4. Kapitel

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Oh mein Gott. Peinlicher kann es nicht werden. Das halbnackte Mädchen hinter Aiden wirft mir einen bösen Blick zu und versucht sich zu bedecken. Nur Aiden scheint die Situation amüsant zu finden.

"Ich...äh." Ich drehe mich panisch um und will gerade die Tür öffnen um einfach nur zu verschwinden, als diese von außen geöffnet wird und ein betrunkener Ben hereinstürzt.

"Ich will euch echt nicht bei 'nem Dreier stören, aber ich muss wirklich kotzen," nuschelt er und stößt mich zur Seite, um es gerade so noch rechtzeitig auf die Toilette zu schaffen. Seine Worte lassen mich rot anlaufen. Aiden, seine Bekanntschaft und ich verziehen das Gesicht, als wir seine Würgegeräusche hören. Damit ich mich nicht noch in mehr Peinlichkeiten verwickle, drehe ich mich schnell um und verlasse den kleinen Raum. Draußen lehne ich mich erst mal kurz an die Tür und atme tief durch. Ich hoffe, Aiden kümmert sich um seinen besten Freund.

Wenig später sehe ich, wie das Mädchen aus dem Bad genervt herauskommt und in der Menge verschwindet. Fünf Minuten danach, entscheide ich mich nach Ben zu sehen. Das erste was ich sehe, als ich die Tür öffne ist Ben, wie er ausgestreckt auf dem Boden liegt. Es sieht so aus, als würde er schlafen. Na toll, wie kommen wir eigentlich nachhause? Als könne er meine Gedanken lesen, ertönt plötzlich Aidens Stimme und er sagt zum ersten Mal etwas ohne triefenden Sarkasmus. "Warten wir bis er ein bisschen ausgenüchtert ist, dann fahre ich euch nachhause." Er sitzt neben dem Waschbecken an die Wand gelehnt. Ich nicke. Das kann ja dauern.

"Kannst du die Tür hinter dir abschließen? Ich hab keine Lust, dass hier noch mehr Leute reinkommen." Ich tue was er sagt und setze mich dann etwas entfernt von ihm auf den Boden. Er schließt seine Augen und reibt sich die Schläfen.

"Ähm.. Bis du sicher, dass du uns nachhause fahren kannst?" Er wirkt zwar nicht betrunken, aber anscheinend hat ihm der Alkohol doch zugesetzt und ich setze mich ganz sicher nicht in das Auto eines angetrunkenen Fahrers.

"Ja, ich bin sicher," antwortet er sarkastisch. "Ich trinke nicht."

Ich lache auf. "Natürlich."

Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Es stimmt. Ich trinke nicht."

"Was ist mit dem Bier von vorhin?" Ich sehe ihn herausfordernd an.

Er sieht mich kurz irritiert an, als wundere es ihn, dass ich mich daran erinnere. "Das war das einzige, was ich heute getrunken habe. Manchmal habe ich ab und zu mal Lust dazu."

Ich schweige. Was das angeht, habe ich ihn komplett anders eingeschätzt.

"Warum?", frage ich ihn schließlich.

"Warum was? Warum ich nicht trinke?" Er starrt die Wand gegenüber an.

"Ja, aus welchem Grund?" Ich bin wirklich interessiert.

Er scheint kurz zu überlegen, dann guckt er mich mit seinem typischen verächtlichen Blick an. "Einfach so, und wenn's 'nen Grund gäbe, würde ich ihn dir auf jeden Fall nicht erzählen."

Here we go again, denke ich und rolle mit den Augen. "Dann halt nicht," erwidere ich schulterzuckend. Hoffentlich wacht Ben demnächst auf und wir können gehen.

Nach ein paar Minuten ist es - zu meiner großen Überraschung - Aiden, der das Schweigen bricht. "Wieso trinkst du nicht?" Er sieht mich an und wirkt ernsthaft interessiert. Der Typ sollte Tabletten gegen Stimmungsschwankungen nehmen.

"Warum sollte ich?"

Er lacht. Er lacht? Wow. "Weil es Spaß macht?"

Ich antworte nicht mehr. Er fängt mal wieder an mich zu nerven. Ich weiß nicht, wie lange wir einfach nur schweigend nebeneinander sitzen, aber irgendwann höre ich, wie es auf der anderen Seite der Tür langsam leiser wird. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche. 02:45 Uhr. Wow, Aiden und ich sitzen schon seit über einer Stunde hier drin.

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