er sich um und Anne zeigt mir mit einer Handbewegung, dass ich ihm folgen soll.

Bevor ich ihn eingeholt habe, fängt Ben schon an zu reden. "Okay, also hier ist das Bad." Er zeigt auf eine Tür und bleibt stehen, bis ich bei ihm bin. "Okay." Ich nicke.

Plötzlich sieht er mich wütend an. Okay, das kam unerwartet. "Hör zu, das Ganze ist für meine Mutter extrem wichtig, also könntest du wenigstens versuchen höflich zu sein.  Ich bin ganz bestimmt auch nicht an einer neuen Familie interessiert." Er unterstreicht seine Worte in dem er Anführungszeichen in die Luft zeichnet.

Ich schlucke. Am liebsten würde ich einfach wieder nachhause gehen. "Ich-"

"Ich verstehe schon, dass das für dich schwer ist. Was auch immer zwischen euch vorgefallen ist, aber du kannst ja wenigstens versuchen nett zu ihr zu sein. Schließlich bist du freiwillig hier."

Ich will sagen, dass Dad die beiden nicht einmal erwähnt hatte, doch entscheide mich dagegen. Ich weiß nicht einmal warum.

Er sieht mich noch einmal skeptisch an, dann läuft er weiter. "Hier ist mein Zimmer, nicht dass dich das interessiert.." Er tut so, als wäre nichts gewesen und zeigt mir den Rest des Hauses. Ab und an baut er einen Witz ein, um die Stimmung von vorher zu lockern. Ich glaube, es ging ihm wirklich nur darum, dass seine Mutter glücklich ist. Auch wenn ich nicht wirklich begeistert von der Idee bin, etwas dazu beizutragen. Irgendwie habe ich plötzlich das Gefühl ihn irgendwie zu mögen, er wirkt nicht so schlimm, wie ich ihn gerne gehabt hätte. Das gleiche gilt für Anne. Ich wünschte, ich würde die beiden nicht mögen. Für Mum.

"Danke," sage ich am Ende des "Rundgang". Ben hat mir sogar gesagt, wie ich am Besten von hier in das Zentrum der Stadt komme und welche Bus/ bzw. Bahnlinien fahren.

Ich beschließe ein bisschen Small Talk zu halten. Vielleicht ist es gut einen Verbündeten in diesem Haus zu haben. "Und, wie kommst du mit meinem Vater zurecht?"

LimerenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt