Stellt euch so Herr Baron vor :)
Am nächsten Morgen sah Vivi mich traurig an, als sie meinen Blick sah.
"Hat er es wieder getan?"
Ich zuckte die Schultern und wollte nicht drüber reden. Noch sieben Monate. Dann konnte ich ausziehen.
"Du musst mir irgendwem professionelles darüber reden", sagte Vivi. "So kann das doch nicht weitergehen. Deine Noten hängen schließlich auch davon ab."
Ich wusste, dass sie Recht hatte. Verdammt.
"Ich weiß", sagte ich leise. "Aber ich könnte nicht mit jemandem drüber reden, den ich nicht kenne."
Vivi sah mich lange an und schien zu überlegen.
---
In der vierten Stunde ringte es- das Zeichen, dass eine Durchsage gemacht wurde.
"Lea Sinom bitte im Sekretariat melden, Lea Sinom bitte!"
Ich sah verwundert auf. Meine Deutschlehrerin Frau Steinmann seufzte genervt.
"Nun geh schon", befahl sie mir und ich stand auf. Hatte ich was verbrochen?
Eigentlich nicht.
Ich ging runter ins Sekretariat, wo man mir sagte, dass ich zu Raum E26 gehen sollte. Also ging ich dorthin, öffnete die Tür und...
...Herr Baron blickte mir lächelnd entgegen.
"Äh, soll ich zu ihnen?", fragte ich unsicher. Er nickte leicht und bedeutete mir, mich zu setzen.
"Wie geht es dir, Lea?", fing er an. Ich versteifte mich leicht und zuckte die Schulter.
"Ganz gut, und Ihnen?"
Herr Baron lachte. "Mir gehts auch gut, danke der Nachfrage."
Dann wurde er wieder ernst. "Kannst du mir ein bisschen was von zuhause erzählen? Wie das bei euch so abläuft?"
Ich seufzte resigniert. "Vivi war bei Ihnen, nicht?"
"Sie macht sich Sorgen um dich, Lea. Sie hat mir Sachen erzählt, von denen ich nicht mal geträumt hätte, oder auch nur geahnt."
Ich schluckte und merkte, wie meine Kehle trocken wurde und die Tränen in mir aufstiegen.
"Schlägt dein Vater dich öfter oder ist das immer nur so...phasenweise?"
Ich schniefte. "Meistens, wenn er schlechte Laune hat. Dann rastet er total aus, selbst wenn kein Wasser in der Kaffeemaschine ist."
Herr Baron nickte und legte seinen Stift weg, um mich direkt anzusehen.
"Und...er betrügt meine Mutter, glaube ich. Ich habe schon öfter gesehen, wie er Nachrichten bekommen hat, die voll mit roten Herzchen waren. Sein Passwort war ihr Geburtstag und...er ist dauernd weg."
Mein Lehrer nickte und ich spielte nervös mit seinem Kugelschreiber rum.
"Du hast noch Geschwister, oder?"
Ich presste die Lippen fest zusammen. "Drei jüngere Geschwister, ja."
Ich dachte an die Nacht zurück, wo er das erste Mal betrunken nach Hause kam und Lilys Lieblingskuscheltier zerschnitten hat. Eine Träne rollte über meine Wange.
"Nicht weinen", sagte er leise und legte eine Hand auf meinen Arm. Die Berührung kribbelte und knisterte auf meiner Haut und tat irgendwie gut.
"Als er das erste Mal besoffen nach Hause kam, ist er...in Lilys Zimmer getorkelt und hat ihren...ihren Stoffelefanten mit einer Schere zerschnitten. Er meinte, sie wäre zu alt für so was und...sie hat so fürchterlich geweint..."
"Wie alt wart ihr da?"
"Ich war fünfzehn, sie grade mal drei", schniefte ich. Herr Baron schien mit sich zu ringen, ehe er mich kurz an sich drückte.
"Soll ich Vivi holen?", fragte er leise und ließ mich wieder los. Lehrer dürfen zu Schülerinnen keinen körperlichen Kontakt oder eine persönliche Beziehung haben.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich muss das alleine durchmachen."
Herr Baron nickte. "Ist es okay, wenn ich mir einige Sachen notiere?"
"Sie sind der Vertrauenslehrer, Sie haben die Schweigepflicht", nickte ich. "Also machen Sie ruhig."
Herr Baron notierte sich einiges, ehe er mich wieder ansah.
"Erzähl mir sonst was ein bisschen. Von dir, deinen Geschwistern, dem Beruf deiner Eltern..."
"Ich bin 17 und spiele Fußball. Meine Schwestern sind neun und fünf Jahre, mein Bruder drei Jahre alt. Sie sind mein ein und alles."
Ich räusperte mich kurz. "Mein Vater ist Produktionshelfer in einer Teefabrik, meine Mutter arbeitet in einem Getränkehandel. Er ist der Hauptverdiener, sie verdient nicht so gut."
Mein Lehrer hörte aufmerksam zu und nickte. "Leiden deine Geschwister auch so sehr darunter?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Außer Lily mit dem Stofftier nicht. Samira, meine ältere kleine Schwester, versucht ihn immer zu beruhigen, aber sie versteht es auch nicht so richtig. Und Florian lässt er ganz in Ruhe."
Herr Baron nickte und lächelte mich nochmal an. "Lea, du kannst immer zu mir kommen, okay? Egal was ist, mir kannst du es erzählen und es erfährt keiner davon. Es sei denn, du willst es."
Ich schüttelte heftig den Kopf. "Ich glaube, meine Mutter wäre enttäuscht, weil ich alles verraten habe."
Herr Baron sah mich traurig und betroffen an. "Du bist grade mal siebzehn. Du solltest nicht mit so einer Last aufwachsen."
Ich zuckte die Schultern. "Es ist nun mal so. Er ist nicht so oft da, es war schon mal besser, aber solange er arbeiten oder bei einer seiner Freundinnen ist, sind wir alle froh."
Mein Wirtschaftslehrer sah noch betroffener aus, ehe er mir ein Taschentuch gab.
"Danke", sagte ich. "Für alles. Fürs zuhören, für einfach da sein. Ich will Vivi das auch nicht alles auflasten, verstehen Sie?"
"Vivienne belastet das auch", erwiderte er leise. "Sie war ziemlich aufgelöst, als sie mir davon erzählt hat."
Ich schwieg kurz. "Danke. Danke."
Er legte mir kurz die Hand auf did Schulter und strich sich durch die braunen Haare. "Immer wieder gerne. Ich melde mich nochmal bei dir, ja?"
Ich nickte schnell, bis ihm was einfiel.
"Ich geb dir meine private Nummer, wenn was sein sollte. Du kannst mich jederzeit anrufen."
Ich nickte dankbar und steckte den Zettel ein.
DU LIEST GERADE
Is it right or is it wrong? ✔
AléatoireIch weiß nicht so recht, wie es passieren konnte. Er ist einfach immer da, in der Nähe. Lea. Schülerin, Fußballerin. Chriz. Lehrer, ebenfalls Fußballer. Hat ihre Liebe überhaupt eine Chance? Lehrer-Schüler-Beziehung, Fluff, Drama. Don't like don'...