Jason Hall war schwarz. Verdammt. Alles außer schwarz. Er durfte wirklich Alles sein, Latino oder Asiate, Spanier oder Ureinwohner, aber er durfte nicht schwarz sein. Er konnte nicht.
Verdammt. Sie mochte ihn nicht. Sie verabscheute ihn. Er war kein Mensch. "... Weniger als jedes Schwein, ekelhafter, schwarzer Abschaum. Du sollstest einfach sterben und in der Hölle schmoren. Du schwarzes Nichts. Du kleine, widerwärtige, dreckige Fotze."Ihre blonden Haare passten nicht zu ihrer hellen Haut. Dieses Merkmal fiel mir umwegslos auf, als sie den Raum betreten und sich mit geschlossenen Augen umgedreht hatte. Ihre eben erwähnte Haut war weißer als jedes Porzellanstück und feiner als jeder Samt, sie war bleicher als die jeder Leiche. Ungesund. Die unfassbar dunklen Ringe unter ihren kalten, harten Augen waren einfach nicht normal. Und dieses merkwürdige Wesen vor mir war ein Mensch. Sie öffnete ihre Augen, sah mich und ihr Gesicht zeigte so viele Emotionen auf einmal. Ihre Gesichtszüge wurden wütend, sie stampfte auf dem Boden auf und schrie mich an. Da ich nicht auf ihre Beleidigungen reagierte, spuckte sie auf den Boden und setzte sich angeekelt auf den Stuhl vor ihr. "Und, was willst du von mir?" Zornig spuckte sie mir ins Gesicht. "...Scheiß Mörder." ...Scheiß Rassistin.
Das natürliche Weiße seiner Augen war einem leichten Rot ersetzt worden, dass ihn neben seiner so dunklen Hautfärbung nur noch bedrohlicher aussehen ließen. Ich mochte ihn wirklich nicht. Nutzloser, schwarzer Mörder. Er blickte vom Boden auf und zischte mich an, denn er konnte sich meinen Speichel nicht aus dem Gesicht wischen, er war ja durch Handschellen am massiven Billigholztisch gekettet. "Minderwertig passt zu dir. Genauso hilflos wie du gerade bist, so war es meine Schwester. Genauso unfähig, irgendetwas dagegen zu unternehmen..." Meine Stimme erstarb auf eine klägliche Art und Weise im richtigen Moment, bevor ich vor einem lauten Knall zurückwich.
Jason hatte mit seinem Knie gegen den Tisch gehauen. "Verdammt!" schrie er mich an. Wut. Wut stach aus seinen Augen heraus und er wusste nicht, was er mit ihr tun sollte. "Ich habe mir alles angehört, die Blicke über mich ergehen lassen und jeden scheiß rassistischen Kommentar ignoriert. Ich habe mich einen Mörder nennen lassen. Aber ich wede nicht mit anhören, wie du mir beschreibst, wie Lina....", seine laute Stimme erstarb plötzlich und er schrei immer wieder, stampfte auf den Boden und schlug um sich und war wie ein Irrer. " Lina war eine Freundin! Warum würdet ihr denken, dass ich sie... Wieso? Weil ich verdammt nochmal schwarz bin? Hm? Weil weiße Haut einen guten Menschen ausmacht? Ist es das? Gott ich habe sie nicht umgebracht!" Er schaute mir direkt in die Augen, seine füllten sich mit bitteren Tränen und er heulte. "Glaub mir, bitte glaube mir. Ich habe... Ich habe Lina nicht umgebracht. Glaub mir... Es war so unerwartet und ging so schnell... Ich habe sie nicht umgebracht!" Und in diesem Moment verstand ich. Er war es nicht gewesen. Jason hatte sie nicht umgebracht.
[... war es. "... war es. Er hat sie umgebracht." ... war es also wirklich.]
Und ein altbekannter, schmerzlicher Gedanke suchte mich heim. Was wäre, wenn mein Herz langsam aufhören würde zu schlagen? Wenn ich vorsichtig meinen Kopf auf den Tisch legen würde, meine Augen schloss und mein Herz langsam, stockend den Geist aufgeben würde. Was dann? Was würde passieren?
"Sag mal... Was genau machst du gerade?" Ich hob meinen Kopf und sah direkt in seine dunklen, geröteten Augen.
∆
"„Und an diesem Tag realisierte ich, dass ich eine Narbe bekommen hatte. Dass ein weiterer Teil meines Herzens ausgebleicht und härter geworden war, durch seine kleine, egoistische Aktion. Ich war verletzlich gewesen, verletzlicher als ich es je zuvor unterbewusst gewesen war. Ich hätte mich getraut ihm zu sagen, dass es mir leid tat und dass ich so unglaublich stolz war, ihn als meinen Bruder zu haben. Er aber war ein Egoist und versteinerte sein Herz. War er der Egoist, war ich zu gutmütig. Ich wollte ihm Worte an den Kopf werden, hässliche Wünsche, die ich nie wieder hätte gut machen können. 'Falls mich jemals umbringen sollte, du bist daran schuld. Erinnere dich an diese Worte und gehe daran kaputt, wenn du nich im Sarg liegen siehst, wegen deinem Egoismus, weil du die Last nicht tragen kannst. Denke an meine Worte und gehe durch die Schuld zugrunde, sodass du dich selber elenderweise umbringst für deine Feigheit'. 'Du hast mir alles weggenommen. An dem Tag, an dem du wegen deiner Dummheit im Krankenhaus lagst, gott, ich wünschte immer wieder dass du nie wieder könntest sprechen. Dass du mich nie wieder aus banaler Wut beleidigen könntest und mir nie wieder sagen könntest, dass ich mich umbringen sollte, Bruder.'
An diesem Tag realisierte ich, dass ich eine Narbe bekommen hatte. Und gleichzeitig etwas Wichtiges verlor.""Er machte eine kunstvolle Pause, nachdem er ernst in die stille Runde geblickt hatte und die letzte Passage fertig las. "Wer möchte seine Gedanken hierzu mit uns teilen?" Meine Hand schnellte in die Höhe und unser Deutschtutor seufzte verzweifelt. Er nickte mir zu und ich fing an. "Mary hat bis jetzt versucht, ihrem Vater zu helfen. Sie wollte, dass er sie endlich verstand. Mit ihrer Metapher 'Er war ein Klotz hinter einer hohen Mauer, unfähig weder den Schall zu hören noch meinen Tennisball zu fangen' mit der sie ihren Vater beschreibt, drückt sie aus, dass er weder den Tennisball, den Sinn ihrer Worte, noch dessen Schall, die Worte selbst, hören oder verstehen konnte. Sie fühlt sich alleine gelassen und hägt an ihrem großen Bruder, den sie im Verlaufe des Kapitels immer wieder gegen die harsche Beleidigungen verteidigte. Trotz der vielen unfairen Sachen, die er ihr an den Kopf geworfen hatte, trotz seiner Wut, die er permament an ihr ausgelassen hatte, liebt sie ihn und möchte eine glückliche Familie. Mary schluckt ihren gerechtfertigten Hass gegenüber ihres Bruders, der durch die jahrelange Demütigung in ihr brodelt, aus Liebe zu ihm und einer glücklichen Familie herunter und gibt ihm viel Freiraum. Als sie Stunden später nach dem Streit ihren Hass versuchte aufzugeben und ihren Bruder zu umarmen, stößt er sie weg. In diesem Moment schämt sie sich und fühlte sich tiefst verletzt, da es viel für sie bedeutete. Ich denke, dass Mary einfach... wütend wird. Ja, sie hat beleidigende Dinge zu ihm gesagt, aber sie steckte auch viel von seinen Launen ein. Sie fühlte sich von ihm betrogen, nachdem sie ihn so in Schutz nahm. Und da ihr Bruder so wichtig für sie ist, wird sie immer wütender, bis sie ihn komplett hasst und ihn nicht mehr als ihren Bruder anerkennt, sondern nur noch als jemanden, der feige ist und seine Emotionen hinter fiesen Kommentaren, kaltem Verhalten und abschätzigen Blicken versteckt. Sie ist zu kaputt, um ihn wieder zu schützen." Und meine Abschlussworter wurden von einer lauten Klingel, Geraschel von Papier und lauten Stimmen verschluckt.
[Noch nicht überarbeitet]
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Salzwassertränen
Random„Meine Geschichte beginnt da, wo alle Geschichten normalerweise zwangsweise enden, in einem Sarg. Nicht dass ihr jetzt denkt, ich sei tot, nein das bin ich nicht, auch wenn ich mich so fühle. Es ist nicht mein Sarg, es ist der Sarg meiner Schwester...