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Ich hasste den Montagmorgen mehr als Pilze auf meiner Pizza. Jeden Morgen in der überfüllten Bahn stehen und noch dazu einen Rucksack in die Fresse bekommen. Dann diesen Weg zur Schule und dann meine Klasse. Ich hasste es einfach nur.

Ich wurde wach, weil jemand mich mit einer Jacke abwarf.

"Wieso bist du so müde?", fragte Vivienne. Sie war so was wie meine beste Freundin, wir sahen das nicht so eng und sprachen nicht darüber.

"Weil", brummelte ich. Vivi lachte und strich ihre roten Haare nach hinten.

"Hast du wieder die halbe Nacht in Youtube diese dämlichen Videos geschaut?", riet sie.

"Halt die Klappe, Ginger", brummte ich und warf die Jacke zurück. Vivi lachte wieder. Sie war immer gut drauf, egal was war. Nur zuhause wurde sie zum tumblr-süchtigen Hipster.

Me af xD

Sieben Stationen später mussten wir aussteigen und liefen Richtung Schule. Vivi erzählte mir irgendwas, aber ich hatte überhaupt keinen Bock auf irgendwas, also nickte ich nur ab und zu.

Während den ersten beiden Stunden hörte ich nicht zu, doch in der dritten Stunde hatten wir mein Lieblingsfach. Wirtschaft.

Ich mochte den Lehrer, weil er nett und unkompliziert war. Vivi hatte ihn auch in Wirtschaft, aber sie war ein Jahr jünger als ich, also ging sie erst in die elfte.

Als Herr Baron den Raum betrat, verstummten die meisten Schüler und setzen sich hin. Nur einige Idioten standen noch im Raum, bis der junge Lehrer in die Hände klatschte und um Ruhe bat.

"Ich würde euch ja guten Morgen sagen, aber das bringts bei eurer Klasse ja auch nicht. Also, setzen und Ruhe bitte. Wir angekündigt werde ich heute mehrere abfragen."

Alle hielten den Atem an und sahen gebannt zu ihm nach vorne.

"Luca Pfanner und Lea Sinom gehen bitte raus vor die Tür, Lisa bleibt hier."

Ich seufzte und ging zusammen mit Luca raus. Ich mochte ihn nicht, ganz und gar nicht. Er mich dafür umso mehr.

"Hi Lea", sagte er mit tief gestellter Stimme und lehnte sich an die Wand vor unserem Klassenraum, was wohl cool aussehen sollte. Ich verdrehte die Augen.

"Hi."

"Die Schuhe sind neu, oder? Ich hab sie noch nie an dir gesehen."

Er deutete auf meine weißen Adidas Superstar. Ich nickte widerwillig.

"Hab ich mir am Samstag geleistet."

"Cool, cool. Wir können ja mal zusammen in die Stadt gehen?"

Ich sah ihn leicht abwehrend an und schüttelte den Kopf. "Sorry, aber du bist so gar nicht mein Typ."

"Ich finde dich sehr nett."

"Ich dich ja auch," gelogen, "aber ich bin grade nicht in der Lage, irgendjemanden zu mögen oder lieben. Verstehst du?" Nochmal gelogen.

"Oh, okay?", murmelte Luca und eine Träne bildete sich in seinem Auge. Weichei .

Herr Baron öffnete die Tür und bat Luca herein. Ich setzte mich auf den Boden und sah zur Decke.

Nach weiteren fünf Minuten kam mein Lehrer wieder raus und schloss die Tür aber.

"Was hast du denn mit Luca gemacht? Er hat fast geheult als ich ihm eben eine Vier gegeben habe und sonst freut er sich Wirtschaft immer über eine fünf. Hast du ihn geschlagen?", fragte er mich und sah mich an. Mir wurde irgendwie ganz schwummerig bei diesem Blick und ich räusperte mich schnell.

"Luca mag mich mehr als ich ihn", erklärte ich. "Und damit kommen wir wohl beide nicht so klar."

Herr Baron grinste schief. "Er ist doch ganz nett."

"Sie kennen ihn außerhalb des Unterrichts nicht wirklich", lachte ich. Das mochte ich so an meinem Lehrer. Man konnte mit ihm über alles sprechen, ohne dass er einen auslachte oder verspottete.

"Gehen wir rein, bevor die anderen noch was falsches denken", sagte er mit seinem bayerischen Akzent und zwinkerte mir charmant zu.

Ich errötete etwas und folgte ihm dann nach drinnen, wo die Jungs schon wieder dabei waren, nasse Papierhandtücher an die Decke zu werfen.

"Unterhaltet euch leise!", sagte Herr Baron und bedeutete mir, mich auf seinen Stuhl zu setzen. Er selbst holte sich einen leeren Stuhl.

"So. Worüber haben wir letzte Woche gesprochen?"

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"Ich hab ne zwei in Wirtschaft", sagte Vivi aufgeregt und hüpfte auf und ab. Manchmal benahm sie sich echt wie ein Kind.

"Gut", antwortete ich. Ich wollte nicht nach Hause.

"Was ist? Hast du wieder Stress zuhause? Ist dein Vater heute da?"

Ich nickte düster. "Ja."

Ich mochte- nein, ich hasste meinen Vater. Er wurde schnell handgreiflich und ich vermutete, dass er meine Mutter seit längerem betrog.

"Komm doch zu mir", sagte Vivi mitleidig. "Meine Eltern sind nicht da, wir könnten kochen und...vielleicht auch eins von diesen dämlichen Let's Plays schauen."

Ich nickte. "Ich lass dich nie wieder in die Küche, seit du ein Toastbrot in der Pfanne braten wolltest. Aber ich frag mal."

Vivi schmollte beleidigt und verschränkte die Arme. "Hey! Da war ich noch klein und naiv und..."

"Du warst sechzehn", stellte ich klar. "Und das ist erst ein paar Monate her."

Vivi bewarf mich mit einer Brottüte. "Sei doch leise."

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Ich kam abends um sieben von Vivi nach Hause. Wir hatten gekocht(ohne Toast) und Youtube Videos von Lena Sim geschaut. Da ich Fußball auch mochte und spielte, waren ihre Videos ganz cool. Irgendwie konnte ich dadurch den ganzen Stress vergessen.

Doch sobald ich die Tür zuschlug, kam mein Vater mir entgegen. "Wo warst du?"

"Bei Vivi", sagte ich. "Mom wusste Bescheid."

"Du bist dauernd weg!", warf er mir vor. "Ständig bei Vivi, dauernd bei Jaqueline."

"Na und?", blaffte ich ihn an. "Dafür bist du doch auch dauernd bei Steffi oder wie auch immer sie heißt!"

"Das ist was völlig anderes", fauchte mein Vater und trat bedrohlich auf mich zu. Ich wich einen Schritt zurück. "Ich bin erwachsen, im Gegensatz zu dir."

"In ein paar Monaten werde ich auch 18", zischte ich. "Und dann bin ich weh von hier."

"Du bist ja lieber woanders anstatt in der Schule zu sein!", klagte er mich an.

"Dann überleg dir vielleicht mal, wieso das so ist!", rief ich aufgebracht und rannte in mein Zimmer. Ich hasste ihn.

Is it right or is it wrong? ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt