Das Ende vor dem Anfang (Mystrade)

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Er saß am Bettrand und hörte ihr leises, gleichmäßiges Atmen. Die Lichter, die durch das Fenster schienen, warfen ein kaltes Licht auf ihr wunderschönes Gesicht. Er hatte sie wirklich geliebt. Besonders das warme Braun ihrer Augen, ihr schallendes Lachen und die Grübchen, die sich gebildet hatten, wenn sie ihn liebevoll angelächelt hatte.

Er war sich sicher, dass auch sie bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. In letzter Zeit hatte sie nur noch selten gelacht und ihr liebevolles Lächeln hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Er wusste nicht mehr wann genau er gemerkt hatte, dass er sie nicht mehr liebte. Sie hatten sich nicht gestritten oder ähnliches. Langsam, leise und unaufhaltsam waren seine Gefühle verschwunden. Er drehte den Kopf von ihr weg und starrte traurig zu Boden. Er konnte ihr nicht weiter etwas vormachen, das hatte sie nicht verdient. Er musste es ihr endlich sagen, die ganze Sache beenden. Wie sehr er sich doch wünschte es wäre nicht so gekommen. Aber hier saß er nun, neben einer Frau, die er nicht mehr liebte und dem Wunsch IHN neben sich zu haben. Aber mit ihr darüber zu reden war leichter gesagt als getan, denn immer wenn er es ihr sagen wollte, hatte er nicht den Mut gehabt es auch wirklich zu tun.

„Greg?" Die von der Müdigkeit schwere Stimme seiner Frau riss ihn aus den Gedanken. Er drehte sich zu ihr um. Sie hatte sich aufgesetzt und ihr langes braunes Haar fiel über ihre Schultern. Verschlafen fuhr sie sich mit den Fingern durch die Strähnen und musterte ihn fragend. „Ist alles okay?". Greg sah sie mit einem gequälten Gesichtsausdruck an. Warum war sie nur aufgewacht, wieso hatte sie nicht einfach weiter geschlafen?! Als er nicht antwortete rutschte sie zu ihm und küsste ihn sacht auf die Schulter. „Was ist los mit dir?" Bei der Berührung schloss er die Augen und wandte sich ab. Traurig sah sie zu ihm hinauf. „Greg..", ihre Stimme klang verzweifelt. „Sieh mich an." Aber er konnte nicht. Er ertrug diesen traurigen Ausdruck in ihren Augen nicht. „Greg bitte." Als er ihr immer noch nicht antwortete, packte sie ihn an den Schultern und zwang ihn sie anzusehen. Ihr Schmerz zerriss Greg das Herz. „Ich kann so nicht weiter machen." Ihre Stimme war ernst geworden. „Du musst mit mir reden. Dein Schweigen versteckt nicht die Tatsache, dass etwas nicht stimmt. Also hör auf den Stummen zu spielen und sag mir endlich was los ist. Gemeinsam biegen wir das wieder hin." Diese Hoffnung in ihrer Stimme machte ihn fertig. Wenn es doch nur so wäre, aber hier war nichts mehr zum hinbiegen. Nichts was sie gemeinsam schaffen würden. Er stand auf und trat ans Fenster. Er sah auf die menschenleere Straße hinaus. Es war bestimmt weit nach Mitternacht. War das wirklich die rechte Zeit es ihr zu gestehen? Nachts, wenn alles sowieso schon trostloser wirkte und man sich seinen Ängsten richtig bewusst wurde? Nachts, wenn alles dunkel und kalt ist? „Es tut mir leid." Greg war der Scheibe so nah, dass sie bei seinen Worten beschlug. „Es tut mir so unglaublich leid." Seine Stimme klang heiser. „Ich wünschte mir wirklich es wäre nicht so gekommen, glaub mir." Seine Hände zitterten leicht. Es gab kein Zurück mehr. Kein Weg mehr um sich aus dieser Situation herauszuwinden. Das hier war der Moment, der Moment an dem er es beenden musste. „Es ist so dass..." Er stockte. So oft hatte er sich die Worte zurecht gelegt, so oft diese Gespräch in seien Gedanken geführt und doch wusste er auf einmal nicht was er sagen sollte.

„Du liebst mich nicht mehr." Er drehte sich zu seiner Frau um, die ihn mit unbeweglicher Miene ansah. Natürlich hatte sie es gemerkt, sie war schlau. So schlau, dass sie sich den Grund für seine Distanz selber denken konnte. Er nickte. „Ich wusste es und dennoch habe ich gehofft...", sie brach ab und musste den Satz auch nicht beenden, Greg wusste was sie sagen wollte. Sie hatte so sehr darauf gehofft, dass sich alles zwischen ihnen wieder einrenken würde, als sie still schweigend zugesehen hatte, wie sie sich immer weiter entfernten. Und nun standen sie hier und sie wussten beide, dass es das Ende war. „Wer?", flüsterte sie, aber Greg schüttelte den Kopf. „Ist das denn wirklich wichtig?" Sie senkte den Kopf „Du hast recht. Ich frag mich nur, was an ihr anders ist. Warum liebst du sie und nicht mich? Was hat sie, was ich nicht habe?" Er setzte sich zurück auf den Bettrand. „Er..", ihr Kopf fuhr nach oben. „Er?" Sie sah ihn geschockt an. „Du meinst, du lässt mich für einen Mann stehen!?" Die Tatsache, dass es ein Mann war, schien sie mehr zu schocken als er gedacht hatte. „Ich..", er wollte es ihr erklären, doch sie Schnitt ihm das Wort ab. „Verschwinde!" Tränen sammelten sich in ihren Augen. Er konnte nicht sagen ob es Wut, Trauer oder beides war. „Verschwinde einfach" Und Greg verschwand.


Er parkte seinen Wagen vor dem großen Haus. Die Fenster waren dunkel als er ausstieg und auf die Tür zuging. Nach dem er sein Haus verlassen hatte, gab es nur eine Person die er sehen wollte. Er klingelte und kurz darauf schien durch das Fenster im zweiten Stock Licht. Zuerst nur in einem, dann im zweiten und schlussendlich wurde auch der Gang vor der Tür beleuchtet. Eine Silhouette näherte sich ihr und wurde großer, bis sie vor der Tür stehen blieb und sie sich öffnete. Mycroft Holmes stand in einem Morgenmantel gewickelt und mit karierten Schlappen an den nackten Füßen vor ihm. „Gregory?" Er wirkte überrascht, doch als er Greg genauer ansah, veränderte sich sein Blick. „Was ist passiert?", fragte er besorgt. Greg trat zu ihm und zog ihn still in eine feste Umarmung. Seine Finger krallten sich in den weichen Stoff des Mantels und seine Stirn ruhte auf der Schulter von Mycroft. Hier gehörte er hin. An die Seite dieses Mannes. Trotz dem Schmerz den er fühlte wusste er, dass er nur hier bei ihm glücklich sein konnte. „Alles okay?" flüsterte Mycroft, während er seine Arme um ihn legte. Greg wollte ihm erzählen was passiert war, wollte ihm sagen wie schwer es gewesen war und dass er dennoch so froh war, dass es endlich vorbei war.. Doch er brachte keinen Ton heraus. Er nahm den Kopf von seiner Schulter und sah ihm in die Augen. Der fragende, besorgte Blick ließ ihn leicht Lächeln bevor er seine Lippen kurz und sanft auf Mycrofts legte. Hier war er glücklich und nirgends wo anders könnte er glücklicher sein.




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