-Mom-

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-Leah-

"Meine was?!" Entsetzt blickte ich auf. Mein Vater seufzte müde und ließ sich neben mich auf die Coutch sinken. "Da war das Album also die ganzen Jahre über.", murmelte er, dann sah er mich an. "Schätzchen, hör mir zu. Ich muss dir...ich muss dir etwas beichten." Ich runzelte nur die Stirn und sah ihn auffordernd an. "Deine Mutter und ich....als sie schwanger wurde waren wir beide 22 Jahre alt. Ziemlich jung eigentlich, aber tja...was solls." Er lächelte verträumt. "Wir waren sehr glücklich, wohnten in einem kleinen Haus am Meer -das war vielleicht halb so groß wie unseres jetzt- und jeden Tag waren wir am Strand. Sie hat es dort geliebt. Die Möwen haben ihr aus der Hand gefressen und wir haben uns jeden Morgen den Sonnenaufgang angesehen. Den mochte sie am liebsten." Der Blick meines Vaters schweifte in die Ferne und ich warf einen Blick in das Fotobuch auf meinem Schoß. Meine Mutter. Mit dickem Bauch saß sie auf einer roten Decke, die Füße im Sand verbuddelt, die braunen Locken zu einem zerwühlten Dutt gebunden, den Blick in den Himmel gerichtet. "Ich sehe aus wie sie...", flüsterte ich. Mein Vater richtete seinen Blick wieder auf mich. "Ihr seid ihr beide wie aus dem Gesicht geschnitten." Er seufzte und schwieg. "Möchte jemand ein Stück Kuchen?", brach Tante Maggy das Schweigen. "Ja ich bitte.", antwortete Luke und setzte sich neben mich auf die Coutch. Daraufhin ging meine Tante aus dem Raum. "Wir dachten wir würden eine Tochter bekommen. Dich.", nahm mein Vater den Fäden wieder auf. "Stattdessen wurden es Zwillinge. Was habe ich mich gefreut. Ich habe sofort die ganze Verwandtschaft angerufen und den ganzen Tag Luftsprünge gemacht." Verlegen senkte er den Blick, doch ich musste lachen. Das war eben mein Dad. "Deine Mutter war auch völlig aus dem Häuschen. Ihr wart die süßesten Kinder die ich je gesehen hatte, das kannst du mir glauben. Dunkle Locken, grüne Augen und jedesmal wenn ich euch angesehen habe, habe ich in euch eure Mutter gesehen. Sie war auch die einzige, die euch auseinanderhalten konnte. Ich habe euch immer vertauscht." Jetzt wurde er rot und ich musste kichern. "Das kann ich mir gut vorstellen Dad." Er lächelte und ich blätterte die Seite um. Zwei kleine Babys, genau wie mein Vater gesagt hatte. >Leah und Alice< stand unter dem Bild. >Meine beiden Engel<

"Dad wo...wo sind sie?", stellte ich nun die Frage, die mir die ganze Zeit im Kopf herumgespukt war. Ich hatte sie jahrelang jeden Tag gestellt, doch ich hatte es aufgegeben. Mein Dad kannte die Antwort nicht und sein Blick wurde jedesmal leer, wenn er an meins Mutter dachte. Jetzt jedoch sah er mich an und sagte es offen: "Ich habe keine Ahnung, mein Schatz. Sie ist mit deiner Schwester verschwunden als ihr beide ein Jahr alt wart. Ich habe seitdem nie wieder von ihnen gehört." Mir traten Tränen in die Augen und ich legte das Buch zur Seite. Ich nahm Lukes Arm von meiner Schulter, rutschte neben meinen Vater und er nahm mich in den Arm. Plötzlich schluchzte er auf und dann saßen wir da und weinten; weinten um unsere verlorene Familie. Um meine Mutter; seine geliebte Frau. Und um seine zweite Tochter; meine nie kennengelernte Zwillingsschwester. Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr nicht wusstet, dass ihr etwas vermisst, doch sobald euch das klar ist, fühlt es sich an, als hätte dieses zuvor nicht Bekannte ein großes Loch in eurem Herzen hinterlassen?

Später kam Mimi vorbei und wir verkrümelten uns mit ihr und Luke in mein Zimmer, wo ich ihr die Geschichte erzählte. "Krass!", sagte meine beste Freundin, als ich fertig war. "Das heißt, du hast eine Schwester? Und deine Mom ist gar nicht tot? Und das Buch? Zeig mal her!" Mimi rutschte neben mich und ich öffnete das Album. "Hier. Das ist meine Mutter als sie mit uns schwanger war." "Sie ist wunderschön.", hauchte Mimi und ich nickte. Luke blickte mir über die Schulter. "Wie geht es dir Leah?", fragte er besorgt und ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter und schloss die Augen. "Geht schon., krächzte ich. "Nur etwas viel im Moment." Mimi sah mich mitfühlend an. "Luke würdest du uns etwas Wasser holen? Nicht dass Ley uns noch noch kollabiert." Er sprang sofort auf und ging in die Küche. "Hm." Mimi sah mich nun da Luke nicht mehr da war abschätzig an. Ich lächelte entschuldigend. Da blinkte auf einmal Lukes Handy, welches er am Bett liegen gelassen hatte, auf und Mimi lugte auf das Display. "Mims! Das macht man nicht!" Sie schnaubte nur. "Das ist dein Freund und wenn mein Freund mit irgendwelchen Selinas schreiben und sich für morgen Abend verabreden würde, würde ich sagen, dass man das schon macht." "Was!?" Entsetzt sah ich ebenfalls auf das Handy. Tatsächlich.

Hey Lukey, das mit morgen Abend geht klar. Ich lass' die Unterwäsche gleich im Schrank, ja? ^^

"Verdammter Mistkerl.", fauchte ich und sprang auf. Auf einmal begann das Buch auf dem Bett zu leuchten. "Leah? De...deine Augen!" Mimi sah mich entsetzt an und als ich in den Spiegel sah, erschrak ich ebenfalls. Meine Augen leuchteten in demselben Gold als es auch das Buch tat. "Was zum Teufel ist das?", fragte ich, doch im Gegensatz zu meiner Freundin war ich ganz ruhig. "Ley du machst mir Angst!", keuchte Mimi. Ich trat zum Bett und schlug die letzte Seite des Albums auf. Ein Bild. Ein Park bei Nacht, von Kerzen erleuchtet. Darunter stand >Wenn wir dich brauchen und du auch uns<

Neugierig legte ich meine Fingerspitzen auf das Papier und das Licht wurde stärker. Ich hörte einen Schrei. Mimi. Auf einmal spürte ich wie sich etwas auf mich warf und im gleichen Moment wurde das Licht so hell, dass ich die Augen schließen musste. Stille.

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