No.2 - Der Aufgang einer Stadt

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St.Petersburg, 17.November 1875

Die Sonne ging unter, die Lichter wurden heller und die Menschenmassen drängten sich durch die Straßen.Die Kutsche ruckelte als wir über die gepflasterte Straße fuhren. Petersburg leuchtete und machte fast schon den Sternen am Himmel Konkurrenz. Wenige Straßen weiter hielt die Kutsche und wir stiegen aus. Das Anwesen war gigantisch, ein großes Haus, wo mich der Rest meiner Familie aufhielt, außer Konstantin. Er diente im Regiment, mit seinen anderen Freunden. Das war einer der Gründe warum er keine Frau ab bekam. Er war untreu.

Überwältigt von dem Anwesen stand ich noch an Ort und Stelle wo die Kutsche nun los fuhr. Schnell raffte ich mein Kleid und eilte die lange Treppe zum Eingang nach oben. Die Türen standen offen, zwei Diener waren davor platziert und verbeugten sich tief.

Von innen drang lautes Gerede zu mir und der Geruch von einem saftigen Fleisch lag in der Luft. Die Bediensteten rannten wild durch einander, in dem großen Salon standen viele Männer, die meisten aus meiner Familie. Das nächste was auffiel waren die Anzahl der älteren Damen.

Ein Spitzer Schrei lies mich zusammen zucken und die anderen im Raum verstummen. Eine Dunkelhaarige junge Frau stand mir gegenüber. Ihre Haare waren kurz, ihr Schmuck aber um so mehr. Ihre hellen Augen strahlen wie Diamanten. Wenige Sekunden vergingen bis ich die erwachsene Frau erkannte. "Oh Herrgott, Lin", rief sie und stürmte auf mich zu. Anastasia. Ihre Arme Schlangen sich um mich. Ihre anhaltende Wärme nahm mich ein und ich gab mich ihrem vertrauten Geruch hin.

"Du siehst so erwachsen aus", sie seufzte und zog mich zu einem der Sessel. Sie strich meine Wange, doch lange konnte ich nicht sitzen bleiben, Alina und Eleonore kamen auf mich zu. "Und so wunderschön, du machst selbst Marina eifersüchtig", lachte Alina und schielte zu Marina, die nur ihre dunklen Augen verdrehte. "Ich glaube eher du bist eifersüchtig. Ich bin schöner als jede meiner Schwestern", sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah Alina herausfordernd an.

"Ich hab euch alle vermisst", brach ich das Eis und stand auf, um sie alle nach der Reihe zu umarmen. "Alle? Mich hast du nicht mal wahrgenommen", rief eine raue Stimme aus der Ecke mit den Bücherregalen. Mein Blut gefror, doch mein Herz hörte nicht auf wild in meiner Brust zu schlagen.

"Alexej", ich rannte auf den dunkelhaarigen Mann zu und viel schwerelos in seine Arme. Er drückte mich eng an sich und es fühlt sich so an als würde er mich nie wieder loslassen. Ich drückte mich an ihn und legte meinen Kopf an seinen Hals. Er roch angenehm nach Zimt und Mandel und auch einwenig nach Alina's Parfüme. Seine Haare waren viel länger, seine ganze Statur war größer und stärker als vor zwei Jahren. Sein dunkelblauer Anzug spannte an manchen Stellen, an Armen und Brust. Was wahrscheinlich davon kam, das er die Kinder die ganze Zeit hochnahm. So wie Lew, der gerade an seinem Hosenbein zog. Lew war ein kleiner, junger Mann von süßen, sieben Geburtstagen. Er war das Abbild meines Bruders, die hellen Augen und dunklen Haare.

"Erinnerst du dich an Evelina?", fragte er seinen wartenden Sohn. Er nickte verlegen und senkte seinen Blick als ich entzückte Lächelte. "Wo ist deine Schwester, Lew?", er schüttelte den Kopf, der Junge zeigte nicht sehr viel Anteilhaben daran, wo sich seine Schwester aufhielt. Ich lachte und legte eine Hand auf Alexej's Schulter und nickte verstehend.

Der Raum war erfüllt mit Gesprächen und Eleonore saß auf einen der samt Sessel. Ihr Bauch war groß und rund. Das Kind muss wohl bald kommen. Ich ging auf sie zu. Setzte mich auf eine der Lehnen und sah lächelnd auf sie hinunter. Ihre roten Haare waren kunstvoll hochgesteckt. An ihrem Hals hing eine wunderschöne Perlenkette und ein dezentes Goldkettchen, wessen Anhänger in ihren Ausschnitt verschwand. "Lass mich aufstehen", lachte sie und stemmte ihren Arm in die andere Lehne rechts von ihr. Doch ich drückte sie zurück in den Sessel, wofür sie mir einen warnenden Blick zuwarf. Letztendlich lächelte sie mich an und legte ihre Hände auf ihren runden Bauch. Mein Gesicht wurde schlagartig kalt, Ilja. Hatte es aufgehört, zum Wohle des Kindes. Sie presste ihre Lippen zusammen zu einem dünnen Strich. Sie schüttelte energisch ihren Kopf. Sie wusste genau von was ich sprach. Er hatte sie geschlagen, aus Gründen die mir nicht klar waren. Er hasste Sie, so kam
es mir vor als sie es mir erzählt hatte. In einer Ecke des Anwesens in dem sie lebten. Sie war wunderschön, Sie war nett und höflich, aber sein langer Zeit war sie traurig.

≪ Broken ~ Ein Leben in hoher Gesellschaft ≫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt